Neue Untersuchung CO2-Steuer ohne zusätzliche Belastung für Familien und Geringverdiener

Quelle: dpa

Eine Berechnung im Auftrag der WirtschaftsWoche zeigt: Eine CO2-Steuer ist möglich, ohne Familien und Geringverdiener zusätzlich zu belasten.

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Eine Steuer auf klimaschädliches CO2 kann so gestaltet werden, dass Mittelschichtsfamilien in der Stadt und Geringverdiener finanziell keinen Nachteil hätten. Das haben die Ökonomen Ottmar Edenhofer und Matthias Kalkuhl vom Mercator-Forschungsinstitut MCC (Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change) im Auftrag der WirtschaftsWoche berechnet. Familien auf dem Land, die meist größere Wohnungen heizen und aufs Auto angewiesen sind, hätten erst bei einer Steuer von über 40 Euro pro Tonne CO2 keine Nachteile. Das Modell schließt ein, dass klimaschädliches Handeln zwar teurer wird, durch eine jährliche Pro-Kopf-Ausschüttung der Einnahmen aber Familien und sozial Schwächere verhältnismäßig viel zurück erhalten. Besserverdiener hätten in allen Fällen mit höheren Kosten zu rechnen.

Die Ökonomen um Regierungsberater Edenhofer kalkulierten erstmals für Deutschland, wie sich ein Preis von 20, 40 oder 60 Euro je ausgestoßener Tonne CO2 auswirkt. Privatleute würden durch höhere Spritpreise, Wohnnebenkosten und zum Teil durch eine höhere Stromrechnung belastet. Pro Kopf der Bevölkerung kommt eine jährliche Ausschüttung von 77 Euro (bei 40 Euro je Tonne CO2) oder 162 Euro (bei 60 Euro je Tonne CO2) zusammen. Bei einem relativ niedrigen CO2-Preis von 20 Euro je Tonne gäbe es noch keine Rückerstattung, weil das Geld zum Ausgleich anderer Steuersenkungen beim Staat bliebe.

Edenhofer, der das Klimakabinett von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) berät, erklärt: „Das ist der Vorteil des Modells: Politiker können sagen, wir senken so endlich die Emissionen in Deutschland in größerem Stil und wir federn die sozialen Härten ab, weil wir besonders Betroffene auch entschädigen.“ Reaktionen wie die der Gelbwesten in Frankreich könnten vermieden werden: „Jemand, der auf dem Land lebt, vielleicht im Einfamilienhaus, und aufs Auto angewiesen ist, der zahlt bei dem Modell keineswegs drauf.“

Der von Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) ins Gespräch gebrachte Preis von 20 Euro pro Tonne CO2 hätte noch kaum Wirkung aufs Wirtschaften und brächte zudem keine Rückerstattung für die Bürger, führt Edenhofer an, der auch das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) leitet. „Ich würde vermuten, dass ein CO2-Preis von 50 bis 60 Euro notwendig ist, allein um die verpflichtenden EU-Ziele zum Klimaschutz zu erreichen.“ Ein höherer Preis auf Kohlendioxid und damit eine höhere Ausschüttung pro Kopf seien auch aus sozialer Sicht vorteilhaft. „Doch man muss zugleich die Auswirkungen auf die Industrie berücksichtigen und dass der CO2-Preis deshalb auch nicht zu hoch ausfällt.“ Hier müsse über gesonderte Regeln im Einzelfall nachgedacht werden. „Die Arbeitsplätze sollen ja hierbleiben, und klimaschädliche Produktion soll modernisiert statt nur woanders hin verlagert werden.“

Edenhofer betont, der CO2-Preis lasse sich als Steuer, aber auch über eine nationale Ausweitung des Emissionshandels umsetzen. Beide Varianten werden in der Regierung diskutiert.

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