Negativtrend Baugenehmigungen für Wohnungen sinken erneut – Firmen fordern Förderung

In Deutschland sinkt die Zahl der Genehmigungen für den Wohnungsbau. Quelle: imago images

Die Zahl der Baugenehmigungen für neue Wohnungen in Deutschland ist wegen steigender Zinsen und hoher Materialkosten auch im September eingebrochen. Sie sank um 9,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat auf 27.449 Wohnungen.

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Das Statistische Bundesamt teilte am Freitag mit, dass es sich bereits um den fünften Rückgang in Folge handelt. Von Januar bis September gaben die Behörden damit grünes Licht für den Bau von 272.054 Wohnungen, was einem Minus von 3,7 Prozent oder 10.366 Wohnungen entspricht. „Die Negativ-Spirale ist Ausdruck der extremen Verunsicherung öffentlicher und privater Wohnungsbauer“, sagte Tim-Oliver Müller, Hauptgeschäftsführer der Bauindustrie (HDB), der Nachrichtenagentur Reuters. „Aufgrund des hohen Bedarfs an Wohnraum muss nun die Politik endlich liefern, wenn sie wirklich den Willen hat, mehr bezahlbaren Wohnraum zu schaffen.“

Auch am Bau sei die Lage mittlerweile „brenzlig“, ergänzte Hauptgeschäftsführer Felix Pakleppa vom Bauverband ZDB. „Wir plädieren für einen Ausbau der Förderungen, damit wir beim dringend notwendigen Wohnungsneubau nicht noch mehr verlieren.“ Aktuell belasteten Energiekrise und Inflation private Haushalte sowie die Baubranche schwer, betonte Pakleppa. Während die Wohnungsbauaufträge im August um fast 24 Prozent im Vergleich zu 2021 zurückgegangen seien, hätten die Wohnungsbaukosten in den ersten sechs Monaten 2022 um über zwölf Prozent zugelegt.

„Aufgrund der daraus folgenden Stornierungen im Wohnungsbau sind die Erwartungen der Unternehmen für das kommende halbe Jahr extrem schlecht“, sagte Pakleppa. Er verwies auf das Barometer des Ifo-Instituts, das auf den tiefsten Stand seit Umfragebeginn 1991 fiel. „Ganz wichtig ist, Bauherren und Auftraggebern Rückendeckung durch Eigenkapital stärkende Maßnahmen zu geben, beispielsweise durch eine Verlängerung des Baukindergelds.“

Bundesregierung will an Ziel festhalten

Die negative Entwicklung bei den Baugenehmigungen ist ein neuer Rückschlag im Bemühen der Bundesregierung, dass pro Jahr 400.000 Wohnungen gebaut werden. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte jüngst betont, die Ampel-Koalition werde dieses Ziel nicht aufgeben. Die Bau- und Immobilienbranche hingegen sieht die Lage ernüchtert und hat die Marke von 400.000 längst abgeschrieben.

Zuletzt hatte das Münchner Ifo-Institut von einer Stornierungswelle in der Branche berichtet: Im Oktober waren 11,3 Prozent der Betriebe davon betroffen. „Angesichts der oft kaum mehr kalkulierbaren Baukosten und rasch steigenden Bauzinsen werfen viele Bauherren das Handtuch, sie stellen Projekte zurück oder streichen sie ganz“, hieß es.

Der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie (HDB) hat kürzlich seine Prognose einkassiert, dass die Branche bei den inflationsbereinigten Erlösen 2022 eine Spannbreite von null bis minus zwei Prozent schaffen könnte. Der Verband erwartet jetzt einen realen Umsatzrückgang von fünf Prozent und damit einen Anstieg der Baupreise um rund 17 Prozent.

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Besonders stark sank in den ersten neun Monaten die Zahl der Baugenehmigungen für Einfamilienhäuser, die um 15,4 Prozent auf 61.509 abnahm. „Hier ist allerdings der Basiseffekt infolge des Auslaufens des Baukindergeldes im Vorjahr zu berücksichtigen“, erklärten die Statistiker. Es trug dazu bei, dass von Januar bis März 2021 fast 7400 Einfamilienhäuser mehr genehmigt wurden als im ersten Quartal 2022. Bei Zweifamilienhäusern gab es einen Rückgang von 4,5 Prozent auf 23.124, hingegen bei Mehrfamilienhäusern ein Plus von 3,7 Prozent auf 145.181.

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