Nachhaltig investieren Darauf sollten Anleger bei grünen Fonds achten

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Nachhaltige Ferraris und weniger Dreck im Dax

Es gibt genug Beispiele, bei denen die Auswahl nach Nachhaltigkeitskriterien schief lief. Der Ölförderer BP blieb etwa auch dann noch in einem Nachhaltigkeitsindex, als seine havarierte Bohrplattform schon den Golf von Mexiko mit Öl verschmutzte und Arbeiter gestorben waren. Auch Volkswagen galt lange als Branchenvorreiter bei der Nachhaltigkeit, bis der Dieselskandal aufflog. Es gibt viele Unschärfen. Gentechnik ist mitunter unerlässlich, um die Menschheit zu ernähren, Kinderarbeit nicht immer zu verdammen. Ist es sinnvoller, dass ein Kind zwei Stunden arbeitet, damit seine Familie ihm fünf Stunden Schule täglich bezahlen kann, als es gar nicht zur Schule zu schicken?

Und was ist mit Ferrari? Es ist das Lieblingsbeispiel eines hochdekorierten und seriösen Fondsmanagers zur Nachhaltigkeit. Das Unternehmen ist hochprofitabel und wachstumsstark. Über den gesamten Lebenszyklus seien Ferraris nachhaltig – die Autos stünden meist in der Garage, würden wenig gefahren, pusten dadurch mitunter weniger CO2 aus, als ein Kleinwagen im Alltagsgebrauch. Wenn nicht ein Raser sie zu Schrott fährt, dann wird ein Ferrari gehegt und gepflegt und lebt ewig – auch das ist gut für die Ökobilanz. Die Luxusschlitten würde der gesunde Menschenverstand niemals als nachhaltig bezeichnen. Diskussionen über das Thema enden nie, meint ein Frankfurter Investor.

Bei manchen Analysen kommt sogar der Deutsche Aktienindex Dax, in dem viele Industrieunternehmen und Autobauer stecken, gar nicht schlecht weg. Die Schweizer Research-Firma Carbon Delta hat berechnet, welche Kosten auf Unternehmen zukommen, wenn sie ihre Arbeit auf ein bestimmtes Klimaziel ausrichten müssten und dazu gezwungen würden, CO2 einzusparen. Ein Pluspunkt, den Carbon Delta für heimische Unternehmen sieht: Sie haben Patente oder aussichtsreiche Technologien, die beim Umweltschutz helfen könnten. Eine Dax-Investition ist nach der Analyse von Carbon Delta also gar nicht so dreckig, wie sie auf den ersten Blick erscheinen mag.

Ferrari: Über den gesamten Lebenszyklus nachhaltig? Quelle: imago images

Geld für besseres Klima

Frankreich und die Schweiz sind Vorreiter Nachhaltiger Geldanlage. Frankreich hat der Europäischen Union einen Stempel aufgedrückt, der jetzt dazu führt, dass in den EU-Regeln das Thema Nachhaltigkeit vor allem auf Klimaschutz und den CO2-Ausstoß verengt wird. Mit seinem Atomstrom versorgt Frankreich Unternehmen günstig und mit vermeintlich sauberem Strom. Dass eine niedrige CO2-Belastung bei der Stromproduktion und -abnahme langfristig für die Rendite einer Geldanlage wichtig sein kann, bestreitet kaum noch jemand. „Sie macht das Depot robust, etwa gegen die Einführung einer CO2-Steuer, denn die würde für Unternehmen mit CO2-intensiven Geschäftsmodellen teuer“, sagt Werner Hedrich, Deutschlandchef bei Globalance Invest.

Australien hat jüngst eine solche Steuer eingeführt und auch in Deutschland wird darüber diskutiert und geforscht. Unternehmen werden künftig viel stärker danach sortiert, wie sie CO2 vermeiden, erwartet auch Deidre Cooper, Nachhaltigkeitsexpertin beim britischen Fondshaus Investec. Aber die Daten dazu seien nicht perfekt, vielfach würden sie geschätzt. Die populärste Methode zur Einschätzung des Klimarisikos ist die Berechnung des CO2-Fußabdrucks eines Unternehmens.

Auch Ophélie Mortier, Nachhaltigkeitsexpertin beim belgischen Fondshaus Degroof Petercam kennt die Tücken der Messungen: Nicht jede Fabrik oder jedes Unternehmen sei mit entsprechenden Mess-Sensoren ausgestattet. Es werde auch nicht immer zwischen direkten Emissionen, die bei der Produktherstellung anfallen, und denen, die durch die Nutzung von Produkten entstehenden, unterschieden. Die Herausforderung liege darin, nicht nur den jährlichen Strom-, Öl- oder Gasverbrauch eines Konzerns zu berücksichtigen, sondern auch die Gesamtemissionen seiner Produkte über deren Lebenszyklus.

Technisch ist die Datenauswertung zu Umweltthemen und weitergehenden ESG-Kriterien kein Problem. Führende Datenanbieter wie MSCI oder Bloomberg sammeln die Informationen aus vielen Quellen. Weltweit legen zehntausende Unternehmen nicht nur den jährlichen Geschäftsbericht mit Zahlen zu Gewinnen und Verlusten vor, sondern auch einen Nachhaltigkeitsbericht. Er enthält Daten zum CO2-Ausstoß in der Produktion, zur Mitarbeiterzufriedenheit und -fluktuation, zu Recyclingquoten, dem Wasserverbrauch oder auch Gerichtsprozessen und der Einflussnahme auf Aktiengesellschaften bei Hauptversammlungen. Über Computeralgorithmen und mit Hilfe künstlicher Intelligenz, die zusätzlich soziale Medien und Nachrichten filtern, können Daten immer engmaschiger verarbeitet und etwa von Ratingagenturen genutzt werden. So kommen neue Aktienindizes zustande, die mit niedrigen CO2-Emissionen der in ihnen steckenden Unternehmen um Anleger buhlen.

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