Nach der Wahl Die Gründer-Generation der Grünen hat ausgedient

Der Linkskurs der Ökopartei zur Bundestagswahl hat die Grünen schrumpfen lassen. Nach dem Rückzug von Parteichefin Claudia Roth und Co-Fraktionschefin Renate Künast war auch der Rückzug von Spitzenkandidat Jürgen Trittin die notwendige Folge.

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Die Grünen-Spitze will nach der Wahlniederlage den Weg für eine personelle Neuaufstellung freimachen. Bundesvorstand und Parteirat sollen beim nächsten Parteitag im Herbst vorzeitig neu gewählt werden. Quelle: dpa

Der Platzhirsch ist keiner mehr. Jürgen Trittin hat die Bundestagswahl für die Grünen im Wesentlichen mitvergeigt. Als Spitzenkandidat im Bund hat er nach mehreren Jahren zweistelliger Wahlergebnisse nur noch 8,4 Prozent für die Ökopartei geholt. Zwei Tage nach der Wahl hat der 59jährige nun aus der ersten Sitzung der alten und neuen Fraktion seiner Partei nun getwittert: "Ich werde für Fraktionsspitze nicht wieder antreten." In allernächster Zukunft allerdings wird Trittin noch gehörig mitreden. Er wird zusammen mit den Parteichefs Cem Özdemir und Claudia Roth sowie und Co-Spitzenkandidatin Katrin Göring-Eckardt Sondierungsgespräche für eine mögliche Koalition führen, sollte die Union sie einladen. 

Der Abgang Trittins war überfällig und folgerichtig. Die Zeit der Gründergeneration und ihrer Dominanz bei den Grünen ist vorbei. Die Sonnenblumenpartei kann bei ihrem inzwischen reichlich gut situierten Publikum nur punkten, wenn sie die Mitte besser bedient. Vielleicht können die Grünen auch die Lücke für eine Bürgerrechts- und Freiheitspartei ausfüllen, wie sie die FDP schon längst nicht mehr war. Dazu müssen andere ran.  

Weit entfernt von zweistelligen Ergebnissen

Claudia Roth ist eigentlich auch schon weg. Die 58jährige Parteichefin und Vertreterin des linken Flügels will nach dem schlechten Abschneiden ihrer Partei bei der Bundestagswahl demnächst nicht wieder für den Spitzenposten antreten. Sie strebt stattdessen das repräsentative und gut dotierte Pöstchen der Bundestagsvizepräsidentin an. Renate Künast tritt nicht mehr an. Die 57jährige Fraktionschefin im Bundestag und Reala verabschiedet sich aus der ersten Reihe. Sie will leider auch gerne Bundestagsvizepräsidentin werden – die Grünen haben dieses Amt aber nur einmal zu vergeben.

Grob gesprochen haben drei Punkte dazu beigetragen, dass die Grünen nach allen Höhenflügen der vergangenen Jahre nun jäh abgestürzt sind. Überall war Jürgen Trittin maßgeblich beteiligt. Nun müssen andere eine gemäßigtere und bürgerlichere Position finden, will die Partei überhaupt wieder zweistellige Ergebnisse erreichen.

Heftig umkämpft schon bei der Entstehung war das Steuerkonzept, das höhere Spitzensteuern und Belastungen der Mittelschicht vorsah, zusätzlich sollte eine Vermögensabgabe erhoben werden. Vor allem im sehr pragmatisch ausgerichteten wie starken Landesverband Baden-Württemberg, voran ging Ministerpräsident Winfried Kretschmann, waren die von Trittin vorangetriebenen Belastungen höchst unerwünscht. Zentrales Problem der Grünen war, dass sie nicht wie geplant als gerecht, sondern als gierig erschienen.

Hinzu kam ein Kurs voller moralischer Vorgaben und Besserwisserei, der gerade liberal gesinnten Sympathisanten nicht passen konnte. Veggie Day? Diese eher symbolische Forderung nach einem vorgegebenen fleischlosen Tag in Kantinen passte irgendwie gar nicht zum Anspruch der Freiheits- und Bürgerrechtspartei. Das Image der Spaßverderber blieb haften.

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