Neujahrsansprache der Kanzlerin „Die Welt wartet nicht auf uns“

Es war ein schwieriges Jahr für Angela Merkel. In ihrer Neujahrsansprache ruft die Kanzlerin zu mehr Zusammenhalt auf – und verspricht, sich für ein schnelles Ende der Hängepartie bei der Regierungsbildung einzusetzen.

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In ihrer Neujahrsansprache rief die Kanzlerin zu mehr Zusammenhalt auf. Quelle: dpa

Berlin Kanzlerin Angela Merkel dringt auf ein rasches Ende der Hängepartie bei der Regierungsbildung. „Die Welt wartet nicht auf uns“, sagte die CDU-Chefin in ihrer vorab verbreiteten Neujahrsansprache, die an diesem Sonntagabend ausgestrahlt werden soll. Die SPD sieht aber zunächst die Union am Zug: CDU und CSU müssten sich auf die Sozialdemokraten zubewegen, sagte die Vizevorsitzende Manuela Schwesig der Deutschen Presse-Agentur.

Merkel erklärte, die Politiker hätten den Auftrag, sich um die Herausforderungen der Zukunft zu kümmern und die Bedürfnisse aller Bürger im Auge zu haben. „Diesem Auftrag fühle ich mich verpflichtet – auch und gerade bei der Arbeit daran, für Deutschland im neuen Jahr zügig eine stabile Regierung zu bilden.“

Merkel, die seit der Wahl nur noch geschäftsführend als Kanzlerin amtiert, hatte sich über Weihnachten ein paar Tage zurückgezogen und ist nun nach Berlin zurückgekehrt. Mit den Partei- und Fraktionsspitzen von CDU, CSU und SPD trifft sie sich am 3. Januar zu einem weiteren Vorgespräch.

Die Sondierungen in größerer Runde beginnen dann offiziell am 7. Januar und sollen schon am 12. Januar abgeschlossen werden. Am 21. Januar entscheidet dann ein SPD-Parteitag über das weitere Vorgehen. Sollte es danach förmliche Koalitionsverhandlungen geben, bräuchte der ausgehandelte Vertragstext noch die Billigung durch einen SPD-Mitgliederentscheid.

Seehofer sagte der dpa über den Abschluss der Regierungsbildung: „Ostern ist der allerspäteste Zeitpunkt, dann ist Anfang April. Sonst würde ich sagen, wir hätten unsere Hausaufgaben nicht gemacht als Berufspolitiker, wenn man in einer solchen Zeit keine Regierungsbildung zusammenbringt.“

Wenn es bis Ostern nicht klappt, braucht nach Ansicht des früheren CDU-Abgeordneten Wolfgang Bosbach auch nicht mehr weiterverhandelt zu werden. „Wenn sich die potenziellen Koalitionäre nicht bis Ostern geeinigt haben, werden sie es auch bis Pfingsten nicht schaffen. Es sei denn, der Heilige Geist fährt in die Verhandlungsrunde“, sagte er der „Heilbronner Stimme“.

Schwesig bekräftigte, sie sei nach wir vor skeptisch. Denn die SPD habe bei wichtigen Themen wie der Ost-West-Angleichung der Rente oder beim Rückkehrrecht von Teilzeit in Vollzeit erleben müssen, dass die Union Verabredungen nicht eingehalten habe.

Nach dem Scheitern der Jamaika-Verhandlungen sei „die Union jetzt gut beraten, auf die SPD zuzugehen und nicht gleich wieder zu allem Nein zu sagen“, sagte die frühere Familienministerin in Merkels Kabinett und jetzige Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern. Es gelte für die Bevölkerung sichtbar große Themen anzupacken, vor allem in der Bildung, der Pflege und beim Rückkehrrecht von Teilzeit in Vollzeit.

Merkel sagte, es müssten die Voraussetzungen geschaffen werden, dass es Deutschland auch in zehn, fünfzehn Jahren gut gehe. Sie nannte die Sicherung von Arbeitsplätzen, die Schaffung neuer Arbeitsplätze und die Digitalisierung, aber auch die finanzielle Entlastung von Familien, gute Pflege und die Schaffung gleichwertiger Lebensverhältnisse in Stadt und Land. „Und wir werden noch mehr in einen starken Staat investieren müssen, der die Regeln unseres Zusammenlebens verteidigt und für Ihre Sicherheit – für unser aller Sicherheit – sorgt.“

Der Wirtschaftsrat der CDU dringt auf finanzielle Erleichterungen für Bürger und Unternehmen. Angesichts von Rekord-Steuereinnahmen und Haushaltsüberschüssen seien „umfassende steuerliche Entlastungen solide ohne Gegenfinanzierung umzusetzen“, sagte der Generalsekretär des Wirtschaftsrats, Wolfgang Steiger, der dpa. „Insbesondere der Solidaritätszuschlag sollte umgehend und vollständig abgeschafft werden.“

FDP-Chef Christian Lindner sieht Deutschland vor einer „Zeitenwende“. „Besorgen sollte uns vor allem eines: Der Reformgewinn von Gerhard Schröder ist bald verbraucht. Während von den USA bis nach Frankreich die Steuern gesenkt werden, wird bei uns über mehr Belastungen nachgedacht“, sagte er der „Bild am Sonntag“.

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