
Der CSU-Innenexperte Stephan Mayer sieht bei den Ländern keine Versäumnisse im NPD-Verbotsverfahren. Zum Beschluss des Verfassungsgerichts, der Bundesrat solle Karlsruhe Belege liefern, wie viele der bezahlten NPD-Informanten vom Verfassungsschutz abgeschaltet worden seien, sagte Mayer der „Passauer Neuen Presse“ (Dienstag): „Man kann den Ländern beileibe nicht vorwerfen, dass sie ihrer Nachweispflicht nicht in ausreichendem Maße nachkommen.“
Das lange Ringen um ein Verbot der NPD
Die Karlsruher Richter stellen das erste Verbotsverfahren gegen die NPD ein. Grund sind zahlreiche Verbindungsleute (V-Männer) des Verfassungsschutzes in NPD-Führungsgremien. Das Verbot hatten Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat Anfang 2001 unter dem Eindruck zunehmender Gewalt rechtsextremer Täter beantragt.
Eine Hetzjagd von Jugendlichen auf acht Inder in der sächsischen Stadt Mügeln belebt die Debatte um ein NPD-Verbot neu. Der Vorstoß des damaligen SPD-Chefs Kurt Beck, ein neues Verfahren prüfen zu lassen, stößt in anderen Parteien aber auf Skepsis.
Die SPD-Innenminister kommen zu dem Schluss, vor einem NPD-Verbot müssten zunächst nachrichtendienstliche Zugänge „abgeschaltet“ und dann erneut Erkenntnisse über die Partei gesammelt werden. Die Union lehnt einen neuen Anlauf weiter ab.
Die Innenminister der Länder beschließen, wieder systematisch Beweise gegen die rechtsextreme Partei zu sammeln und auf V-Leute in der NPD-Führung zu verzichten.
Die NPD will beim Verfassungsgericht ihre Verfassungstreue prüfen lassen. Ihre Argumentation: Die Partei werde durch die Behauptung, sie sei verfassungswidrig, in ihren Rechten verletzt. Die Richter weisen den Vorstoß im März 2013 ab.
Der Bundesrat beschließt, ein neues Verbotsverfahren einzuleiten. Nur Hessen enthält sich.
Die schwarz-gelbe Bundesregierung verzichtet darauf, sich dem Antrag der Länder anzuschließen. Im April stimmt auch der Bundestag gegen einen eigenen Verbotsantrag.
Die Arbeitsgruppe der Innenministerkonferenz hat die Beweismittel zusammengetragen und den Verbotsantrag fertiggestellt, wie Baden-Württembergs Innenministerium mitteilt.
Der Bundesrat reicht den Verbotsantrag ein.
Die Länder legen vom Verfassungsgericht angeforderte neue Beweise zur Abschaltung von Geheimdienstinformanten vor.
Der Bundesrat reicht weitere Beweisunterlagen ein, die unter anderem belegen sollen, dass die NPD seit 2013 besonders aggressiv gegen Asylbewerber vorgehe.
Das Bundesverfassungsgericht verhandelt ab dem 1. März drei Tage lang über ein Verbot der rechtsextremen NPD. Dabei prüfen die Karlsruher Richter auf Antrag des Bundesrats, ob die rund 5200 Mitglieder starke Partei nach den strengen Maßgaben des Grundgesetzes verfassungswidrig ist.
Dagegen sieht die Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt die Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts als „Alarmsignal“ für ein mögliches Scheitern des NPD-Verbotsverfahrens. Schon das erste Verbotsverfahren sei an der Frage der Abschaltung von V-Leuten gescheitert. „Da werden Erinnerungen wach“, sagte Göring-Eckardt der „Welt“ (Dienstag). „Das bestätigt unsere grundsätzliche Skepsis am NPD-Verbotsverfahren.“
Auch der Grünen-Innenexperte Volker Beck warnte die Länder vor einer nochmaligen Niederlage. Er sei froh, „dass der Bundestag mehrheitlich der Versuchung widerstanden hat, sich an dem Verfahren zu beteiligen.“ Das Scheitern des ersten NPD-Verbotsverfahrens 2003 sei eine der größten Niederlagen der Politik gewesen. „Deshalb habe ich stets vor einem weiteren Himmelfahrtskommando gewarnt, in dem wieder aus Eile Hektik wird und die juristische Prüfung einer politischen Willensbekundung weicht“, meinte Beck.
Die Innenminister der Länder sehen weiterhin keine Probleme mit Informanten. Die Verfassungsschutzbehörden hätten die V-Leute in den Führungsgremien vor dem aktuellen Verfahren abgeschaltet, sagte der rheinland-pfälzische Minister Roger Lewentz (SPD) als Vorsitzender der Innenminister-Konferenz.
Nach dem am Montag veröffentlichten Beschluss des Karlsruher Gerichts sollen die Länder „darstellen und in geeigneter Weise belegen“, wie viele der bezahlten Informanten vom Verfassungsschutz abgeschaltet wurden und wie das ablief. Zugleich soll der Bundesrat darlegen, wie er sichergestellt hat, dass in dem Verbotsantrag keine Geheimdienstinformationen über die Prozessstrategie der Rechtsextremisten verwertet wurden.