Schließlich das dritte selbsterschaffene Problem: Die Grünen duckten sich vor der Debatte um ihre Anfangszeit weg. Gerade die Generation der Gründer verweigerte sich, Klarheit zu schaffen, wer damals mit Pädophilen sympathisierte oder ihnen mindestens eine Plattform bot, als diese die Grünen unterwandern wollten. Mit falsch verstandenem Liberalismus duldeten oder propagierten auch Politiker solche Annäherungen von Erwachsenen an Kinder, die heute mitmischen. Als ob es Sex zwischen Erwachsenen und Kindern jemals in gegenseitigem Einverständnis und ohne Abhängigkeit geben könnte.
Neue Führung gesucht
Der Grünen-Fraktionschef im Europaparlament, Daniel Cohn-Bendit, erklärte eigene Schilderungen über Annäherungen flugs zur Fiktion. Immerhin zog der Parlamentarische Geschäftsführer im Bundestag, Volker Beck, die Konsequenz aus einem reichlich fragwürdigen Aufsatz, indem er eine "Entkriminalisierung" forderte. Trittin übte sich noch im Wahlkampf in Salami-Taktik: Als Student hatte er 1981 ein Kommunalwahlprogramm der Alternativen-Grünen-Initiativen-Liste (AGIL) in Göttingen presserechtlich verantwortet. Darin verlangte forderte die AGIL offenbar eine strafrechtliche Freistellung von sexuellen Handlungen zwischen Kindern und Erwachsenen, die ohne Anwendung und Androhung von Gewalt zustande kamen.
Und wer kommt jetzt für den langen und mühsamen Weg als kleine Partei in der Opposition? Katrin Göring-Eckardt, die zweite Spitzenkandidatin, will Fraktionschefin werden. Sie war es schon einmal zu Zeiten der rot-grünen Koalition. Doch sie sollte nach einem glücklosen Wahlkampf, bei dem sie schwer durchdringen konnte, einer anderen den Vortritt beim Job der Fraktionsvorsitzenden überlassen, die eine klarere Linie vertritt. Da wäre Kerstin Andreae, die Wirtschaftspolitikerin aus Baden-Württemberg vom Realo-Flügel. Sie gehörte zu jenen, die das Steuerkonzept im Wahlkampf kritisch sahen.
Da ist auch der fachlich fitte und umtriebige Anton Hofreiter, ein ungestümer Bayer, der den linken Flügel vertritt und der genug Gefolgsleute um sich scharen könnte. Doch die Argumentationsweise des 43jährigen Verkehrsexperten ist eher scharf als verbindend und sein Auftreten für Bürgerliche gewöhnungsbedürftig. Nach den Regeln der Grünen wären mit einer solchen Doppelspitze beide Lager und beide Geschlechter vertreten. Doch gewählt wird die Fraktionsspitze erst am 8. Oktober. Zeit noch für Flügelschläge, Kandidaturen und Abrechnungen.