




Wer aus der Türkei zu seinen in Deutschland lebenden Verwandten ziehen will, muss vorerst keinen Deutsch-Sprachtest mehr ablegen. Der bestandene Test sei nicht mehr Voraussetzung für ein Einreisevisum, berichtete der Berliner „Tagesspiegel“ (Samstagausgabe) unter Berufung auf Aussagen aus dem Auswärtigen Amt. Derzeit würden die Details der Umsetzung eines Urteils des Europäischen Gerichtshofs vom 10. Juli geprüft, hieß es zur Begründung. Bis zum Abschluss der Prüfung seien die Auslandsvertretungen angewiesen worden, keine Visa-Anträge türkischer Staatsangehöriger zur Familienzusammenführung allein aufgrund eines fehlenden Sprachnachweises abzulehnen.
Der EuGH hatte der Ehefrau eines in Deutschland lebenden Türken recht gegeben, der die Familienzusammenführung verweigert worden war, weil sie als Analphabetin den Test nicht ablegen konnte. Die seit 2007 geltende Regelung verstoße gegen die Stillhalteklausel des EU-Assoziierungsabkommens mit der Türkei, urteilten die Richter. Die Klausel zwischen der EU und der Türkei aus den 1970er Jahren verbietet neue Beschränkungen bei der Niederlassung. Nach Ansicht des EuGH verstoßen die deutschen Bedingungen zudem gegen die EU-Richtlinie zur Familienzusammenführung.
Die Bundesregierung hatte die Sprachtests mit dem Argument eingeführt, dass dadurch die Integration erleichtert und Zwangsehen verhindert werden könnten. Zwar erkannten die EU-Richter an, dass die Gründe dem Allgemeininteresse dienen könnten. Der fehlende Nachweis von Sprachkenntnissen führe aber automatisch zur Ablehnung des Antrags auf Familienzusammenführung, ohne dass besondere Umstände des Einzelfalls berücksichtigt würden, bemängelten sie.