Bislang gebührt der Ehrentitel „Mutti“ im politischen Sprachgebrauch einer Frau, die keine Kinder hat. Wer in der Union über Kanzlerin Angela Merkel frotzelt, der arbeitet sich verbal am Feindbild „Mutti“ ab. Und wie bei allen pickelig-pubertierenden Sprösslingen schwingt auch bei diesen Abgrenzungsversuchen immer ein Hauch Respekt mit. Am Ende weiß Mama doch immer, wo es lang geht. Schon wegen ihrer Pragmatik und Intuition. Drum hüte sich, wer Mutti unterschätzt.
Norbert Röttgen kann ein Lied singen. Zum zweiten Mal gibt es nun eine politische Super-Mutti – pragmatisch, lebenserfahren, menschennah - der er wohl nicht das Wasser reichen kann. Ausgerechnet am Muttertag kann sich Hannelore Kraft - glaubt man den Umfragen - als alte und neue Ministerpräsidentin des Landes Nordrhein-Westfalen feiern lassen. Welch Ironie des Wahltermins.
Die Sache mit der Intuition hat Norbert Röttgen nicht ernst genug genommen. Gegen die stets um ihr wärmelndes Image bemühte SPD-Landesmutter und ihren selbsterklärten „Kümmer-Wahlkampf“ fand der CDU-Mann mit dem Streberimage im gesamten Wahlkampf kein Rezept. Da mochte er sich noch so sehr über die Kandidatin und ihre inhaltlichen Schwächen mokieren, da mochte er noch so häufig auf die eigene Wirtschaftskompetenz verweisen (an die viele Unternehmer nach der übereilten Energiewende der Union ohnehin nicht mehr glauben). Kraft konnte an dieser Stelle kontern, dass sie selbst Wirtschaft studiert und später als Unternehmensberaterin gearbeitet hat. Allerdings kommt es auf die Ökonomie in der Wählergunst längst nicht mehr an. Am Ende zählt das landesmütterliche Image. Man mag das kurzsichtig finden. Es bleibt menschlich.
"Schuldenkönigin" mit "vorsorgender Sozialpolitik"
Tatsächlich ist die Erfolgsbilanz Hannelore Krafts beim Blick auf die Zahlen eher bescheiden. Von einem strikten Sparkurs hält sie wenig, die CDU nennt die SPD-Politikerin daher die „Schuldenkönigin“. Kraft argumentiert, wer heute in Bildung investiere, könne morgen viele Sozialausgaben sparen. Diese „vorsorgende Sozialpolitik“ passt zum Landesmutterimage. 2011 konnte Rot-Grün die Neuverschuldung zwar von fünf auf 3,2 Milliarden Euro senken. Nach einer Studie des Wirtschaftsforschungsinstitutes RWI geht das aber vor allem auf die sprudelnden Steuereinnahmen zurück. In diesem Jahr soll es noch mehr neue Schulden geben.
Auch eine andere Flanke bleibt: Die Energiewende trifft kein Bundesland so sehr wie Nordrhein-Westfalen mit seinen Kohlekraftwerken, seinen Aluminium- oder Stahlhütten. Allerdings hat die Ministerpräsidentin die Strompreise und die Umsetzung der Energiewende im Wahlkampf nicht zum wichtigsten Thema erkoren. Sie konzentrierte sich lieber auf Themen wie den Ausbau der Kinderbetreuung oder die Finanzlage der Kommunen. Auf Themen also, die den von Hannelore Kraft offensiv umworbenen „kleinen Leuten“ erst einmal näher liegen.
Zugute halten muss man der Ministerpräsidentin, dass am Ende ihrer ersten, verkürzten Amtszeit alles nicht so schlimm kam, wie man das am Anfang vermutet hatte. Hannelore Kraft, die anfangs bei öffentlichen Auftritten noch unsicher wirkte, gefällt sich nun sichtlich in der Rolle der Landespräsidentin. Sogar die Minderheitsregierung, in der sie bei jeder Abstimmung immer wieder um Stimmen von FDP oder Linken buhlen musste, gereichte ihr in der Wählergunst zum Vorteil. Sie konnte ihren eigenen präsidialen Stil ausbilden – jenes pragmatische Agieren nach Lage der Dinge, das man auch von Angela Merkel kennt. Und sind die nüchterne Bundeskanzlerin mit ihrem trockenen Humor und die plakativ fröhliche Kraft mit ihrem Ruhrgebiets-Charme doch auf den ersten Blick sehr unterschiedliche Frauentypen, so ähneln sie sich doch in ihrer Ideologieferne.
