Nach dem Petry Video Warum die AfD in der Wählergunst verliert

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Ein-Themen-Partei

2. Das Ein-Themen-Problem:

Es ist erst zwei Jahre her, dass sich die AfD in einer ähnlichen Situation wie heute befand. Schon damals zettelten Björn Höcke und André Poggenburg eine Rebellion an, mobbten den wirtschaftsliberalen Parteigründer Bernd Lucke aus der Partei – und spalteten so die AfD. Es folgte der Absturz in den Umfragen, zeitweise lag die Partei bei 3,5 Prozent. Dann kam die Flüchtlingskrise und mit ihr der zweite Aufstieg der AfD. Innerhalb eines Monats verdoppelten sich die Zustimmungswerte für die Partei, bald versammelten sich in Umfragen bis zu 15 Prozent der Wähler hinter ihr.

Seitdem nehmen viele Menschen die AfD als Ein-Themen-Partei wahr. Zwar fordert die Partei in ihrem Wahlprogramm den Erhalt alter Kulturpflanzen, den Abbau der „Gender-Ideologie“ oder die Wiedereinführung der Wehrpflicht – aber in Umfragen geben die meisten Wähler die Flüchtlingspolitik der Partei als Hauptgrund für das Kreuz bei der AfD an.

Bis vor ein paar Monaten hat dieser Markenkern der AfD genützt. Solange jeden Tag über Flüchtlinge, Unterbringungskosten und das Türkei-Abkommen diskutiert wurde, musste die AfD kaum etwas für die Wählergunst tun. Doch seitdem das Thema aus den Zeitungen verschwindet, sinken auch die Umfragewerte der AfD.

„Die Flüchtlingsthematik ist in Deutschland derzeit nicht mehr so relevant“, sagt AfD-Experte Müller. „Und deswegen verliert auch die AfD an Bedeutung.“

3. Der Schulz-Effekt:

Nach der Landtagswahl im Saarland Ende März fand der AfD-Chef in Nordrhein-Westfalen, Marcus Pretzell, nüchterne Worte für das Ergebnis. „Das Wichtigste ist, drin zu sein“, sagte er. Genau 6,2 Prozent hatte die Saar-AfD geholt: Mehr als die Fünf-Prozent-Hürde, aber viel weniger als noch im Januar erhofft. Noch schlimmer hatte es die Grünen getroffen. Sie flogen mit vier Prozent aus dem Parlament.

Obwohl AfD und Grüne so gut wie nichts miteinander verbindet, gab es für die Verluste der beiden Parteien einen gemeinsamen Grund: Martin Schulz. Seitdem er für die Sozialdemokraten Wahlkampf macht, schrumpfen die kleinen Parteien zusammen.

Für die AfD ist das eine schwierige Situation. Zum einen fällt es der Partei schwerer das Bild eines Parteienkartells zu zeichnen. Zum anderen mobilisiert Schulz viele Nichtwähler –dadurch verliert die AfD relativ an Stimmen.

Eine direkte Wählerwanderung von der AfD zur SPD kann AfD-Experte Müller allerdings nicht beobachten. „Mit Schulz gibt es jetzt aber erstmals eine echte Alternative zu Merkel“, sagt er. „Für die AfD wird es in den kommenden Wahlkämpfen schwer.“

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