Nach zweiwöchigen Verhandlungen Jamaika-Sondierer wollen Zwischenfazit ziehen

Zwei Wochen haben Vertreter von Union, FDP und Grünen nun schon sondiert – am heutigen Freitag soll eine erste Bilanz gezogen werden. Klar ist schon jetzt: Die weiteren Verhandlungen werden schwierig.

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Ganz so positiv, wie es die Geste von Bundeskanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU, l.) neben NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) vermuten lässt, dürfte die Zwischenbilanz der Jamaika-Sondierer nicht ausfallen. Quelle: dpa

Berlin Bei mehreren zentralen Themen hakt es gewaltig – nun wollen die Jamaika-Sondierer eine Zwischenbilanz ziehen. Nach gut zwei Wochen voller Gespräche kommen Vertreter von CDU, CSU, FDP und Grünen dazu am Freitag (13.00 Uhr) in großer Runde in Berlin zusammen. Schon vor der Unterredung der mehr als 50 Unterhändler treffen sich die Verhandlungsführer der vier Parteien.

Union, FDP und Grüne haben inzwischen zwar alle zwölf Themenblöcke, auf die sie sich zuvor verständigt hatten, einmal besprochen. Doch längst nicht in allen Bereichen konnten sie sich auf Arbeitspapiere verständigen. Nicht nur bei den vermeintlich größten Knackpunkten Migration und Klima hakt es, am Donnerstag wurden auch große Differenzen beim Thema Wirtschaft und Verkehr deutlich.

Die stellvertretende CDU-Vorsitzende Julia Klöckner zieht dennoch ein überwiegend positives Zwischenfazit. „Mein Eindruck ist schon, dass alle Beteiligten den Erfolg wollen – nicht um jeden Preis, aber eben schon mit gutem Willen“, sagte sie der „Saarbrücker Zeitung“ (Freitag). „Wichtig ist, dass jeder den anderen mit seinem Markenkern leben lässt. Diese Bereitschaft sehe ich.“

FDP-Vize Wolfgang Kubicki hält hingegen ein Scheitern der Jamaika-Sondierungen weiter für möglich. Er machte „intensive Beziehungen“ zwischen CDU und Grünen aus und warnte in den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND/Freitag): „Wenn Union und Grüne sich auf eine falsche Politik verständigen wollen, werden wir die einzigen sein, die widerstehen.“ Bayerns FDP-Chef Albert Duin bezeichnete eine Jamaika-Koalition als „Totgeburt“. „Der ideologische Hypermoralismus der Grünen macht jede Form einer gemeinsamen Regierungsbildung unmöglich“, sagte er dem RND.

In der Verkehrspolitik hakt es dem Vernehmen nach bei der Frage eines Enddatums des Verbrennungsmotors. Die Grünen wollen grundsätzlich, dass ab 2030 in Deutschland keine neuen Diesel- und Benzinmotoren mehr zugelassen werden. Ein gemeinsames Papier sei daran gescheitert, dass die Union der Meinung gewesen sei, über Fragen der Autoindustrie hinsichtlich des fossilen Verbrennungsmotors dürfe man nicht sprechen, sagte Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter der Deutschen Presse-Agentur. „Das ist absurd.“ Es werde nicht funktionieren, wenn eine Seite glaube, am Beginn „Sprechverbote“ zu erteilen.

Grünen-Parteichef Cem Özdemir sagte der dpa, es gehe nicht nur ums Auto, sondern um neue Mobilitätsakzente generell. „Wer schlechte Luft, tägliche Staus und den Stress vieler Pendler wirksam bekämpfen will, muss für moderne Busse und Bahnen, verständliche Ticketsysteme und Tarife, für Barrierefreiheit und Digitalisierung sorgen.“

Angesichts der stockenden Verhandlungen kritisierte der Umweltverband Greenpeace die Unterhändler. „Klimaschutz ohne Kohleausstieg geht so wenig wie Verkehrswende mit Verbrennungsmotor“, sagte Greenpeace-Energieexperte Tobias Münchmeyer der dpa. „Die JamaikanerInnen müssen aufhören mit der Heuchelei.“

Die Parteien hatten sich am Donnerstag auch beim Thema Landwirtschaft – trotz grundsätzlicher Einigkeit – in die Haare gekriegt. Der Grünen-Politiker Robert Habeck stieß mit seiner Interpretation zur künftigen Agrarpolitik auf Kritik von Union und FDP. Der schleswig-holsteinische Landwirtschaftsminister sagte der Deutschen Presse-Agentur, er sehe die Jamaika-Parteien auf dem Weg zu einer Wende in der Agrarpolitik. CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer kommentierte daraufhin: „Das ist echt schizophren.“ Hofreiter entgegnete: „Ich persönlich bin ein Freund davon, dass man sich sachlich klar und hart die Meinung sagt, aber dass man Begriffe wie schizophren nicht verwendet über einen Verhandlungspartner.“

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