In der SPD traut man Hannelore Kraft am Ende vieles zu. Schon auf dem Bundesparteitag Anfang Dezember hatte Hannelore Kraft bei der Wahl zur Parteivizin mit 97,2 Prozent ein beinahe sozialistisches Ergebnis abgeräumt. Sigmar Gabriel hatte damals gerufen, „wir wollen zeigen, wen und was wir haben“. In der SPD gäbe es schließlich nicht nur drei männliche potenzielle Kanzlerkandidaten, sondern auch „viele tolle Frauen“. Allen voran „die Hannelore“.
Kraft könnte es mit "Mutti" aufnehmen
So buhlte Gabriel vor seiner Wiederwahl um die Stimmen des mitgliederstärksten Blockes aus Nordrhein-Westfalen. Gleichzeitig stand er unter dem Druck der Frauen, die murrten, die Partei der Gleichberechtigung und Quotenkämpferinnen könne ja wohl nicht ernsthaft mit einem rein männlichen Trio in den Wahlkampf ziehen. Auch Hannelore Kraft könne es mit Mutti aufnehmen. Das glauben inzwischen auch manche Herren in der Sozialdemokratie. Hannelore Kraft selbst hat allerdings mehrfach versichert, dass sie unbedingt in Nordrhein-Westfalen bleiben wolle - als Ministerpräsidentin.
Ob eine Koalition mit den Grünen zur nötigen Mehrheit im Parlament reicht, ist allerdings mehr als fraglich. Sollten FDP und die Piraten - wonach es aussieht - in den Landtag einziehen, wird Kraft in ein Dreierbündnis mit den Grünen und der FDP von Christian Lindner - oder in eine Große Koalition mit der Röttgen-CDU getrieben. Zwei Männer, die vor zwei Jahren in Bestform waren.
Es war die Zeit, in der der erste hauptamtliche Steuersenkungsminister der Republik (Guido Westerwelle) im tüchtigsten aller Euro-Länder Dekadenz-Alarm schlug und ein promovierter Minister für Armeemarketing (Karl-Theodor zu Guttenberg), begleitet vom Kulissendonner medialer Bereitschaftstruppen, zur Frühoffensive auf das Kanzlerinnen-Erbe blies.
Norbert Röttgen und Christian Lindner müssen sich damals gewunden haben vor politischer Fremdschämerei, beleidigter Intelligenz und verletzter Eitelkeit. Wenn Angela Merkel, die moderat Moderierende mit dem gelegentlichen Mangel an Gestaltungswillen, dereinst nicht mehr Deutschland-Chefin sein werde… – wer, wenn nicht sie, die jungen Männer mit dem Sinn fürs Große und Grundsätzliche, die klügsten, ehrgeizigsten und rhetorisch versiertesten Megatalente ihrer Parteien (eine Mischung aus Fremd- und Selbsteinschätzung), seien dann berufen, das Beste zu verkörpern, was Union und FDP zu bieten haben?
Keine Lust auf die Provinz
Also setzten sich Röttgen und Lindner zusammen, um so etwas wie „Unser Song für Berlin 2017“ zu schreiben. Heraus kam ein interessanter Remix christliberaler Kernsätze, eine ökologisch korrekte Neuabmischung von Alfred-Müller-Armack-Melodien und Friedrich-August-von-Hayek-Hits, kontrastreich eingebettet in den düsteren Sound von Finanzkrise und Klimawandel, zeitgemäß durchpulst vom Beat der Globalisierung.
