
Die Rollen in diesem nordrhein-westfälischen Rhetorik-Spiel, das sich Wahlkampf nennt, waren eigentlich klar verteilt. Hannelore Kraft (SPD), amtierende Ministerpräsidentin und Landesmutter wider Willen, gibt die volksnahe Macherin. Wenig konkretes, viele warme Worte.
CDU-Kandidat Norbert Röttgen, Bundesumweltminister und Erfinder der konservativen Energiewende, betreibt Politik als wissenschaftliche Analyse. Viele Zahlen, kein Charisma.
Als die beiden Kandidaten am Montag zum ersten und einzigen Mal direkt aufeinandertreffen, ist diese Verteilung sofort hinfällig. "Ich finde es gut, dass wir da gleich ein Thema haben, wo die Unterschiede klar werden", sagt Röttgen gleich zu Beginn.
Eine Stunde war angesetzt für das Duell der Kandidaten, der WDR hatte eine ganze Industriehalle in Köln-Ehrenfeld leergeräumt und die beiden in der Mitte der bunt illuminierten Backsteinwelt positioniert. Es hätte den Platz nicht gebraucht, Kraft und Röttgen suchen die direkte Konfrontation. Sie kommen sich näher, anstatt zurückzuweichen.
Bloß kein persönliches Statement
Von Beginn an verweigert Hannelore Kraft die präsidiale Rolle, mit der sie bisher so entspannt durch den Wahlkampf gekommen ist. Stattdessen pariert sie Röttgens Angriffe, zwar mit ruhiger Stimme, doch scharf im Ton. Den Kandidaten bringt das von Beginn offensichtlich aus dem Konzept.
Vier Themen sind es, die diesen Wahlkampf ausmachen könnten, wenn er inhaltlich geführt würde, und diese vier stehen auch beim Duell auf dem Programm. Die Debatte beginnt mit der Kinderbetreuung. Röttgen muss das Betreuungsgeld verteidigen, auch wenn es ihm sichtlich unangenehm ist.
Bei der Nachfrage, wie denn seine persönliche Position in dieser Sache sei, kommt er ins Schwimmen: "Die Sache ist ja noch nicht entschieden", lenkt er ab. Und außerdem "ist das ein Bundesthema, wir sind hier ja im Land". Bloß kein persönliches Statement, auf das man ihn später festnageln könnte.
Es folgen Politikfelder, auf denen der Wahlkampf vor allem deshalb nicht vorankommt, weil sich die Positionen der beiden gleichen und nur die Fakten umstritten sind. Kita-Ausbau: Kraft sagt, ihre Vorgänger hätten "blockiert wo es geht, um kein eigenes Geld aufwenden zu müssen", Röttgen verweist darauf, dass "NRW im Ländervergleich Letzter ist". Doch im Ziel sind sich beide einig, es sollen mehr Plätze werden, und zwar zügig.