Nach dem Anschlag in Würzburg Die Suche nach Anti-Terror-Rezepten

Ein bessere Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden, mehr Personal und Präventionsprogramme: Zwei Tage nach dem Attentat debattieren Politiker über die richtige Antwort – und erforderliche Maßnahmen.

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Nach dem Attentat in Würzburg wird gefordert, die Sicherheitsbehörden zu stärken – mit zusätzlichem Personal. Quelle: dpa

Berlin/Würzburg/Düsseldorf Mehr Kooperation der Sicherheitsbehörden und ein stärkerer Kampf gegen islamistische Propaganda im Internet: Zwei Tage nach dem Attentat in Würzburg wird debattiert, wie derartige Bluttaten in der Zukunft verhindert werden können. „Wir brauchen dringend eine noch engere Zusammenarbeit der Polizei und der Sicherheitsdienste in Europa und einen besseren Informationsaustausch“, sagte Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD). Die CSU forderte nach dem Attentat erneut, den Zuzug von Flüchtlingen zu begrenzen.

Ein 17-jähriger Flüchtling hatte am Montagabend in einem Regionalzug wahllos Passagiere mit einer Axt und einem Messer angegriffen und vier Mitglieder einer chinesischen Familie schwer verletzt. Zwei der Opfer schweben noch in Lebensgefahr, wie das Polizeipräsidium Unterfranken am Mittwochmorgen mitteilte. Erkenntnissen der Ermittler zufolge hatte die Tat einen islamistischen Hintergrund. Die Extremistenmiliz Islamischer Staat (IS) reklamierte die Tat für sich.

Das Personal bei den Sicherheitsbehörden müsse „um mindestens 3000 Stellen“ aufgestockt werden, sagte der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Burkhard Lischka, der in Düsseldorf erscheinenden „Rheinischen Post“. Derartige Anschläge wie in Würzburg würden in den nächsten Jahren „unser ständiger Begleiter“ sein, sagte er. Daher seien neben einer personellen Stärkung der Sicherheitsbehörden auch verstärkte Anstrengungen für Präventions- und Deradikalisierungsprogramme und ein Präventionsgesetz erforderlich.

Kanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU)  kündigte einen stärkeren Kampf gegen islamistische Propaganda im Internet an. Man müsse verhindern, „dass junge Menschen in besonderen Notsituationen ihre Zuflucht suchen bei Hetzern und Terroristen“, sagte er. Dazu sei er bereits im Gespräch mit dem Präsidenten des Bundeskriminalamtes, Holger Münch.

Grünen-Chef Cem Özdemir forderte, auch die ideologische Auseinandersetzung mit dem radikalen Islam zu suchen. „Es ist besonders perfide, dass der IS ganz bewusst versucht, Verunsicherung in die deutsche Gesellschaft zu tragen - mit dem Ziel, Nachwuchs zu rekrutieren“, sagte er der in Halle erscheinenden „Mitteldeutschen Zeitung“ (Online-Ausgabe).


CSU fordert erneut Begrenzung des Flüchtlings-Zuzugs

Die CSU forderte einmal mehr, die deutsche Flüchtlingspolitik zu ändern. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sagte: „Entscheidend bleibt, wir müssen wieder eine stärkere Kontrolle überhaupt über alles behalten, was in unser Land kommt.“ Der Zuzug müsse begrenzt werden, um in der Lage zu sein, „uns mit denen, die da sind, denen, die auch wirklich fluchtberechtigt sind, dann auch intensiv zu befassen und alles dafür zu tun, dass die nicht derartig aus dem Ruder laufen“, sagte Herrmann am Dienstagabend in der ARD.

Altmaier  betonte hingegen im ZDF: „Die meisten Terroristen, die in den letzten Monaten in Europa Anschläge begangen haben, waren keine Flüchtlinge, sondern Menschen, die hier geboren und aufgewachsen sind.“ Alle Erkenntnisse aus den vergangenen zwölf Monaten deuteten darauf hin, dass die Gefahr des Terrorismus bei Flüchtlingen „nicht größer und nicht kleiner ist als in der übrigen Bevölkerung“.

Seit langem gelten radikale Prediger in Moscheen in Deutschland als Problem. Die Kommunen fordern nach der Terrorattacke in Würzburg die flächendeckende Einführung von Islamunterricht an Schulen gefordert. „Es ist angemessen, Islamunterricht auch an staatlichen oder staatlich kontrollierten Schulen anzubieten“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebunds, Gerd Landsberg der „Rheinischen Post“ (Mittwoch). Dadurch gewinne der Staat mehr Kontrolle über die Erziehung muslimischer Jugendlicher.

Bereits Ende Mai hatten führende Kirchenvertreter sich dafür eingesetzt, Islamunterricht an Schulen verpflichtend zu machen. Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, hatte erklärt, das sei die beste Möglichkeit, junge Muslime immun zu machen gegen Versuchungen des Fundamentalismus. Er sei dafür, dass islamische Verbände wie christliche Kirchen den Religionsunterricht an den Schulen selbst verantworten.

Laut Kultusministerkonferenz (KMK) bieten zurzeit Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz islamischen Religionsunterricht an. Im Saarland wird ein solcher Unterricht derzeit in den ersten Klassen erprobt.

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