
In Mainz wird derzeit allerorten Optimismus verbreitet, wenn es um das größte Fiasko der rheinland-pfälzischen Regierung in den zurückliegenden Jahren geht. Nürburgring. Allein der Name genügte bislang, um Sozialdemokraten die Laune zu verhageln, allen voran Ex-Regierungschef Kurt Beck. Seit 15. Mai steht die "Grüne Hölle", wie der britische Rennfahrer Jackie Stewart die Nordschleife einst ehrfurchtsvoll nannte, nun zum Verkauf, ausgeschrieben von den Insolvenzverwaltern der staatlichen Nürburgring GmbH. Und mit der legendären Strecke ein für 330 Millionen Euro Staatsgeld erbauter Freizeitpark samt Hotels, Feriendorf, Disco, Restaurants und bis heute nicht funktionierender Achterbahn. Diese Bauten hatten dem Nürburgring finanziell das Genick gebrochen.





Nun soll der "Ring" verkauft und damit alles besser werden. Die Insolvenzverwalter Jens Lieser und Thomas Schmidt preisen die "realistische Chance auf einen Neubeginn", mit bereinigter Bilanz und ohne Altlasten, sie sprechen von "unglaublich vielen Chancen für die Region". Für die Politik ist es die Gelegenheit, den langjährigen Verlust- und Verdrussbringer endlich los zu werden und zudem einer Sanktion aus Brüssel zu entgehen. Die EU-Kommission prüft, ob das jahrelange Versenken von öffentlichen Mitteln beihilferechtskonform war. Trotzdem entwickelt sich der Nürburgring von der grünen zur roten Hölle. Renommierte Juristen kritisieren den Verkaufsprozess scharf - und ein schludrig gemachtes Nürburgring-Schutzgesetz führt zu neuen Problemen.
Im Mittelpunkt der Kritik steht dabei, dass die Insolvenzverwalter den Nürburgring zwar mit Zeitungsanzeigen und auf der eigenen Internetseite ausgeschrieben haben, aber keine Angaben dazu machen, nach welchen Kriterien am Ende der Investor ausgewählt wird. Der Berliner Europarechtler Wolfram Krohn von der Kanzlei Orrick sagt dazu: "Ein transparentes Verfahren erfordert ganz klar, dass auch die Entscheidungskriterien bekannt gegeben werden. Und zwar vor Abgabe der Angebote. Sonst ist der Manipulation Tür und Tor geöffnet." In seinen Augen ist der Verkaufsprozess bisher "völlig intransparent". Nach Krohns Einschätzung ist der Nürburgring bisher noch gar nicht ausschreibungsreif. "Man versucht im Grunde, erst einmal zu sondieren und sich alle Optionen offen zu halten. Damit kann man sich am Ende jedes Ergebnis zurechtlegen", sagt Krohn im Interview mit WirtschaftsWoche online.
Die Insolvenzverwalter halten es dagegen für zulässig, keine Kriterien für die Bieterauswahl zu nennen. Jens Lieser sagte bereits bei der Pressekonferenz zu Beginn der Ausschreibung: "Wie eine Entscheidung fällt, das lässt sich jetzt noch gar nicht definieren." Offen ist zum Beispiel, ob die Anlagen im Paket an einen Bieter oder in Einzelteilen an verschiedene verkauft werden. Laut Lieser gelte es, die Angebote abzuwarten und dann die optimale Lösung auszuwählen, die mit der EU-Kommission abgestimmt wird. "Es wird sehr schwierig sein, die Angebote zu vergleichen", sagte Lieser. Ob Einzel- oder Komplettverkauf: "Das Gesamtkonzept muss sich tragen. Wir müssen ein Ergebnis finden, das im Zusammenspiel für alle Einheiten eine wirtschaftlich tragfähige Lösung darstellt."