Norbert Walter-Borjans „Google darf sich nicht durch die Hintertür verkrümeln“

Ex-NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans fordert, das Steuerrecht für Unternehmen EU-weit zu harmonisieren, damit auch große Digitalkonzerne in Deutschland Steuern zahlen. Zudem verteidigt er den Kauf von Steuer-CDs.

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Der ehemalige Finanzminister in Nordrhein-Westfalen ist nicht sicher, ob sein Nachfolger den Aufkauf von Steuer-CDs fortführt. Quelle: dpa

Düsseldorf Sieben Jahre lang war Norbert Walter-Borjans Finanzminister in Nordrhein-Westfalen. Stärker als mit dem Ministerposten ist sein Gesicht mit dem Aufkauf von CDs – vor allem aus der Schweiz – verbunden, mit denen Steuersünder enttarnt werden konnten. Damit hat sich der SPD-Politiker nicht nur Freude gemacht, sondern auch Kritiker auf den Plan gerufen. Auch große Konzerne dürften keinen Freund in Norbert Walter-Borjans sehen. Der ehemalige Minister setzt sich dafür ein, die Unternehmenssteuern EU-weit zu harmonisieren.

„Wir müssen sicherstellen, dass sich Firmen wie Google nicht einfach durch die Hintertür verkrümeln“, sagt er. Trotz ihrer Milliardenumsätze mit Apps, Musik und Videos zahlen US-Unternehmen wie Google bisher kaum Steuern in Europa. Denn die großen Digitalunternehmen wie auch Facebook, Apple und Amazon verschieben die Gewinne ihrer europäischen Töchter geschickt in Länder mit niedrigen Steuersatz – zum Beispiel Luxemburg oder Irland. Deutschland, das eine hohe Körperschaftsteuer verlangt, geht dagegen fast leer aus.

Auch Monate nach seiner Amtszeit hält Walter-Borjans den Kauf der Steuer-Datenträger für den richtigen Weg. Immerhin seien so sieben Milliarden Euro an die Allgemeinheit zurückgeflossen. „Jahrzehntelang konnten sich Steuerhinterzieher in Sicherheit wiegen. Erst durch Whistleblower und CDs ist es gelungen, die Szene zu verunsichern und Licht ins Dunkel zu bringen“, so Norbert Walter-Borjans.

Der ehemalige Finanzminister hat in den sieben Jahren der rot-grünen Koalition insgesamt elf Steuer-CDs erworben – so viele wie in keinem anderen Land. NRW zahlte an die Informanten dafür 19 Millionen Euro. Aus Furcht vor der Steuerfahndung haben sich seit dem Frühjahr 2010 bundesweit rund 120.000 Bürger selbst angezeigt. Laut Walter-Borjans gehen dem Staat durch Steuerhinterziehung und Steuertricks mindestens 160 Milliarden Euro verloren.

Nun macht der Politiker sich allerdings Sorgen, ob seine Politik weitergeführt wird. Zwar hatte sein Nachfolger, Lutz Lienenkämper (CDU) angekündigt, er wolle neue CDs kaufen. „Ihm persönlich nehme ich das ab“, so Walter-Borjans. „Aber ich weiß nicht, ob die FDP den erneuten Kauf von Steuer-CDs so unterstützt“.

Aus FDP-Reihen kam viel Kritik. Die Partei lehnt es ab, Steuer-CDs zu kaufen – weil man damit Kriminellen helfe. „Mafiöse Strukturen werden wir nicht unterstützen“, hatte der stellvertretende Ministerpräsident in Nordrhein-Westfalen, Joachim Stamp (FDP), gesagt. Er wies daraufhin, sich jeden Fall einzeln anzuschauen. Dieses Verhalten findet Walter-Borjans inakzeptabel. „Man muss auch auf bezahlte Informationen aus dem Milieu zurückgreifen, wenn ein krimineller Ring nicht anders zu knacken ist. Bei anderen Straftaten, etwa Drogendelikten, ist es absolut akzeptiert. Der angerichtete Schaden ist milliardenschwer.“

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