Nahles-Nachfolge SPD-Politiker Roth und Kampmann wollen für Parteivorsitz antreten

Bis zum 1. September können Interessenten für den SPD-Vorsitz ihren Hut in den Ring werfen – jetzt kommt das erste Zweier-Team aus der Deckung.

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„Dieser Prozess ist für die SPD eine tolle Chance, sich von ihrer besten Seite zu zeigen“, sagte Roth. Quelle: dpa

Berlin Europa-Staatsminister Michael Roth und die ehemalige nordrhein-westfälische Familienministerin Christina Kampmann haben als erstes Duo ihre Kandidatur für den SPD-Vorsitz angekündigt. „Wir beide vertrauen uns gegenseitig. Deshalb trauen wir es uns zu, in einer schwierigen Lage als Team für den Parteivorsitz anzutreten“, sagte Kampmann dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND, Mittwoch). Roth sagte, die SPD werde derzeit „bestenfalls als ordentlich arbeitender Reparaturbetrieb, aber nicht als spannender Ort großer Debatten und Visionen wahrgenommen“. „Das wollen wir ändern.“

Kandidaten für die Nachfolge der zurückgetretenen Parteichefin Andrea Nahles haben bis zum 1. September Zeit, ihren Hut in den Ring zu werfen. Der Vorsitz soll nach einer Mitgliederbefragung auf einem Parteitag Anfang Dezember besetzt werden.

Der Vorstand der im Umfrage-Keller steckenden Partei hat auch ausdrücklich Teams zur Kandidatur ermutigt - auf dem Wahlparteitag soll die Möglichkeit einer Doppelspitze in die Satzung der SPD aufgenommen werden. Anders als bei anderen Parteien sollen sich die Zweierteams schon vor der Wahl finden und zusammen antreten. Potenzielle Kandidaten müssen von mindestens fünf Unterbezirken, einem Bezirk oder einem Landesverband nominiert werden.

„Wir wagen es und freuen uns auf Eure Unterstützung!“, schrieb Roth am Dienstagabend auf Twitter. Der 48 Jahre alte Sozialdemokrat aus Hessen sitzt seit 1998 im Bundestag und ist seit 2013 Staatsminister für Europa im Auswärtigen Amt. Die NRW-Landtagsabgeordnete Christina Kampmann (38) war von 2015 bis 2017 Familienministerin in ihrem Bundesland.

„Wir wollen eine SPD, die mitten im Leben steht und auf der Höhe der Zeit ist“, schreiben die beiden in einem an die SPD-Mitglieder gerichteten Bewerbungsschreiben. Sie fordern darin etwa, die Partei müsse beim Thema Klimaschutz „lauter und unbequemer“ werden. „Die SPD darf sich nicht damit zufrieden geben, dem aktuellen Mainstream hinterherzulaufen, sondern sie muss selbst wieder an der Spitze der Bewegung stehen.“

Auch bei den Parteistrukturen sollten sie einen Aufbruch wagen, so Kampmann und Roth. Mindestens ein Drittel des Parteivorstands solle künftig aus der Kommunalpolitik kommen. Bei Wahlen soll nach ihren Vorstellungen jeder fünfte Listenplatz Menschen ohne Parteibuch offenstehen. „Wir wollen uns öffnen und Engagierten in unserem Land einen Platz bieten, in der Demokratie mitzuarbeiten.“

Allerdings haben Kampmann und Roth die Bedingungen für die Kandidatur noch nicht erfüllt. Eine offizielle Bewerbung sei im Willy-Brandt-Haus deshalb auch noch nicht eingegangen, sagte ein Parteisprecher am Mittwoch. Potenzielle Kandidaten müssen von mindestens fünf Unterbezirken, einem Bezirk oder einem Landesverband nominiert werden.

Die Kandidaten für den SPD-Vorsitz sollen sich ab September auf 20 bis 30 Regionalkonferenzen deutschlandweit vorstellen. Danach sollen die rund 438 000 SPD-Mitglieder per Brief oder online über sie abstimmen. Das Ergebnis soll am 26. Oktober feststehen. Sollte kein Team oder Einzelbewerber mehr als 50 Prozent der Stimmen bekommen, soll es einen zweiten Mitgliederentscheid quasi als Stichwahl geben. Den Gewinner will der Vorstand beim Parteitag am 6. bis 8. Dezember zur Wahl vorschlagen.

Als mögliche weitere Anwärter für das Amt gelten unter anderem Familienministerin Franziska Giffey und SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil. Eine Bewerbung nicht ausgeschlossen hatten der nordrhein-westfälische SPD-Fraktionschef Thomas Kutschaty und die ehemalige Kandidatin für das Amt der Bundespräsidentin, Gesine Schwan. Auch Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius sagte, unter bestimmten Bedingungen werde er über eine Kandidatur nachdenken. Gehandelt wird auch der Juso-Vorsitzende Kevin Kühnert.

Mehr: Zwei Monate hat die SPD Zeit, Kandidaten für den Parteivorsitz zu finden. Dann sollen erstmals die Mitglieder abstimmen.

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