Notarkammer-Präsident Bormann „Zu den Spitzenverdienern gehören wir ganz sicher nicht“

Seite 2/2

„Der Notar hat eine stabilisierende und befriedende Funktion“

Welchen Sinn ergibt es, dass die Gebühren nicht etwa nach Zeitaufwand oder Aufwand angelegt sind, sondern nach dem Geschäftswert?
Das hat vor allem soziale Gründe. Würde man die Gebühr am Aufwand ausrichten, würden vor allem die Erwerber von hochpreisigen Immobilien profitieren. Diejenigen, die beim Erwerb einer kleineren Immobilie ohnehin schon an ihre finanziellen Grenzen stoßen, müssten hingegen mit höheren Notarkosten rechnen, um eine gleichwertige Beratung zu erhalten. Das lässt sich nur durch das bestehende System vermeiden, das auf eine Quersubventionierung der Immobiliengeschäfte im unteren Preissegment durch die höherpreisigen Geschäfte hinausläuft.

Geben Sie doch mal ein paar Gebühren-Beispiele.
Ein Hauskauf für 250.000 Euro kostet wie gesagt etwa 1.750 Euro, ein Wohnungskauf für 80.000 Euro etwa 750 Euro. Abhängig von der Höhe der Grundschuld, kommen noch einmal etwa 150 bis 500 Euro hinzu. Ein Testament schlägt bei einem Erbe im Wert von 100.000 Euro mit 270 Euro zu Buche – inklusive jeglicher Beratung wohlgemerkt. Eine Unterschriftsbeglaubigung liegt zwischen 20 und 70 Euro. Diese Beispiele belegen: Wenn es um Lebensentscheidungen, wie den Kauf eines Eigenheims oder um die Umsetzung des letzten Willens geht, ist eine notarielle Beratung preiswert und vor allem jeden Cent wert.

Womit können Notare am meisten verdienen?
Die höchsten Einnahmen gibt es, wie schon erwähnt, im Gesellschaftsrecht. Eine Firmen-Verschmelzung kann bis zu 27.000 Euro kosten, wenn es um eine Bilanzsumme von mehr als zehn Millionen Euro geht. Die Gebühren sind gesetzlich geregelt und jede Kostenrechnung ist kostenfrei überprüfbar. Gebühren-Abzocke gibt es bei uns nicht.

Welche gesellschaftliche Rolle hat der Notar?
Der Notar hat in der Gesellschaft eine stabilisierende und befriedende Funktion, weil er mit seinen Urkunden Rechts- und Beweissicherheit schafft und damit ganz wesentlich zur Streitvermeidung beiträgt. Zudem sorgt er durch die unparteiische Beratung dafür, dass unerfahrene Beteiligte nicht benachteiligt werden, und betreibt damit aktiven Verbraucherschutz.

Themawechsel: Warum haben Notare bei der Geldwäsche in der Vergangenheit so selten Alarm geschlagen?
Notare unterliegen einer strengen Verschwiegenheitspflicht. Das ist auch wichtig, damit unsere Mandanten keine Sorgen haben müssen, uns sensible Informationen zur Verfügung zu stellen. Vor diesem Hintergrund sieht das Gesetz derzeit noch vor, dass wir eine Meldung nur dann abgeben dürfen, wenn wir vom Vorliegen eines Geldwäschefalls positive Kenntnis haben. Das ist so gut wie nie der Fall. Ein bloßer Verdacht reicht nicht aus.

Was tun?
Durch die gerade beschlossenen Änderungen des Geldwäschegesetzes wird die Verschwiegenheitspflicht gelockert. Künftig ist es Notaren daher möglich, in bestimmten, besonders geldwäscheanfälligen Konstellationen Meldungen abzugeben – etwa, wenn intransparente Gesellschaften in Erscheinung treten, bei denen unklar ist, wer eigentlich dahintersteht, oder wenn Beteiligte aus Drittstaaten kommen, bei denen ein besonders hohes Geldwäscherisiko besteht. Die neuen Meldepflichten, die wir Notare seit langem fordern, werden zu deutlich mehr Verdachtsmeldungen der Kollegen führen. Dies wird den deutschen Immobilienmarkt deutlich unattraktiver machen für Geldwäschegeschäfte. Künftig kann und muss der Notar die Beurkundung von Immobilienkaufverträgen jedoch ablehnen, wenn ihm zu beteiligten Gesellschaften keine saubere Dokumentation der Eigentums- und Kontrollstruktur vorgelegt wird. Damit werden Notare künftig für deutlich mehr Transparenz im deutschen Immobilienmarkt sorgen.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%