Von einem aufgeklärten Wachstumsbegriff war in dem Aufsatz die Rede und von Umweltgütern, die einen Preis haben müssen, vom „Ordnungsbedürfnis“ der Finanzmärkte und einer Freiheit, die nicht nur durch das Freiheitsrecht des Nächsten begrenzt sei, sondern auch durch das Freiheitsrecht der Fernsten (etwa in Afrika) und Noch-nicht-Geborenen (der Enkelkinder).
Abschied vom Bastardliberalismus
Röttgen und Lindner nahmen damals Abschied vom hedonistischen Bastardliberalismus der Hier-und-jetzt-Erfolgreichen, um bürgerliche Grundanliegen wie Langfristigkeit, Anstand und Pflichtgefühl zu rekultivieren. Sie pochten auf Wettbewerb, Staatsferne und Machtdiffusion und auf einen schlanken Staat, der für Ordnung sorgt. Sie entsagten dem Fetisch des Bruttosozialprodukts und verwarfen den Geldismus der Finanzindustrie.
Sie beklagten die „Exzesse“ der Märkte und verknüpften den Begriff der Freiheit wieder mit dem Begriff der Verantwortung: für eine schuldenfreie Zukunft, eine saubere Umwelt und die Bewahrung der Schöpfung. Soziale Marktwirtschaft reloaded. Röttgen und Lindner – das war vor zwei Jahren auch deshalb die schönste Zukunft von Schwarz-Gelb, weil sie ein bisschen grün und katholisch war.
Heute ist diese Zukunft ferner denn je. Als Spitzenkandidaten ihrer Parteien traten Röttgen und Lindner in diesen Tagen nicht mit-, sondern gegeneinander auf. Sie kämpfen nicht um den Einzug in den Berliner Olymp, sondern sie geben vor, Einzug in den Düsseldorfer Landtag halten zu wollen.
"Currywurst ist SPD" - mehr braucht es nicht
Sie stolzieren nicht über die Höhenzüge der Theorie, um das Weltklima oder den Liberalismus zu retten, sondern sie stehen sich in lipperländischen Ratsstuben die Beine in den Bauch, um sich über Ortsumgehungen unterrichten zu lassen.
Das Einzige, was die beiden dabei eint, ist, dass sie genau darauf keine Lust haben. Röttgen und Lindner haben nie aufgehört, sich als Leitwölfe ihrer Parteien mit einem republikweiten Radius zu verstehen. Und eben das ist ihr Problem. Hannelore Kraft (SPD) muss nichts sein als da sein in NRW: „Currywurst ist SPD“, heißt es auf einem ihrer Plakate – mehr braucht es nicht zum Sieg.
Norbert Röttgen hat sich mit dem CDU-Vorsitz in NRW vor zwei Jahren eine Machtbasis für Berlin gesichert, nicht mehr und nicht weniger – landespolitische Ambitionen unterhalb des Ministerpräsidentenamtes sind ihm fremd.
Von der Gruppe geachtet und gefürchtet
Und Christian Lindner nutzt den Provinz-Wahlkampf nicht nur für sein persönliches Comeback, sondern auch als Bühne für eine Redefinition liberaler Politik, die sich vor allem als Anti-Politik zu allem versteht, wofür der Parteivorsitzende Philipp Rösler eintritt.
Und so zogen Röttgen und Lindner in den vergangenen Wochen ein wenig wie zwei glücklos verirrte Herdentiere durch die Provinz, die von ihrer Gruppe geachtet und gefürchtet, teils abgewiesen, teils umworben werden – und die ihren labilen Anspruch auf Führung mühsam aufrechterhalten, indem sie Nähe und Distanz zugleich suchen: zu sich selbst, zu ihren Parteien und zu ihren Wählern – wenn das mal gut geht.
Röttgen hat das Kunststück fertig gebracht, seine geringen Chancen auf einen Sieg am 13. Mai in verschwindend geringe zu verwandeln.
Weil er nicht nur die außergewöhnliche Gabe besitzt, sich im hellen Licht einer allumfassenden Weisheit erscheinen zu lassen, sondern auch das Selbstbewusstsein, sich dauernd in ihrem Besitz zu wähnen, hat er gleich am ersten Tag des Wahlkampfes durchblicken lassen, dass oppositionelle Arbeit in Düsseldorf einem Mann seines Formats nicht zumutbar sei.
