Nach AfD-Rauswurf CDU-Spitzenfrau Klöckner boykottiert SWR-Talkrunde

„Schande für den Journalismus“: Auf Druck der Regierungsparteien in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz verzichtet der SWR darauf, die AfD in Talkshows einzuladen. CDU-Spitzenfrau Klöckner zieht eigene Konsequenzen.

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Die Parteivorsitzende der CDU Rheinland-Pfalz bleibt der Diskussionsrunde im SWR fern. Quelle: dpa

Die „Zeit“ sprach von einer „Schande für den Journalismus“ und Focus-Chef Uli Reitz nannte den ganzen Vorgang „armselig“. Jetzt folgt die nächste Eskalationsstufe: Nach dem der SWR auf Druck der Regierungsparteien in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz darauf verzichtet hatte, die AfD in die jeweiligen Elefantenrunden einzuladen, kündigte nun CDU-Spitzenfrau Julia Klöckner ihr Fernbleiben an.

Die CDU-Landeschefin hat ihre Teilnahme an der SWR-Fernsehdebatte der Spitzenkandidaten vor der rheinland-pfälzischen Landtagswahl abgesagt. Das teilte ihre Partei – laut dpa – am Donnerstag mit. „Mit unserer Teilnahme würden wir die skandalöse Einflussnahme der SPD und die so erzwungene, falsche Reaktion des SWR nur noch belohnen“, erklärte die CDU am Donnerstag in Mainz.

Die Entscheidung, auf einen Vertreter der Alternative für Deutschland (AfD) zu verzichten, begründete der SWR-Intendant Peter Boudgoust vor Tagen damit, dass SPD wie Grüne gedroht hatten, der Sendung fern zu bleiben. Man habe dies mit „zusammengebissenen Zähnen“ zur Kenntnis genommen, aber angesichts der für falsch gehaltenen Weigerung keine Alternative gehabt, als dem Wunsch von SPD und Grünen nachzukommen, hieß es aus dem SWR. Die CDU, in beiden Ländern Oppositonspartei, hatte eine Auseinandersetzung mit der AfD nicht gescheut.

Bereits am gestrigen Mittwoch hatte der Parteifreund von Klöckner und ZDF-Fernsehratschef, Ruprecht Polenz, die Entscheidung von Boudgoust scharf kritisiert. Es sei ein „doppeltes Desaster: Die AfD bekommt die Märtyrerrolle gratis. Wer von ‚Staatsfunk‘ redet, sieht sich bestätigt“.

Gegenüber der Agentur afp erinnerte der CDU-Politiker daran, dass der SWR im Jahr 2011 entschieden hätte, auch die Linke und die Grünen zu den abschließenden Kandidaten-Runden einzuladen. Damals waren beide Parteien außerparlamentarische Opposition.

Damals hätte sich der Sender von der bisherigen Praxis von ARD und ZDF verabschiedet. „Jetzt muss er dabei bleiben und alle Spitzenkandidaten einladen, deren Parteien eine realistische Chance auf einen Einzug in den Landtag haben“, betonte Polenz. „Und die Vertreter der demokratischen Parteien sollten in Argument und politischem Stil zeigen, was sie von der AfD unterscheidet.“

Im Grunde ist jetzt wieder der SWR am Zug. Der Sender muss das eigene Vorgehen ganz grundsätzlich noch einmal Überdenken.

Derweil nimmt auch die Kritik an der Landeschefin Malu Dreyer zu. Der Focus-Chef Uli Reitz schrieb in seinem E-Mail-Briefing: „Dreyers Absage ist eine reine Machtattitüde. Sie konterkariert den Gedanken der Landesmutter. Das Verhalten von Malu Dreyer wirkt wie Zensur. Und es ist Wasser auf die Mühlen derer, die sowieso glauben, dass die AfD totgeschwiegen werden soll.“

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