Neue Pizza-Connection Genuss vereint, Politik entzweit

Peter Altmaier und Anton Hofreiter gehen gern gemeinsam Steak essen. Der Kanzleramtschef hat nun das Buch vom Fraktionschef der Grünen vorgestellt. Ein Vorbote für neue Beziehungen in der Bundespolitik?

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Trotz der bundesspolitischen Differenzen teilen sich Anton Hofreiter (l) mit Peter Altmaier (r) gerne einen Tisch. Bascha Mika, Chefredakteurin der „Frankfurter Rundschau“, muss nur bei offiziellen Terminen moderieren. Quelle: dpa

Berlin Er war auch mal Grünkohl-König von Oldenburg. Landwirtschaftliches Know-How habe er also. Peter Altmaier (CDU) lacht. Und er schwitzt. Die Luft ist stickig in dem Presseraum, durch die großflächigen Fenster knallt die Mittagssonne. Altmaier ist gesundheitlich nicht ganz auf der Höhe, aber es ist ihm ein Anliegen, diesen Termin wahrzunehmen.

Der Kanzleramtschef soll das neue Buch „Fleischfabrik Deutschland“ von Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter vorstellen. Eine einzige Abrechnung mit industrieller Massentierhaltung und effizienzgetriebener Landwirtschaft.

Wie passt das zusammen? Der grüne Hofreiter, der Bauernbetriebe und Tierschutz will und der Kanzleramtschef, dessen Partei derzeit für die Zulassung des umstrittenen Unkrautvernichters Glyphosat kämpft?

„Man sieht, beide essen gern“, frotzelt Moderatorin Bascha Mika. Hofreiter, gut gelaunt, gesunde Gesichtsbräune, nimmt es mit Stolz. Altmaier tupft Schweiß. Vor allem gehen beide gern gemeinsam Essen. „Erst vor ein paar Tagen habe ich mit Peter ein gutes Steak gegessen, in einem Laden, wo es auch um das Tierwohl geht“, verrät Hofreiter. Und Altmaier schwärmt vom „Filet mit Anton“. Um Verzicht geht es hier nicht, das wird schnell klar. Die Landwirtschaft muss auf anderem Wege gerettet werden.

Schon 2012 sind sich die Parteirivalen näher gekommen, als der Altmaier noch Bundesumweltminister war. Der Kanzleramtschef spricht von „guten Gesprächen“, die er damals mit dem Oppositionsangehörigen zur Gestaltung der Energiewende führte. Er habe „Respekt vor Anton.“ Was er allerdings nicht möge, warnt der Unionspolitiker „das ist, wenn man mir vorschreibt, wann ich Fleisch essen soll.“ Eine Anspielung auf den vergangenen Bundestagswahlkampf der Grünen, als diese sich mit dem Vorschlag für einen Veggi-Day bei den Fleischessern unbeliebt machten. Hofreiter nimmt den Seitenhieb gelassen.

Erlebt die Republik gerade eine Pizza-Connection reloaded? Bereits zu Bonner Zeiten gab es die schwarz-grünen kulinarischen Treffen, die sogenannte Pizza-Connection. Anders als Hofreiter, saß Altmaier damals schon mit am Tisch. Und er weiß deshalb gut über Fehlinterpretationen der Runde Bescheid: „Natürlich ist dieser Auftrag keine Koalitionsaussage“, entgegnet Altmaier allen, die die Buchvorstellung bereits als Vorboten für eine schwarz-grüne Zusammenarbeit im Bund interpretieren. Man habe eine funktionierende Regierung. „Ich finde die Grünen in den Umfragen zu gut bewertet“, sagt der Kanzleramtschef.

Damit war auch schon die Überleitung zu all den Punkten in Hofreiters Schrift getan, denen Altmaier nicht zustimmt.  Er sei auch für Tierschutz, aber „ohne professionelle Landwirtschaft geht es nicht“, sagt er. Denn irgendwie müssten ja die Milliarden Menschen ernährt werden. Das Wort „Fleischfabrik“ will er auch nicht negativ verstanden wissen. Stattdessen freue er sich, dass Deutschland in der Lage sei, seine Bürger zu ernähren.

Hofreiter entgegnet: Es gebe in Deutschland längst eine Überproduktion. Das billige Fleisch werde nach Afrika exportiert und würde die dortigen Bauern in den Ruin treiben. Nach China sei man mit jährlich 5507 Tausend Tonnen der größte Fleischproduzent der Welt, rechnet er vor. Megaställe hätten negative Auswirkungen, etwa weil die Gülle das Grundwasser verschmutze.

Am Ende wird klar: Den Fraktionschef der Grünen und den Unionspolitiker mag zwar ein gebratenes Steak an einen Tisch bringen. Im Ringen um die politischen Ansichten verhält es sich mit den beiden jedoch wie mit Wasser und Öl. Ob künftige gemeinsame Essen die Chemie verändern, wird der Bundestagswahlkampf zeigen. Jedenfalls, kündigte Altmaier an, werde man im Wahlkampf über diese Themen diskutieren.

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