München Amokläufer soll Rechtsextremist gewesen sein

Der Amokläufer war nicht nur süchtig nach dem Spiel Counterstrike. Er verehrte auch den norwegischen Attentäter Breivik. Medien berichten, der 18-Jährige könnte selbst rechtsextreme Gedanken gehegt haben.

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Laut einem Medienbericht hatte der Münchener Amokläufer eine rechtsextreme Weltanschauung. Quelle: dpa

Der Münchner Amokläufer hatte laut einem Bericht der Frankfurter Allgemeinen Zeitung eine rechtsextremistische Weltsicht. Türken und Araber habe der Deutsch-Iraner gehasst und ihnen gegenüber ein „Höherwertigkeitsgefühl“ gehegt, zitiert das Blatt Sicherheitskreise. Das Bayerische Landeskriminalamt wollte dies nicht bestätigen, das Innenministerium äußerte sich am Mittwoch zunächst nicht.

Auch die Staatsanwaltschaft München I machte keine Angaben: „Wir prüfen die Motivlage des Amokschützen in alle Richtungen und mit allen zur Verfügung stehenden Möglichkeiten“, hieß es lediglich. „Wir haben hier eine größere Datenmenge zu bewältigen und können uns daher noch keine Aussage dazu erlauben, was höchstwahrscheinlich ein Motiv gewesen sein könnte.“ Die Behörde sprach von einer Datenmenge im Terabyte-Bereich. Sie geht davon aus, dass sich die Ermittlungen noch mehrere Monate hinziehen können.

Der 18-Jährige hatte am vergangenen Freitag neun Menschen erschossen und sich selbst getötet. Die meist muslimischen Opfer haben Migrationshintergrund mit Wurzeln etwa in der Türkei oder dem Kosovo. Einen politischen Hintergrund hatten die Ermittler bislang ausgeschlossen und auf psychische Probleme des Schülers verwiesen.

Definitionen und Zusammenhänge

Was bislang über den 18-jährigen Deutsch-Iraner bekannt ist, lässt aber rechtes Gedankengut laut der Deutschen Presse-Agentur nicht unwahrscheinlich erscheinen. Der Schüler war von dem rechtsextremen Attentäter Anders Behring Breivik aus Norwegen fasziniert. Sein Amoklauf in München ereignete sich genau fünf Jahre nach dem Blutbad vom 22. Juli 2011, bei dem Breivik in Oslo und auf der Insel Utøya 77 Menschen umgebracht hatte. Laut dem Medienbericht war der Täter auch stolz auf sein Geburtsdatum – den 20. April, an dem auch Adolf Hitler geboren wurde.

Wie die Zeitung berichtet, stammen Aussagen über die Begeisterung des Amokläufers für Hitler Sicherheitskreisen zufolge aus dem engsten Umfeld des Täters. Auch sei der deutsch-iranische Täter stolz darauf gewesen, als Iraner und als Deutscher „Arier“ zu sein.

Deutschland trauert "mit schwerem Herzen"
Kanzlerin Merkel Bundeskanzlerin Angela Merkel lobt die Hilfsbereitschaft der Münchner in der Tatnacht, in der viele ihre Wohnungen Fremden zur Verfügung stellten. "In dieser Freiheit und Mitmenschlichkeit liegt unsere größte Stärke", sagt Merkel am Samstag. Deutschland trauere "mit schwerem Herzen um die, die nie mehr zu ihren Familien zurückkehren werden." Sie fügte an die Adresse der Angehörigen hinzu: "Wir denken an Sie, wir teilen Ihren Schmerz, wir leiden mit Ihnen." Quelle: dpa
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) forderte in der „Welt am Sonntag“, dass „wir in extremen Situationen“ wie Terroranschlägen „auch in Deutschland auf die Bundeswehr zugreifen können“. Quelle: AP
De Maizière: "Explosionen von Gewalt"Für Innenminister Thomas de Maizière waren es „Explosionen von Gewalt“, die in München zum Tod von neun unschuldigen Menschen führten. Der Amokläufer war nach den Worten de Maizières für die Sicherheitsbehörden zuvor ein unbeschriebenes Blatt. „Gegen ihn waren bisher keine polizeilichen Ermittlungen bekannt.“ Deswegen habe es auch keine staatsschutzrelevanten Informationen gegeben. „Und es gibt auch keine Erkenntnisse der Nachrichtendienste über diese Person.“ Möglicherweise sei der junge Deutsch-Iraner gemobbt worden. Dennoch sprach sich de Maizière dafür aus, die Einsatzkonzepte der Polizei noch einmal unter die Lupe zu nehmen. „Das wird sicher jetzt noch einmal überprüft werden müssen“, sagte der CDU-Politiker am Samstagabend in der ARD. Und gegenüber der „Bild am Sonntag“ sagte er, dass zunächst ermittelt werden müsse, wie der Amokläufer an die Tatwaffe gelangt sei. „Dann müssen wir sehr sorgfältig prüfen, ob und gegebenenfalls wo es noch gesetzlichen Handlungsbedarf gibt.“ Quelle: dpa
Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel Quelle: dpa
Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) Quelle: dpa
Münchner OB - "Unsere Stadt steht zusammen" Der Münchner Oberbürgermeister Dieter Reiter äußert sich über die Tat entsetzt. Alle städtischen Feste und Feiern seien für dieses Wochenende abgesagt. "Es sind schwere Stunden für München." Er sei von der großen Hilfsbereitschaft und Solidarität beeindruckt. "Unsere Stadt steht zusammen." Quelle: dpa
Unionsfraktionschef Volker Kauder warnt vor einer Ausbreitung von Hass und Gewalt. Noch sei nicht bekannt, was den Attentäter zu den Morden getrieben habe. "Unabhängig davon, was seine Motive waren und wie sich seine persönliche Disposition darstellt, müssen wir aber noch mehr darauf achten, dass sich Hass und Gewalt in unserer Gesellschaft generell nicht weiter ausbreiten." Quelle: dpa

Der Iran gilt als Heimat der Arier, eines zentralasiatischen Volkes mit indogermanischer Sprache. Die Nationalsozialisten machten aus dem Begriff „Arier“ eine Bezeichnung für eine aus ihrer Sicht „überlegene Rasse“.

Täter war counterstrike-süchtig

Gesichert ist auch, dass der 18-Jährige nach Ego-Shooter-Spielen wie Counterstrike süchtig war, bei denen Spieler in virtuellen Welten Gegner niederschießen. Laut einem weiteren Medienbericht gab er sich dabei Namen wie „Hass“ oder „Amoklauf“ und schockierte seine Mitspieler mit fremdenfeindlichen Äußerungen vor allem gegenüber Türken.

Dazu passen Äußerungen in einem Video, das nach der Tat durchs Netz kursierte und in dem ein erregter Wortwechsel zwischen zwei Männern zu hören ist, unter anderem „Ich bin Deutscher“ und „Scheißtürken!“.

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