Musterfeststellungklage Verbraucherschützer loben Länder-Vorstoß zu Musterklagen

Das Kanzleramt blockiert neue Klagerechte für Fälle mit vielen betroffenen Verbrauchern. Das ärgert nicht nur den zuständigen Justizminister. Auch in den Ländern regt sich Unmut – zur Freude von Verbraucherschützern.

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„Wir brauchen dringend eine Musterfeststellungsklage.“ Quelle: dpa

Berlin Die Forderung der Länderjustizminister nach einem Ende der Unions-Blockade gegen den Gesetzentwurf für eine Musterfeststellungsklage von Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) ist von Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) begrüßt worden. „Mit ihrer Positionierung haben die Länder den Weg für den Gesetzgeber freigemacht, zügig eine Einführung der Musterfeststellungsklage zu diskutieren und vorzubereiten“, sagte VZBV-Chef Klaus Müller dem Handelsblatt.

Hintergrund ist ein an diesem Donnerstag veröffentlichter Beschluss der Justizminister der Länder bei ihrer Frühjahrskonferenz im pfälzischen Deidesheim. Darin wird der Gesetzentwurf von Maas ausdrücklich begrüßt und zugleich die Notwendigkeit betont, einen Konsens in der Frage herbeizuführen, der den Interessen möglichst aller Beteiligten gerecht werde. „Um die Diskussion voranzubringen, bitten die Länder die Bundesregierung, den Gesetzentwurf unverzüglich vorzulegen und sie bei der weiteren Diskussion intensiv zu beteiligen.“ SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz hatte zuvor kritisiert, dass der Maas-Entwurf „seit Monaten vom Bundeskanzleramt blockiert“ werde.

VZBV-Chef Müller sagte dazu: „Wir brauchen dringend eine Musterfeststellungsklage.“ So könne für möglichst viele Verbraucher Rechtssicherheit geschaffen werden, ohne dass Ansprüche zu verjähren drohten. „Es darf nicht sein“, so Müller, „dass nur die Verbraucher Recht bekommen, die genug Geld, Wissen und Ausdauer haben, um es selbst vor Gericht zu erstreiten.“ Ein Urteil in einem solchen Verfahren würde mindestens für alle Beteiligten gelten und ihnen so erlauben, den erlittenen Schaden in voller Höhe ersetzt zu bekommen, fügte der VZBV-Chef hinzu. Das neue Klageinstrument werde aber wohl leider für die Betroffenen des VW-Dieselskandals zu spät kommen, da die Legislaturperiode bald zu Ende gehe.

Auch Maas hatte den Beschluss der Justizministerkonferenz begrüßt. „Unser Gesetzentwurf liegt auf dem Tisch. Wenn die Union ihre Blockade aufgibt, könnten wir ihn jederzeit beschließen“, sagte er. „Ansonsten wird das sicher auch Thema im Wahlkampf werden.“

In diese Richtung hatte sich auch SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz am Montag beim Verbrauchertag in Berlin geäußert. Er versprach, dass die SPD im Falle eines Wahlsiegs rasch Verbraucherklagen gegen Konzerne erleichtern wolle. „Die Musterfeststellungsklage wird mit uns schnell kommen“, sagte Schulz. Das Gesetz für eine Musterfeststellungsklage würde den Weg etwa für vergleichsweise unaufwendige Schadensersatzansprüche gegen Volkswagen in der Dieselabgas-Affäre ermöglichen. Eine Diskussion und Verabschiedung des Gesetzentwurfs für eine Musterfeststellungsklage werde aber „seit Monaten vom Bundeskanzleramt blockiert“.

Bei der Musterfeststellungsklage handelt es sich um eine Art Verbandsklagerecht. Dabei verklagt ein Verband ein Unternehmen, wenn bei vielen Verbrauchern ähnlich gelagerte Schäden vorliegen. Das Urteil aus diesem Prozess kann dann als Basis für gerichtliche Einzelfall-Entscheidungen oder für Vergleiche dienen. Gegenwärtig scheuen häufig viele Geschädigte einen Schadenersatzprozess gegen ein Unternehmen, weil sie Risiken und Kosten fürchten. 

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