Nach Bayernwahl CDU-Politiker fordern ein Ende des „Hickhacks“

Ministerpräsident Markus Söder (l.), der Parteivorsitzende und Bundesinnenminister Horst Seehofer (r.) stehen nebeneinander. Quelle: dpa

Während in einigen CSU-Kreisen die Ablösung Seehofers gefordert wird, will die SPD-Linke eine rasche Diskussion über Folgen aus dem Wahldebakel. Oppermann bezeichnet den CSU-Chef als Krawallmacher.

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Im Gegensatz zu den Parteispitzen fordern Politiker der großen Koalition rasche personelle und inhaltliche Konsequenzen aus dem Wahldebakel in Bayern. „Für mich ist Horst Seehofer als Krawallmacher im Innenministerium eine absolute Fehlbesetzung“, sagte Bundestags-Vizepräsident Thomas Oppermann (SPD) der „Augsburger Allgemeinen“. Der CSU-Chef sei für das miserable Erscheinungsbild der großen Koalition verantwortlich. In der CSU selbst wurden ebenfalls Forderungen laut, Seehofer müsse abgelöst werden. Die Parteiführung hatte sich dafür ausgesprochen, die Beratung über die Wahlschlappe auf den Herbst zu vertagen. Auch in der SPD gibt es Widerstand gegen den Plan, erst nach der Landtagswahl in Hessen in zwei Wochen die heftige Niederlage in Bayern aufzuarbeiten.

Seehofer habe in der Flüchtlingsfrage extrem polarisiert und damit alle anderen Themen verdrängt, sagte Oppermann. Der Richtungsstreit innerhalb der Union werde als Schwäche der Regierung insgesamt wahrgenommen und schade auch der SPD. In Bayern sprach sich der CSU-Kreisverband Kronach dafür aus, Seehofer von der Spitze der Partei abzulösen. „Nach dieser Regierungsbildung wollen wir einen Parteitag mit dem Ziel (...) Horst Seehofer abzulösen“, zitierte die „Süddeutsche Zeitung“ den Kreisvorsitzenden und Landtagsabgeordneten Jürgen Baumgärtner.

Seehofer erklärte im ZDF, erst nach einer Regierungsbildung in Bayern über personelle Konsequenzen diskutieren zu wollen. „Jeder ist ersetzlich. Ich schon allemal“, sagte der CSU-Chef. Im November oder Anfang Dezember soll Seehofer zufolge ein noch zu benennendes Gremium das Landtagswahlergebnis vertieft analysieren.
Die CSU fuhr bei der Landtagswahl am Sonntag ihr schwächstes Ergebnis seit 1950 ein, die SPD fiel unter zehn Prozent.

Bayern steht wirtschaftlich blendend da, dennoch strafen die Wähler die CSU ab. Der Politologe Wolfgang Merkel über Wohlstand und Wahlentscheidungen bei wachsendem Parteiensortiment.
von Ferdinand Knauß

SPD: Markenkern soziale Gerechtigkeit

Auch der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag, Carsten Linnemann, verlangte ein Ende „des Hickhacks in Berlin“. „Wenn wir in der Großen Koalition jetzt nicht endlich die Kurve bekommen, war's das mit den Volksparteien“, sagte der CDU-Politiker der „Neuen Osnabrücker Zeitung“.
In der SPD trat die Parteilinke Hilde Mattheis für rasche Konsequenzen aus der Bayern-Wahl ein. „Wer sich erst nach der Hessenwahl Gedanken macht über unsere Partei, ist vielleicht auch ein bisschen kurzsichtig unterwegs“, sagte sie im Bayerischen Rundfunk. Die SPD müsse erreichen, dass sie wieder mehr über ihren Markenkern soziale Gerechtigkeit wahrgenommen werde. In der ARD warnte der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Karl Lauterbach, vor voreiligen Rückschlüssen über den Verbleib in der großen Koalition. „Das wäre völlig falsch, wenn wir jetzt kurz vor einer so wichtigen Wahl eine solche Debatte führen.“ SPD-Chefin Andrea Nahles hatte am Montag erklärt, die Frage, ob die große Koalition funktioniere, entscheide sich nicht alleine am Ergebnis einer Landtagswahl. Dies werde vielmehr in den nächsten Monaten entschieden.

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