Norbert Lammerts letzte Bundestagsrede „Hier schlägt das Herz der Demokratie“

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Lammert gilt als unbequem

Der Westfale erinnerte er daran, dass Abgeordnete Vertreter des gesamten Volkes seien, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen seien: „Hier im Deutschen Bundestag schlägt das Herz der Demokratie.“ In den vergangenen Jahren habe der Bundestag seine Kontrollfunktion gegenüber der Regierung nicht ausreichend wahrgenommen. Es entspreche nicht den Mindestansprüchen des Parlaments, dass immer noch die Regierung die Themen für ihre Befragung durch die Abgeordneten vorgebe, sagte Lammert.

Unter Hinweis auf die Asylgesetzgebung in den 1990er Jahren, die Föderalismusreform und die Neuordnung der Bund-Länder-Finanzen kritisierte der CDU-Politiker: „Wir haben (...) uns einen allzu großzügigen Umgang mit unserer Verfassung angewöhnt und sie häufiger und immer umfangreicher regelmäßig auch komplizierter verändert.“

Vor etwa einem Jahr hatte Lammert, der im November 69 Jahre als wird, erklärt, der Abschied aus der aktiven Politik falle ihm nicht leicht. Zuvor war spekuliert worden, dass er Bundespräsident werden könnte als Nachfolger von Joachim Gauck. Er selbst hatte alle Ambitionen zurückgewiesen - teils mit der ihm eigenen Art. Als er zum „Botschafter des Bieres“ gekürt wurde, sagte er im vergangenen Sommer: „Das ist nicht das erste, aber das letzte bedeutende Amt, das ich in meiner politischen Laufbahn freiwillig annehme.“

Lammert gilt als souverän - aber auch als unbequem für die eigenen Reihen. Mehrfach stellte er sich in der Unionsfraktion quer. Lammert, der nach eigener Aussage das Amt gerne und „gelegentlich mit einem gewissen Vergnügen“ ausübte, wurde auch von der Opposition geschätzt. Weil er sich als Präsident aller Abgeordneten gesehen hat - und nicht als verlängerten Arm der Koalition oder der Regierung.

Nun tritt er auch mit persönlichen Worten ab: „Ich empfinde es als Privileg meiner Biografie, neben dem Glück, in einem freien Lande zu leben, meinem Land in dieser prominenten Aufgabe dienen zu können.“ Lammerts Fazit am Ende: „Eine schönere, anspruchsvollere Rolle hätte es für mich nicht geben können.“

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