Nach dem AfD-Parteitag "Marktversagen muss der Staat korrigieren"

AfD-Mitgründer Konrad Adam warnt vor den angehenden Berufspolitikern in den eigenen Reihen. Er fordert von seiner Partei eine Querfront-Strategie: Nicht rechts gegen links, sondern unten gegen oben, müsse die Devise lauten.

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Konrad Adam, Mitgründer der Alternative für Deutschland.

WirtschaftsWoche: Sie gehören zu den Gründern der AfD, waren in der frühen Phase einer von drei Sprechern. Denken Sie im Hinblick auf die Entwicklung der Partei manchmal nicht wie Goethes Zauberlehrling: „Die ich rief, die Geister, werd‘ ich nun nicht los“?

Konrad Adam: Ich werde oft gefragt, wieso ich in der AfD bleibe, der Zug fahre doch in die falsche Richtung. Das stimmt so nicht. Es sind da ziemlich viele Züge unterwegs. Solange einer dabei ist, der das von mir angepeilte Ziel erreichen könnte, bleibe ich dabei. Bedenklich stimmt mich die Neigung, es allzu schnell genauso zu machen wie die mit Recht so genannten Altparteien. Es gibt zu viele, die den Berufspolitiker schon jetzt ganz fest ins Auge gefasst haben. Ihnen gegenüber sollten wir den Anspruch, es nicht nur anders, sondern besser zu machen als die Etablierten, offensiv verteidigen.

Sie haben kein Parteiamt mehr. In welcher Weise sind Sie denn noch aktiv?

Ich halte Vorträge in Wahlkampfzeiten, jüngst etwa in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg, demnächst in Mecklenburg-Vorpommern und Berlin, vielleicht auch anderswo. Wahlkampf macht Spaß!

Zur Person

Vor einigen Monaten haben Sie den thüringischen AfD-Fraktionschef Björn Höcke kritisiert. Sind er und die radikaleren Kräfte in der AfD durch den Parteitag und das jetzt beschlossene Grundsatzprogramm gestärkt worden?

Das glaube ich nicht. Die gängigen Begriffe rechts und links haben sich verlaufen, sind austauschbar geworden. Entscheidend ist, ob die soziale Komponente, die Verpflichtung auf das Gemeinwohl, Bestandteil des Programms bleibt. Statt des längst unbrauchbar gewordenen Rechts-Links-Schemas scheint mir der wachsende Gegensatz von oben und unten das eigentliche Problem der Zukunft zu sein. Das Auseinanderklaffen der Vermögensverhältnisse hat Ausmaße angenommen, die den Zusammenhalt der Gesellschaft gefährden; ähnliches gilt für den engeren Bereich der Politik: Der Abstand zwischen dem Volk und seinen Vertretern, zwischen Regierenden und Regierten dürfte noch nie so groß gewesen sein wie heute, er gefährdet die Substanz der Demokratie. Die AfD ist eine der wenigen politischen Kräfte, die das Problem wenigstens erkannt haben und nach einer Antwort suchen.

„Wirre Rechtsaußen-Partei“
SPD-Vize Ralf Stegner bezeichnete die AfD als „zerstrittene und wirre Rechtsaußen-Partei“. „Ihr Prinzip ist es, Sündenböcke zu benennen, aber keine Lösungen anzubieten.“ Quelle: dpa
CDU-Vize Armin Laschet hat der rechtspopulistischen AfD vorgeworfen, religionsfeindlich zu sein. In der ARD nannte er die Beschlüsse der Partei „erschreckend“ und sagte: „Das, was die AfD jetzt beschlossen hat, ist ein Angriff auf fast alle Religionen.“ Quelle: dpa
Laut AfD gehört der Islam nicht zu Deutschland. Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt  kritisierte diese Haltung scharf: „Die AfD hat sich ein tief reaktionäres Programm gegeben und betreibt mit Rassismus und Islamfeindlichkeit eine Spaltung unserer pluralistischen und demokratischen Gesellschaft“. „Zu sagen, Menschen islamischen Glaubens leben bei uns, aber der Islam gehöre nicht zu Deutschland, ist irrsinnig.“ Quelle: dpa
Thorsten Schäfer-Gümbel, Fraktionsvorsitzender und Landesvorsitzender der hessischen SPD, schaltet sich via Twitter ein. Dort schreibt er: „Dieser Parteitag erinnert mich eher an „Verschwörungstheoretiker aller Länder vereinigt euch“. Absurd, was da zu Klima fabuliert wird.“ Die AfD bestreitet unter anderem den von Menschen verursachten Klimawandel. Quelle: dpa
Nach Ansicht des Zentralrates der Muslime sei das gesamte Parteiprogramm der rechtspopulistischen Partei durchzogen von „Demagogie und Populismus“. Im Interview mit der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ sagte Zentralratsvorsitzender Aiman Mazyek: „Ein solch islamfeindliches Programm hilft kein Deut, Probleme zu lösen, sondern spaltet nur unser Land.“ Ein Minarett-Verbot löse weder soziale Ungerechtigkeiten noch Rentenprobleme, so Mazyek. Quelle: dpa
In der „Thüringischen Landeszeitung“ kritisiert Elmar Otto insbesondere die Beschlüsse zur Direktwahl des Bundespräsidenten: „Wer die Vergangenheit liebt, ist bei der AfD bestens aufgehoben. Die Partei, die bei vielen Menschen weiter auf Zustimmung trifft, hat auf ihrem Parteitag in Stuttgart unter Beweis gestellt, dass sie keine Antworten auf Fragen der Gegenwart hat. Mit der Forderung, den Bundespräsidenten direkt wählen zu lassen, offenbart sie eine bemerkenswerte Ignoranz gegenüber dem Grundgesetz.“ Quelle: dpa
Die Vorsitzende der CSU-Landesgruppe im Deutschen Bundestag, Gerda Hasselfeldt, sagte der „Welt“: „Frau Petrys Träume von einer Regierungsbeteiligung scheitern schon daran, dass keine andere demokratische Partei mit ihr zusammenarbeiten will.“ Quelle: dpa

Sie warnten auch schon vor einer Spaltung der AfD.

Es gibt nach wie vor große, historisch begründete Unterschiede zwischen den AfD-Landesverbänden im Westen und Osten des Landes. Daraus folgt, dass wir aufeinander Rücksicht  nehmen und Verständnis für die unterschiedlichen Geschichtsbilder haben sollten. Aber auch nie vergessen dürfen, dass Bundestagswahlen im Westen entschieden werden, nicht im Osten.

Nicht nur mit Höcke, auch mit dem brandenburgischen Fraktionsvorsitzenden Alexander Gauland sind Sie öffentlich aneinandergeraten.

Parteien suchen nach Mehrheiten, das ist ihre Aufgabe. Unersättlich hat Johannes Rau seine Partei, die SPD, einmal genannt, wenn es um Wählerstimmen gehe. Ich bin da nicht ganz so gierig wie Rau; es gibt Leute, von denen ich lieber nicht gewählt werden möchte.

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