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Netzausbau Altmaier rückt vom Strahlenschutz ab

Umweltminister Peter Altmaier schwenkt um. Um die Energiewende nicht zu gefährden, stoppt er schärfere Regeln gegen Elektrosmog rund um Hochspannungsleitungen.

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Merkel, Altmaier, Rösler Quelle: dapd

Am Bildschirm vor Peter Altmaier zackelt die Kurve in Blau und Orange. Über der Null-Linie bedeuten sie, dass das Unternehmen E.On Netz reichlich Spannung in den Stromleitungen hat, die sich in einem Korridor vom Norden ganz in den Süden Deutschlands erstrecken. Im Minusbereich wird es knapp, Energie muss aus anderen Regionen her. Hier in der E.On-Netzwarte steuern Ingenieure einen Teil der Strom-Autobahnen und -Bundesstraßen der Republik.

Die Ausschläge, lässt sich der Bundesumweltminister von Geschäftsführer Dietrich Max Fey hier im Gewerbegebiet von Ahlten bei Hannover erklären, sind mit dem Bau Hunderter Windmühlen und der Montage Zigtausender Solaranlagen in Deutschland extremer geworden. Entsprechend müssen neue Leitungen her.

Unermüdlich verkünden Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihre Wende-Minister Altmaier und Philipp Rösler (Wirtschaft) unisono, dass die Energiewende nur mit neuen Leitungen gelingt. Landauf, landab beklagen sich jedoch Bürger, die einerseits verschandelte Natur befürchten, andererseits natürlich auch keine Masten in Nachbarschaft des eigenen Hauses wollen. Elektrosmog heißt das Reizwort. Doch die Bundesregierung will die Energiewende zu nichts Geringerem als einem Vorzeigeprojekt Deutschlands machen.

Das bittere Fazit aus einem Jahr Energiewende
Kühltürme des Braunkohlekraftwerkes der Vattenfall AG im brandenburgischen Jänschwalde (Spree-Neiße) Quelle: dpa
Freileitungen verlaufen in der Nähe eines Umspannwerkes bei Schwerin über Felder Quelle: dpa
Die Flagge Österreichs weht auf einem Hausdach Quelle: dpa
Ein Strommast steht neben Windkraftanlagen Quelle: AP
Windräder des Windpark BARD Offshore 1 in der Nordsee Quelle: dpa
Eine Photovoltaikanlage der Solartechnikfirma SMA Quelle: dpa
Euroscheine stecken in einem Stromverteile Quelle: dpa

Erweckungserlebnisse

Deshalb haben die beiden wichtigsten Ressorts – das Umwelt- und das Wirtschaftsministerium – ihre Haltung zugunsten des Leitungsbaus und damit der Wirtschaft neu justiert: Ist das Umweltministerium sonst für immer strengere Vorschriften zum Gesundheitsschutz, geht es nun darum, „den Schutz der Bevölkerung vor elektromagnetischen Feldern auch beim Stromnetzausbau aufrechtzuerhalten“, wie es aus dem Ressort Altmaier heißt, aber „ohne den Netzausbau zu gefährden“.

Das Wirtschaftsministerium, das sonst schon froh war, wenn es strengere Auflagen verhindern konnte, geht sogar einen Schritt weiter. Es drängt in den internen Verhandlungen mit den Umweltkollegen darauf, die Vorschriften wieder zu lockern.

Altmaier tourt auch deshalb durchs Land, um mit allen auf Tuchfühlung zu gehen, die ihm bei der Energiewende helfen müssen. Ende Mai, nur eine Woche nach seiner Vereidigung, hatte er sein erstes Erweckungserlebnis. Beim Antrittsbesuch in der Bundesnetzagentur in Bonn klagten ihm die Chefs der vier Leitungsunternehmen, der sogenannten Übertragungsnetzbetreiber, ihr Leid: Die Fachleute seines neuen Ressorts brüteten über schärferen Grenzwerten für den Elektrosmog. Es drohten zusätzliche Kosten in zweistelliger Milliardenhöhe. Ob es denn mit dem Neubau nicht schon genug Belastung gäbe.

Richtig teuer würde es, wenn bestehende und neue Stromleitungen zusätzlich abgeschirmt oder höher gebaut werden müssten, um die Strahlung in Siedlungen und Krankenhäusern, auf Sport- oder Spielplätzen so gering zu halten wie in der Natur.

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