Der Münchner Amokläufer hatte laut einem Bericht der Frankfurter Allgemeinen Zeitung eine rechtsextremistische Weltsicht. Türken und Araber habe der Deutsch-Iraner gehasst und ihnen gegenüber ein „Höherwertigkeitsgefühl“ gehegt, zitiert das Blatt Sicherheitskreise. Das Bayerische Landeskriminalamt wollte dies nicht bestätigen, das Innenministerium äußerte sich am Mittwoch zunächst nicht.
Auch die Staatsanwaltschaft München I machte keine Angaben: „Wir prüfen die Motivlage des Amokschützen in alle Richtungen und mit allen zur Verfügung stehenden Möglichkeiten“, hieß es lediglich. „Wir haben hier eine größere Datenmenge zu bewältigen und können uns daher noch keine Aussage dazu erlauben, was höchstwahrscheinlich ein Motiv gewesen sein könnte.“ Die Behörde sprach von einer Datenmenge im Terabyte-Bereich. Sie geht davon aus, dass sich die Ermittlungen noch mehrere Monate hinziehen können.
Der 18-Jährige hatte am vergangenen Freitag neun Menschen erschossen und sich selbst getötet. Die meist muslimischen Opfer haben Migrationshintergrund mit Wurzeln etwa in der Türkei oder dem Kosovo. Einen politischen Hintergrund hatten die Ermittler bislang ausgeschlossen und auf psychische Probleme des Schülers verwiesen.
Definitionen und Zusammenhänge
In Asien nannte man sie „amucos“ - Krieger, die den Feind ohne Angst vor dem Tod angreifen und vernichten. Heute beschreibt der Begriff in der Regel blindwütige Aggressionen – mit und ohne Todesopfer. Die meisten Amokläufer sind männlich und eigentlich unauffällig, in vielen Fällen ledig oder geschieden. Neben psychisch kranken Tätern gibt es auch Amokläufer, die aus banalen Gründen plötzlich ausrasten. Angst, Demütigung oder Eifersucht haben sich oft lange aufgestaut, bevor es zur Katastrophe kommt. Teils werden Taten auch im Kopf durchgespielt. „Amok“ kommt aus dem Malaiischen und bedeutet „wütend“ oder „rasend“.
Attentate sind politisch oder ideologisch motivierte Anschläge auf das Leben eines Menschen, meistens auf im öffentlichen Leben stehende Persönlichkeiten. Der Ausdruck „Attentäter“ wiederum wird auch für Menschen verwendet, die einen Anschlag auf mehrere Menschen begehen. Terroristische Attentäter zielen etwa auf Angehörige eines ihnen verhassten Systems oder einer Religion ab. Mit Anschlägen auf öffentlichen Plätzen, in Verkehrsmitteln oder auf Feste versuchen sie, in der Bevölkerung Angst und Schrecken zu verbreiten. Der Begriff „Attentat“ leitet sich vom lateinischen attentare (versuchen) im Sinne eines versuchten Verbrechens ab.
Terrorismus ist politisch motivierte, systematisch geplante Gewalt, die sich gegen den gesellschaftlichen Status quo richtet und auf politische, religiöse oder ideologische Veränderung ausgerichtet ist. Dass Terroristen töten und zerstören, ist Mittel zum Zweck. Sie wollen vor allem Verunsicherung in die Gesellschaft tragen. Terrorakte richten sich oft gegen die Zivilbevölkerung oder symbolträchtige Ziele.
Terror geht auf das lateinische Wort „terrere“ zurück, was „erschrecken“ oder „einschüchtern“ bedeutet. Terror und Terrorismus werden oft gleichbedeutend verwendet. Im Unterschied zum Terrorismus bezeichnet der Begriff „Terror“ aber eher das Machtinstrumentarium eines Staates. Der „Terror von oben“ steht für eine Schreckensherrschaft, die willkürlich und systematisch Gewalt ausübt, um Bürger und oppositionelle Gruppen einzuschüchtern. Auch in die Umgangssprache hat der Begriff Eingang gefunden - etwa für extreme Belästigung, zum Beispiel Telefonterror.
Was bislang über den 18-jährigen Deutsch-Iraner bekannt ist, lässt aber rechtes Gedankengut laut der Deutschen Presse-Agentur nicht unwahrscheinlich erscheinen. Der Schüler war von dem rechtsextremen Attentäter Anders Behring Breivik aus Norwegen fasziniert. Sein Amoklauf in München ereignete sich genau fünf Jahre nach dem Blutbad vom 22. Juli 2011, bei dem Breivik in Oslo und auf der Insel Utøya 77 Menschen umgebracht hatte. Laut dem Medienbericht war der Täter auch stolz auf sein Geburtsdatum – den 20. April, an dem auch Adolf Hitler geboren wurde.
Wie die Zeitung berichtet, stammen Aussagen über die Begeisterung des Amokläufers für Hitler Sicherheitskreisen zufolge aus dem engsten Umfeld des Täters. Auch sei der deutsch-iranische Täter stolz darauf gewesen, als Iraner und als Deutscher „Arier“ zu sein.
Der Iran gilt als Heimat der Arier, eines zentralasiatischen Volkes mit indogermanischer Sprache. Die Nationalsozialisten machten aus dem Begriff „Arier“ eine Bezeichnung für eine aus ihrer Sicht „überlegene Rasse“.
Täter war counterstrike-süchtig
Gesichert ist auch, dass der 18-Jährige nach Ego-Shooter-Spielen wie Counterstrike süchtig war, bei denen Spieler in virtuellen Welten Gegner niederschießen. Laut einem weiteren Medienbericht gab er sich dabei Namen wie „Hass“ oder „Amoklauf“ und schockierte seine Mitspieler mit fremdenfeindlichen Äußerungen vor allem gegenüber Türken.
Dazu passen Äußerungen in einem Video, das nach der Tat durchs Netz kursierte und in dem ein erregter Wortwechsel zwischen zwei Männern zu hören ist, unter anderem „Ich bin Deutscher“ und „Scheißtürken!“.