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Neues Gesetz zum Bleiberecht Ausländerpolitischer Gemischtwarenladen

Willkommenskomitees und Hassparolen - mit der steigenden Zahl von Flüchtlingen nimmt auch die Polarisierung zu. Das neue Gesetz zum Bleiberecht verbindet beides.

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Aslybewerber Quelle: dpa

Das neue Gesetz zum Bleiberecht ist ein ausländerpolitischer Gemischtwarenladen. Das Gesetz macht es Menschen, die sich gut integriert haben, leichter als bisher, an eine langfristige Aufenthaltsgenehmigung zu kommen. Gleichzeitig schafft die Bundesregierung mehr Möglichkeiten, um abgelehnte Asylbewerber, die Probleme machen, schneller außer Landes zu schaffen.

Dass Union und SPD jetzt so viele verschiedene Regelungen in einen einzigen Gesetzentwurf gepackt hat, ist für die Opposition ungünstig. Denn das macht es schwieriger, das Gesetz zu bekämpfen. Zum Beispiel gibt es Erleichterungen beim Familiennachzug. Außerdem hat die SPD im Tandem mit den Unternehmerverbänden eine Verbesserung der Situation von geduldeten Ausländern, die einen Ausbildungsplatz haben, durchgesetzt. Das finden auch die Linkspartei und die Grünen gut. Auf der anderen Seite kommt von der Opposition aber viel Kritik an den neuen Bestimmungen zu Abschiebung und „Ausweisungsgewahrsam“.

Vor diesen Problemen stehen die Zuwanderer
Teilnehmer eines Kurses "Deutsch als Fremdsprache" Quelle: dpa
Eine Asylbewerberin wartet in der Zentralen Aufnahmeeinrichtung in Berlin Quelle: dpa
Eine Frau sitzt in einem Flüchtlingsheim in einem Zimmer Quelle: dpa
Ein Flüchtling sitzt vor einer Gemeinschaftsunterkunft der Asylbewerber Quelle: dpa
Verschiedene Lebensmittel liegen in der Asylunterkunft in Böbrach (Bayern) in Körben Quelle: dpa

Auch die SPD will sich in diesen Fragen noch nicht ganz geschlagen geben. „Natürlich werden uns auch die neuen Regelungen zur Abschiebungshaft und die mit dem Gesetz ebenfalls erfolgte Überarbeitung der Ausweisungsbestimmungen weiterhin beschäftigen“, erklärt die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz (SPD). Mindestens genauso wichtig ist ihr aber, dass Flüchtlinge und andere Zuwanderer sich in Deutschland gut aufgehoben fühlen.

Das ist gerade zurzeit keineswegs selbstverständlich. Die Zahl der Angriffe auf Asylbewerberheime ist in den vergangenen Monaten massiv angestiegen. Szenen wie in der sächsischen Kleinstadt Freital, wo Ausländer vor einigen Tagen vor ihrer Unterkunft von aggressiven Asylgegnern empfangen wurden, bereiten nicht nur Özoguz große Sorgen.

An diesem Donnerstag, wenige Stunden vor der abschließenden Debatte über das Bleiberecht im Bundestag, ist Özoguz zu Gast in der Berliner OECD-Vertretung. Eine Studie zur Integration von Migranten in den Industrieländern wird vorgestellt.

OECD-Studie: Defizite bei Integration

Dass Deutschland dabei deutlich schlechter abschneidet als klassische Einwanderungsländer wie Australien oder Israel, liegt nach Ansicht der Integrationsbeauftragten daran, dass es in diesen Ländern für die Neuankömmlinge eine „sofortige Anerkennung“ gibt, während in Deutschland auch die Enkel von Arbeitsmigranten oft noch als „Ausländer“ wahrgenommen werden. Sie sagt: „Wichtig ist: Wie sehr identifiziert sich ein Land mit denen, die da sind?“

Vor allem ein Ergebnis der OECD-Studie fällt ins Auge: Die Kinder von Zuwanderern fühlen sich in Deutschland stärker diskriminiert als Migranten, die erst als Kinder oder im Erwachsenenalter gekommen sind. Das klingt erst einmal erstaunlich. Denn über den Zugang zum deutschen Bildungssystem sollten sich diese Menschen eigentlich besser integriert und dadurch auch akzeptiert fühlen.

Doch es geht eben nicht nur um Erwerbsquoten und Wohnraum, sondern auch um Gefühle und subjektive Wahrnehmungen. Denn jemand, der in Deutschland geboren wird, erwartet von der Mehrheitsgesellschaft mehr Akzeptanz, als ein Mensch, der als Flüchtling, Arbeitssuchender oder als Kind gerade erst gekommen ist.

Status und Schutz von Flüchtlingen in Deutschland

Auch Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hat sich über die Angriffe auf Asylbewerberheime entsetzt gezeigt. Dass ihm einige Menschenrechtsorganisationen jetzt vorwerfen, er schüre mit der Verschärfung der Bestimmungen zur Abschiebung die Stimmung gegen Flüchtlinge, will er nicht akzeptieren. Er und andere Vertreter der Union sagen: Wenn wir keine klare Trennlinie zwischen Schutzsuchenden und illegalen Einwandern ohne Asylgrund ziehen, wird die Zahl der Willkommensvereine für Flüchtlinge sinken und die Zahl der fremdenfeindlichen Straftaten weiter steigen.

Zu den umstrittensten Passagen dieses neuen Gesetzes gehört der Absatz zu den neuen Kriterien für die Anordnung von Abschiebungshaft. Als „konkrete Anhaltspunkte“ wird da unter anderem genannt: „der Ausländer täuscht über seine Identität“ und „der Ausländer hat zu seiner unerlaubten Einreise erhebliche Geldbeträge für einen Schleuser aufgewandt“.

Letzteres trifft auf einen Großteil der Asylberber zu, die über das Mittelmeer kommen. Unter ihnen sind viele Syrer und Eritreer, die generell gute Chancen haben, in Europa als Flüchtlinge anerkannt zu werden. Allerdings werden Menschen aus diesen Ländern momentan ohnehin kaum zur Ausreise gezwungen - und zwar auch dann nicht, wenn sie ihren Asylantrag nach den sogenannten Dublin-Regeln eigentlich in einem anderen europäischen Land hätten stellen müssen.

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