Nach Koalitionsvertrag In der CDU herrscht Weltuntergangsstimmung

Freude bei der SPD, Wundenlecken bei der Union. Der Koalitionsvertrag stößt innerhalb der CDU auf starke Ablehnung. Besonders die Ressortverteilung schmerzt.

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Viele Unionsmitglieder sind mit den Verhandlungsergebnissen von Kanzlerin Angela Merkel unzufrieden. Quelle: dpa

Berlin Am Tag nach dem erfolgreichen Abschluss der Koalitionsverhandlungen ist der Unmut in der CDU ist mit Händen zu greifen. Besonders frustrierend ist für die Christdemokraten der Verlust des Bundesfinanzministeriums.

Der CDU-Bundestagsabgeordnete und Mittelstandspolitiker Christian von Stetten hält die vereinbarte Ressortverteilung in einer möglichen Großen Koalition für „einen politischen Fehler“. Er fürchtet, dass über einen Finanzminister aus der SPD eine SPD-Finanzpolitik auch in Europa stärker zum Ausdruck gebracht werde.

Ähnlich enttäuscht äußert sich der CDU-Wirtschaftsrat: „Das Finanzressort aus der Hand zu geben, überwiegt alle anderen negativen Ergebnisse dieses Koalitionsvertrages“, sagte Generalsekretär Wolfgang Steiger. Die Ressortverteilung spiegele nicht das Wahlergebnis wider. „Deutschland droht so auf die Rutschbahn zum Geldverteilen in Deutschland und Europa zu geraten, anstatt zu den dringend notwendigen Zukunftsinvestitionen beizutragen.“

Die Kritik zielt damit auch auf die CDU-Vorsitzende. Angela Merkel hatte dem kleinerem Koalitionspartner SPD nicht nur das Finanzministerium überlassen, sie trat auch an die CSU das prestigeträchtige Innenministerium ab. Doch vor allem die weitreichenden Zugeständnisse an die SPD  treiben die Christdemokraten um. Die 20,5-Prozent-Partei SPD erhält die drei Kernressorts Außen, Finanzen sowie Arbeit und Soziales. Zuletzt war das 2005 der Fall, als die SPD bei der Bundestagswahl mit 34,2 Prozent noch viel stärker dastand.

„Die Rückmeldung der Mitglieder ist: Das grenzt an Selbstaufgabe. Der Eindruck ist, dass man sich hat über den Tisch ziehen und erpressen lassen. Da ist die Empörung groß“ – mit diesen Worten erneuerte der CDU-Bundestagsabgeordnete Olav Gutting seine Kritik am Ergebnis der Koalitionsverhandlungen in der „Berliner Zeitung“.

Ebenso deutlich griff der Bundesvorsitzende der Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung der CDU/CSU, Carsten Linnemann, die Verteilung der Ministerposten an: Die Ressortaufteilung gehe „mitten ins Mark.“ Sie ließe jede Ausgewogenheit vermissen. „Für unsere Partei könnte sich der 7. Februar 2018 als Zäsur herausstellen, als Anfang vom Ende der Volkspartei CDU“, befürchtet Linnemann.

Aber nicht nur die Ressortverteilung sorgt für Unmut. Auch die bislang bekannt gewordenen Personalien der CDU für die Ministerposten stoßen auf Unverständnis. Junge Politiker wie das CDU-Präsidiumsmitglied Jens Spahn finden sich bislang nicht darunter.

Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) forderte deshalb eine Erneuerung seiner Partei. Es werde ein langer Weg, das während des monatelangen Ringens um eine Regierungsbildung verlorengegangene Vertrauen bei den Bürgern zurückzugewinnen, sagte er der Zeitung „Die Welt“. „Auch deshalb brauchen wir neue Köpfe“, forderte Günther.

Der CDU-Bundestagsabgeordnete Kai Whittaker teilt dagegen gegen die Kritiker aus. „Dieses Merkelbashing vom Ausverkauf der CDU ertrage ich nicht mehr“, schreibt der Unterhändler auf Twitter. „Dieses selbstbemitleidende Suhlen von gestandenen Leuten wie Säue im Dreck erinnert an ein trotziges Kind, das beleidigt aufstampft.“  Die CDU steht vor unruhigen Zeiten.

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