Obergrenze Der große Stolperstein für Jamaika

In der Frage, wie viele Flüchtlinge in Deutschland aufgenommen werden dürfen, gibt es in den Parteien unvereinbare Positionen. Die CSU will nicht von der Obergrenze abrücken. Lösen muss das Problem Angela Merkel.

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Im Wahlkampf hatte sich die CSU von ihrer Obergrenzen-Forderung nicht abbringen lassen. Quelle: dpa

Noch ist der Weg zu einem Jamaika-Bündnis weit, aber welcher Punkt bei den Koalitionsverhandlungen der entscheidende sein wird, das ist jetzt schon klar: Die CSU beharrt darauf, dass in der Bundesrepublik eine Obergrenze eingeführt wird: Nach einer bestimmten Anzahl an eingereisten Flüchtlingen soll das Grundrecht auf Asyl ausgesetzt und Schutzsuchende an der Grenze abgewiesen werden.

CSU-Chef Horst Seehofer hat schon oft und mit vielen Szenarien gedroht, wenn die CDU die Forderung nicht übernehme. Auch vor dem Wahlkampf wollte er erzwingen, dass das Wort in das gemeinsame Wahlprogramm von CDU und CSU aufgenommen wird. Schließlich gab er sich aber mit einer viel weicheren Formulierung zufrieden: „Wir wollen, dass die Zahl der Flüchtlinge, die zu uns kommen, dauerhaft niedrig bleibt“, hieß es im Programm.

Nun weist er aber auf den „Bayernplan“ hin, in dem die CSU ihre abweichenden Positionen für den Wahlkampf zusammengetragen hatte:  „Wir werden bestehen auf den Dingen, die wir der Bevölkerung versprochen haben in unserem Bayernplan“, sagte Seehofer nach der Wahl auf die Frage nach einer Obergrenze. Dort heißt es: „Für Ordnung und Begrenzung bei der Zuwanderung ist eine Obergrenze unabdingbar.“ Der Begriff findet sich auch als „Ordnungsgarantie“ in der Einleitung mit dem Hinweis: „Wir garantieren den Menschen in unserem Land, dass wir diese Punkte bei einer unionsgeführten Bundesregierung im nächsten Regierungsvertrag verankern werden.“

Dass die CSU das Thema nicht stillschweigend beerdigt – wie schon mehrfach geschehen – hängt mit der Landtagswahl in Bayern zusammen, die in etwa einem Jahr stattfinden wird. Die CSU hat eine absolute Mehrheit zu verteidigen und meint, deswegen im Bund nicht zu schwach wirken zu dürfen. Die CSU bekam bei der Bundestagswahl in Bayern 39 Prozent der Stimmen – ein Verlust von gut 10 Prozentpunkten. Auch Seehofer will nicht schwach wirken. In seinem Rücken lauern schon diverse Parteifreunde, die seine Ämter gerne übernehmen würden. Erste Rücktrittsforderungen gibt es auch schon. Bei der heutigen Sitzung der bayerischen Landtagsfraktion versucht die Parteispitze, die Debatte im Zaum zu halten.

Was bedeutet das nun für die wahrscheinlich anstehenden Koalitionsverhandlungen? CDU und Grüne sind ganz klar gegen eine Obergrenze. CDU-Chefin Angela Merkel hat das immer wieder klar gemacht. Grünen-Chefin Simone Peter betonte: „In einer Koalition mit uns wird es ebenso wie bei CDU und FDP keine Obergrenze für Flüchtlinge geben. Darauf muss sich die CSU einstellen, wenn sie ernsthaft Jamaika sondieren möchte.“ Auch FDP-Präsidiumsmitglied Michael Theurer sagte, es werde mit der FDP keine Obergrenze geben.

Dennoch dürfte das Thema die Koalitionsverhandlungen, die möglichst nach der Niedersachsenwahl am 15. Oktober beginnen sollen, nicht besonders belasten. Denn in CDU und CSU ist man sich immerhin einig, dass man mit einer gemeinsamen Strategie und einem gemeinsamen Verhandlungsteam in Koalitionsverhandlungen treten möchte. Das bedeutet: Auch in der Obergrenzen-Frage muss zwischen beiden Unionsparteien vorab Einigkeit hergestellt werden. Die Arbeit, die CSU von ihrem Baum herunterzuholen, kommt also ausschließlich auf die CDU zu.

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