"Wahlentscheidend ist das nicht"
Damit nicht genug, ließ er sich in einem Wahlkreis (Bonn I) aufstellen, der für ihn die größtmögliche Gewähr bietet, nicht in den Landtag gewählt zu werden. Röttgen selbst meint, dass seine Weigerung, sich als passionierter NRW-Politiker zu camouflieren, wenn nicht wirkungslos, so doch letztlich irrelevant sei: „Wahlentscheidend ist das nicht.“
Stattdessen hofft er, dass die Bürger seinen Machtwillen erkennen und seine Durchsetzungskraft honorieren: Sein Sieg bei den Diadochenkämpfen der NRW-CDU nach dem Rückzug von Jürgen Rüttgers (2010), sein sturgrüner Eigensinn in Atom- und Energiefragen (2011), zuletzt der große Zuspruch der CDU bei der Wahl zum Spitzenkandidaten – „ich spiele nicht auf Platz“, sagt Röttgen, „sondern immer auf Sieg“.
Er habe sich geweigert, über den Fall einer Niederlage zu diskutieren, „weil die Bedingung des Gewinnens das Gewinnen-Wollen“ ist – und tatsächlich: Hannelore Kraft (SPD), Sylvia Löhrmann (Grüne) oder Christian Lindner werden im Gegensatz zu Röttgen kaum je danach gefragt, was sie zu tun gedenken, sollten sie ihre politischen Ziele verfehlen.
Warum eigentlich nicht? Warum ist Röttgen seit Wochen als Polit-Egomane verschrien, über dessen absehbaren Karriereknick sie sich in der CDU die Hände reiben, während Lindner als potenzieller Heilsbringer seiner Partei gejazzt wird – und nicht umgekehrt?
Es gehört zu den traurigsten Kapiteln dieses Wahlkampfes, dass die Medien ihn jenseits aller sachpolitischen Argumente vorentschieden haben, weil sie allein Röttgen unter Bekenntniszwang gesetzt haben. Bis heute weiß niemand, ob Hannelore Kraft im Falle einer Niederlage die Oppositionsbank drücken würde.
Liberale Gralswelt
Aber jeder weiß täglich fünfmal aufs Neue, dass Röttgen es bestimmt nicht tun wird. Das ist der Unterschied. Als „Mann, der sich nicht traut“ (Bild), hatte Röttgen von Anfang an keine Chance, in die politische Offensive zu kommen.
Christian Lindner hingegen – was für ein medialer Beifallsorkan! Kein Landespolitiker ist in den Medien je präsenter gewesen; keinem Comeback-Politiker wurde je mehr wohlwollende Aufmerksamkeit entgegengebracht. Ob Lindner oder seine Politik so viel Interesse verdienen?
Das ist, fragt man Lindner, „offenbar der Fall“ – aus seiner Sicht aber vor allem unwichtig, solange das Interesse Interesse weckt und eine Interessendynamik in Gang setzt, die sich bis zum Wahltag selbst potenziert. Der Fünf-Prozent-Lindner, das ist ein offenes Marktforschungsexperiment: An ihm erproben die Medien ihre Fähigkeit zur Trendsetzung.
Lindner kommt gerade recht
Nachdem sie monatelang auf die FDP eingedroschen haben, kommt ihnen Lindner gerade recht, um durch ihn und mit ihm und an ihm mal wieder einen liberalen Gedanken zu riskieren.
Umgekehrt eröffnet dieses Experiment Lindner überhaupt erst die Möglichkeit zum politischen Laborversuch. Der 33-Jährige stilisiert sich zu einer Art Polit-Parsifal, der nach seiner Demission als FDP-General zur politischen Wiederauferstehung genötigt wurde, um die liberale Gralswelt von der Westerwelle- und Rösler-Tyrannei zu erlösen.
Er möchte die FDP nicht als Partei zeigen, „wie sie ist“, sagt Lindner, „sondern als das, was sie sein könnte“.
