Mordfall in Freiburg Merkel warnt vor Pauschalurteilen gegen Migranten

Die Festnahme eines 17-jährigen Flüchtlings im Fall der in Freiburg getöteten Studentin löst eine Kontroverse aus. Die Bundesregierung verurteilt das Verbrechen - warnt aber vor Pauschalurteilen gegenüber Migranten.

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Blumen und Trauerschmuck in Freiburg: Ein unbegleiteter minderjähriger Flüchtling wird verdächtigt, dort eine 19 Jahre alte Studentin umgebracht zu haben. Quelle: dpa

Berlin Mit Blick auf den Mord an einer Studentin in Freiburg hat Kanzlerin Angela Merkel vor Pauschalurteilen gewarnt. „Das ist ein schrecklicher Mord, und wenn sich herausstellen sollte, dass es ein afghanischer Flüchtling war, dann ist das absolut zu verurteilen“, sagte Merkel am Montag in den ARD-Tagesthemen. Damit könne jedoch nicht die Ablehnung einer ganzen Gruppe verbunden sein, „so wie wir auch sonst nicht von einem auf eine ganze Gruppe schließen können“.

Die ARD-„Tagesschau“ als Deutschlands meistgesehene Nachrichtensendung hatte sich zuvor gegen Kritik verteidigt, anfangs auf eine Berichterstattung über den Kriminalfall verzichtet zu haben.

Der am Freitag festgenommene 17-Jährige schweigt weiter zu den Vorwürfen. Er soll Mitte Oktober die 19 Jahre alte Medizinstudentin Maria L. vergewaltigt und ermordet haben. Die Ermittler prüfen das Umfeld des jungen Afghanen, der 2015 als minderjähriger unbegleiteter Flüchtling nach Deutschland kam und bei einer Familie untergebracht war. Er sitzt seit Freitag in Untersuchungshaft.

Der Staatsanwaltschaft zufolge gibt es keine Hinweise darauf, dass er die Studentin kannte. Die junge Frau habe sich zwar in der Flüchtlingshilfe engagiert. Ob sie jedoch dadurch Kontakt mit dem Verdächtigen hatte, sei nicht sicher. Die Studenteninitiative Weitblick, die sich auch für Flüchtlinge stark macht und für die die Eltern der Getöteten in einer Traueranzeige um Spenden gebeten hatten, war für eine Stellungnahme nicht erreichbar.

Zum Vorwurf aus Teilen der Gesellschaft, Merkels Flüchtlingspolitik sei mitverantwortlich für die Tat, sagte die Kanzlerin in den ARD-„Tagesthemen“: „Ich sage erst einmal, dass dieser Mord schrecklich ist und dass meine Gedanken bei den Eltern, bei den Angehörigen sind.“ Der Fall bleibe „ein tragisches Ereignis, das aufgeklärt werden muss, und über das man ganz offen sprechen muss“. Ähnlich hatte sich zuvor Regierungssprecher Steffen Seibert geäußert.

Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) sagte der „Bild“: „So bitter es ist: Solche abscheulichen Morde gab es schon, bevor der erste Flüchtling aus Afghanistan oder Syrien zu uns gekommen ist. Wir werden nach solchen Gewaltverbrechen - egal, wer sie begeht - keine Volksverhetzung zulassen.“


Kritik von AfD und Polizeigewerkschafts-Chef

AfD-Bundeschef Jörg Meuthen meinte hingegen: „Wir sind erschüttert über diese Tat und erleben gleichzeitig, dass unsere Warnungen vor der ungesteuerten Einreise Hunderttausender junger Männer aus patriarchalisch-islamischen Kulturkreisen als populistisch abgewertet wurden.“ Der Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), Rainer Wendt meinte in der „Bild“: „Dieses und viele andere Opfer würde es nicht geben, wäre unser Land auf die Gefahren vorbereitet gewesen, die mit massenhafter Zuwanderung immer verbunden sind.“

Die in sozialen Medien heftig kritisierte Entscheidung der „Tagesschau“, in der 20-Uhr-Ausgabe vom Samstag den Mordfall nicht zu melden, schlug weiter Wellen. Die Sendung berichte nur „sehr selten über einzelne Kriminalfälle“, schrieb ARD-aktuell-Chefredakteur Kai Gniffke in einem Blogeintrag. Die Herkunft des mutmaßlichen Täters habe mit dieser Entscheidung nichts zu tun. Bei einer Veranstaltung der Uni Hamburg sagte Gniffke am Montagabend, der Fall habe nicht in das Portfolio der Nachrichtensendung gepasst.

Die ARD-Nachrichten griffen den Fall am Montagabend dann aber doch auf. Er kam in dem Merkel-Interview zur Sprache, das „Tagesthemen“-Moderator Ingo Zamperoni mit der Kanzlerin und CDU-Vorsitzenden geführt hatte. Auszüge wurden auch in der 20-Uhr-„Tagesschau“ gezeigt.

Die Studentin Maria L. war nachts mit ihrem Fahrrad auf dem Heimweg von einer Uni-Party, als sie dem Verbrechen zum Opfer fiel. Todesursache war Ertrinken. Die Polizei kündigte an, weitere mögliche Zeugen zu befragen, um den Verdacht gegen den Festgenommenen zu erhärten. Ein 18,5 Zentimeter langes blondiertes schwarzes Haar von ihm am Tatort hatte die Ermittler auf seine Spur gebracht.

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