Jahrzehntelang existierte kein Foto von ihm, dafür zahlreiche Alias-Namen. Ex-Agent Werner Mauss galt als deutscher James Bond, der in heiklen Missionen für die Bundesregierung unterwegs war. Doch von Montag an schreibt das Landgericht Bochum ein neues Kapital im längst verfilmten Leben des 76-Jährigen. Mauss, der mit Terroristen, Juntas, Drogenkartellen und Rebellen zu tun hatte, hat einen neuen Gegner: die deutsche Steuerfahndung.
Die Justiz bestätigte am Freitag ein Verfahren gegen „Werner M.“. Es gehe um den Verdacht der Steuerhinterziehung in Höhe von insgesamt 15,24 Millionen Euro, Aktenzeichen II-2 KLs 8/16. Sollte dies im Strafprozess bewiesen werden, dürfte der Privatdetektiv kaum noch auf eine Bewährungsstrafe hoffen, auf solche Fälle steht in der Regel Gefängnis.
Gerüchte ranken sich schon lange um die Finanzierung seines riesigen Anwesens im Hunsrück. Doch glaubt man Mauss' Schilderungen, hat er sich sein Vermögen in jahrzehntelanger, meist lebensgefährlicher Arbeit unter Verzicht auf einen Ruhestand redlich verdient. Im April berichtete er der Deutschen Presse-Agentur, noch vor wenigen Tagen habe er in Südamerika vier Tage auf einem Maulesel verbracht, um die Freilassung von Geiseln zu bewirken.
Mauss' Anwälte bestreiten den Vorwurf in ihrer Stellungnahme an die dpa. Ihr Mandant habe seine Einnahmen stets ordnungsgemäß versteuert. Das Vermögen, das Gegenstand des Verfahrens sei, werde von ihm nur treuhänderisch für internationale Organisationen verwaltet und sei ihm wirtschaftlich nicht zuzurechnen. Die strikte Geheimhaltung, zu der er sich verpflichtet habe, erschwere allerdings nun seine Verteidigung.
Mauss' Name tauchte auch im Zusammenhang mit den „Panama Papers“ auf. Dabei hatte er eingeräumt, Briefkastenfirmen in Panama unterhalten zu haben. Den Vorwurf der Steuerhinterziehung wies er schon damals zurück: Die Briefkastenfirmen hätten „außergewöhnlichen humanitären Aktionen“ gedient. „Damit haben wir etwa Geisel-Befreiungen diskret abgewickelt. Danach sind diese Firmen in den Reißwolf gekommen.“
Vor dem Landgericht Bochum geht es aber allenfalls in einem Nebenaspekt um die Briefkastenfirmen. Einer der Alias-Namen des Ex-Agenten stand nach Informationen des „Handelsblatts“ und der „Süddeutschen Zeitung“ auf einer Daten-CD, die das Land Nordrhein-Westfalen im Jahr 2012 für 3,5 Millionen Euro von einem Whistleblower der Schweizer Großbank UBS angekauft hatte. Mauss soll ein nicht beim Finanzamt deklariertes Konto bei der Luxemburger Tochter der UBS geführt haben.
In zunächst neun Verhandlungstagen will das Landgericht Bochum klären, ob es tatsächlich einen Treuhandfonds für „humanitäre Zwecke“ gibt, oder lediglich ein üppig gefülltes Schwarzgeldkonto des einstigen Topagenten.
Über viele Jahre war Mauss von der Bundesregierung mit geheimen Missionen beauftragt worden. Um die Jahrtausendwende war Schluss damit. Seitdem habe er sich vornehmlich auf Geiselbefreiungen spezialisiert, berichtete er. Auf diese Weise habe er bereits 43 Menschen das Leben gerettet.
Er sei an der Festnahme von rund 2000 Kriminellen beteiligt gewesen, schreibt Mauss auf seiner Webseite. Sitzt der selbst ernannte „Pionier gegen das Verbrechen“ bald selbst hinter Gittern? In Kolumbien saß er dort schon einmal, wurde später aber voll rehabilitiert.