Nach der Bundestagswahl Auch FDP will Dreiergespräch mit SPD und Grünen – vielleicht schon Donnerstag?

Die Grünen schlagen FDP Sondierungen für Ampel-Koalition mit SPD vor. Quelle: dpa

Zehn Tage nach der Bundestagswahl treffen Grüne und FDP erste wichtige Richtungsentscheidungen. Schon am Donnerstag sind Gespräche mit der SPD geplant.

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Auch die FDP will nun zunächst mit SPD und Grünen über ein mögliches Regierungsbündnis sprechen. „Wir haben den Vorschlag eines Gesprächs mit der SPD angenommen“, sagte Parteichef Christian Lindner am Mittwoch in Berlin nach internen Beratungen. Zuvor hatten die Grünen ein Dreiergespräch mit SPD und FDP vorgeschlagen. Gespräche zur Bildung einer sogenannten Jamaika-Koalition mit Union und Grünen blieben aber weiterhin eine Option, machte Lindner deutlich.

Der FDP-Chef sagte, er habe SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz vorgeschlagen, dass es bereits am Donnerstag ein Gespräch zu dritt gebe, dies werde auch passieren. Es gebe keine Parallelgespräche mit Union und Grünen über die Bildung eines Bündnisses.

Die FDP trete nur in eine Regierung der Mitte ein, die den „Wert der Freiheit“ stärke und einen echten Impuls für die Erneuerung des Landes leiste, sagte Lindner. Es komme auf liberale Inhalte an. Lindner betonte, mit der Union gebe es die größten inhaltlichen Überschneidungen. Ein Jamaika-Bündnis bleibe für die FDP eine tragfähige Option.

Zuvor hatten die Grünen vorgeschlagen, möglichst bald in Dreier-Sondierungsgespräche mit SPD und FDP einzusteigen. Sie seien „zu dem Schluss gekommen, dass es sinnvoll ist, weiter jetzt vertieft – gerade auch mit Blick auf die Gemeinsamkeiten, die wir in diesen bilateralen Gesprächen feststellen konnten – jetzt mit FDP und SPD weiter zu sprechen. Und das schlagen wir der FDP vor“, sagte die Parteivorsitzende Annalena Baerbock in Berlin.

Deutschland stehe vor großen Herausforderungen, die rasch angepackt werden müssten, deshalb seien die Grünen der Überzeugung, „dass sich dieses Land keine lange Hängepartie leisten kann“, sagte Baerbock. Nach der Bundestagswahl hatten die Grünen und die FDP erst miteinander und anschließend getrennt jeweils mit der SPD sowie mit CDU und CSU mögliche Kompromisslinien ausgelotet.

Die SPD von Scholz war aus der Wahl als stärkste Kraft hervorgegangen. Die Sozialdemokraten streben eine sogenannte Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP an.

Mit Blick auf ein solches mögliches Bündnis sagte der Grünen-Co-Vorsitzende Robert Habeck, die Einzelrunden der vergangenen Tage hätten gezeigt, „dass dort die größten inhaltlichen Schnittmengen denkbar sind“. Dies gelte vor allem für den Bereich der Gesellschaftspolitik. Doch auch der Ausgang möglicher Sondierungsgespräche mit SPD und FDP sei noch offen. Den Grünen sei klar, „dass der Keks noch lange nicht gegessen ist“. Es gebe da noch Lücken und erhebliche Differenzen. Zudem stelle der Vorschlag für Ampel-Sondierungen keine Komplett-Absage an ein Jamaika-Bündnis dar.

„Ampel-Zug hat den Bahnhof verlassen“

Trotz der Entscheidung von Grünen und FDP für Sondierungen einer Ampel-Koalition mit der SPD wollen CDU und CSU zu weiteren Gesprächen für eine Jamaika-Koalition bereitstehen. CDU-Chef Armin Laschet erklärt, die Union respektiere, dass es nun erst einmal Gespräche zwischen FDP, Grünen und der SPD gebe. „Wir haben signalisiert, wir stehen auch zu weiteren Gesprächen bereit“, sagt Laschet in einer kurzen Erklärung vor TV-Kameras. CSU-Chef Markus Söder hat die Entscheidung von Grünen und FDP hingegen als „de-facto-Absage an Jamaika“ gewertet. Söder sprach von einer „klaren Vorentscheidung“. „FDP und Grüne haben sich entschieden für diesen Weg der Ampel. Den müssen sie jetzt auch konsequent gehen“, sagte Söder am Mittwoch in München. Die CSU respektiere die Entscheidung. Es müsse jetzt die Realität anerkannt werden. Man müsse sich damit vertraut machen, dass es sehr wahrscheinlich eine Regierung ohne die Union geben werde.

„Soeben hat der Ampel-Zug den Bahnhof verlassen“: Mit diesen Worten hat Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) die Entscheidung von Grünen und FDP kommentiert, zunächst mit der SPD über ein mögliches Regierungsbündnis zu sprechen. Altmaier schrieb am Mittwoch auf Twitter, zum ersten Mal seit 41 Jahren unter dem damaligen Kanzler Helmut Schmidt (SPD) und dem damaligen FDP-Chef Hans-Dietrich Genscher würden FDP und SPD (und Grüne) ernsthaft über eine Koalition sprechen.

Altmaier schrieb weiter: „CDU/CSU sind Beobachter. Wir müssen jetzt unsere Hausaufgaben machen und zeigen, dass wir die Lektion vom 26.9. verstanden haben.“

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Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat bedauert, dass bei den Gesprächen zur Regierungsbildung ein Jamaika-Bündnis von FDP, Grünen und Union nun zunächst nicht weiter im Fokus steht. „Jamaika hätte eine Chance verdient“, sagte Spahn am Mittwoch in Berlin. Dies gelte trotz schwieriger Ausgangslage durch das schlechte Wahlergebnis der Union, „weil es spannend wäre in vielerlei Hinsicht und es helfen würde, auch gesellschaftliche Themen zu befrieden“, sagte Spahn. „Aber ich muss gleichzeitig auch akzeptieren, dass es jetzt erstmal auch andere Gespräche gibt.“ Spahn sagte, er glaube, „dass eine Regierungsbeteiligung in einer Jamaika-Koalition auch noch einmal einen echten Unterschied hätte machen können für die nächsten Jahre“.

Die Union steht laut CDU-Vize Julia Klöckner vor einem weitreichenden Umbruch. „Nach 16 Jahren Regierungsführung stehen wir vor einer Zäsur. So hart das ist, aber wir müssen diese Situation jetzt als Chance begreifen“, sagt sie der „Rheinischen Post“. Bei den Sondierungen über eine mögliche Ampel-Koalition komme die größte Herausforderung auf die FDP zu, sich zwischen zwei nach links gerückten Fraktionen von SPD und Grünen zu positionieren.

Mehr zum Thema: Wichtige Vertreter der Wirtschaft wenden sich von der Union ab. So plädiert Karl Haeusgen, Unternehmer und Präsident des Verbandes Deutscher Maschinenbauer (VDMA), für eine Ampelkoalition.

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