Die altindustrielle Wachstumsrhetorik Röslers, dessen Neigung, die Finanzindustrie mit Samthandschuhen anzufassen, das sachlich gebotene Statuieren eines ordnungspolitischen Exempels ausgerechnet an den Schwächsten (Schlecker-Mitarbeiter) bei gleichzeitigem Eintreten für ordnungspolitischen Unsinn (Erhöhung der Pendlerpauschale) – für Christian Lindner ist das alles: planloses Verbauen von liberalem Gesinnungsbeton.
Es fällt ihm schwer, es nicht ganz so harsch auszudrücken. Vorsichtshalber sagt er: „Nichts. Ich bin kein Generalsekretär. Ich muss nicht mehr alles kommentieren, was in Berlin erzählt wird.“
Rhetorischer Charmeur
Lindner ist in diesen Tagen weniger Frei-, vielmehr befreiter Demokrat. Wenn es nach ihm gegangen wäre, hätte die FDP sich schon vor zwei Jahren vom Steuersenkungsprimat verabschiedet und die Diskussion über Lohnuntergrenzen freigegeben.
Stattdessen musste er – ganz linientreu – die Unentschiedenheit des Außenministers in der Libyen-Frage als kriegsentscheidenden Beitrag Deutschlands zur Nato-Offensive verkaufen. Damals, sagt Lindner, sei er fix und fertig gewesen: „Das konnte ich einfach nicht mehr erklären.“
Sieben Jahre voraus
Freilich, was genau man sich unter dem Liberalismus der Zukunft vorzustellen habe, kann Lindner auch nicht erklären. Oder besser: Das erklärt er jedem auf verschiedene Weise. Es ist Lindners größtes politisches Kapital: das Vermögen, seine Überzeugungen zu nuancieren, sie zeitgemäß abzuschatten, ihnen einen Klang beizumischen, der der Hörerschaft gefällt. Lindner ist ein rhetorischer Charmeur.
Er sagt Bankern nichts anderes als Occupy-Bewegten. Aber er sagt es anders. Lindner ist ein Meister der Modulation. Er ist beseelt von der Grundmelodie der individuellen Freiheit – und spielt sie seinen Zuhörern immer in der Tonart vor, die gerade verlangt wird.
Vielleicht ist es das, was Lindner Röttgen voraus hat: Lindner vertritt einen Sachverhalt verschieden. Röttgen vertritt jeden Sachverhalt entschieden. Röttgen bewegt immer Meilensteine, heute diese, morgen jene, Hauptsache: Meilensteine.
Wenn die CDU eine Partei ist, die in zentralen gesellschaftspolitischen Fragen (Ökologie, Atom, Schule, Frauen) zehn Jahre hinter der Avantgarde herläuft, dann weiß sich Röttgen ihr sieben Jahre voraus. Und Angela Merkel, ihm zwei Jahre hinterher, schätzt ihn eben dafür: Röttgen ist so etwas wie ihr persönlicher Eisbrecher.
Doch Merkels Protektion und Röttgens intellektueller Schneid haben ihren Preis: Wer auf alles eine bessere Antwort weiß und sich voller Ungeduld für jeden Posten empfiehlt – um den wird es leicht einsam.
Sparen ist kein Meilenstein
Norbert Röttgen fühlt sich zum Kanzler berufen – und gewiss, ja: Man traut es ihm zu. Vor allem deshalb reicht es für ihn nicht zum Ministerpräsidenten. Sein Wahlkampf war halbherzig, taktisch, volksfern, seltsam unbeteiligt: pro Pendlerpauschale, contra Studiengebühren – früher klang auch das mal anders.
Eine Politik aus der Sicht der Kinder will er machen, das ist sein Thema: keine Schulden mehr und ökologische Nachhaltigkeit. Aber woran er sparen will in NRW, das sagt Röttgen nicht. Warum auch? Sparen ist eine Selbstverständlichkeit, kein Meilenstein. Und so etwas bewegt Norbert Röttgen nicht. Anders als die rote Ministerpräsidentin Hannelore Kraft.