OECD-Migrationsbericht Asylbewerber – die größte Chance ist Schweden

Der Migrationsbericht der OECD belegt, was viele schon wussten: Es kommen so viele Flüchtlinge nach Europa wie noch nie – allen voran nach Deutschland. Doch beim Bleiberecht sind andere viel großzügiger als Berlin.

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Die syrische Stadt Homs ist fast vollständig zerstört. Quelle: AFP

Düsseldorf Die reichsten Länder der Welt ziehen seit 2010 jedes Jahr mehr Menschen an, die vor Krieg, Armut oder Hunger fliehen. So auch 2015. In dem Jahr wanderten laut Bericht der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit (OECD) 4,8 Millionen Menschen in die 35 OECD-Länder ein. Im Vorjahr waren es noch rund zehn Prozent weniger.

Grund dafür sind steigende Asylzahlen, der Krieg in Syrien und der Terror des Islamischen Staat (IS) vertreibt Millionen Menschen aus ihrer Heimat. „2015 verbuchten die OECD-Staaten so wie viele Asylbewerber wie seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr“, lautet das Fazit des jährlichen OECD-Migrationsberichtes, der am Montag erschienen ist.

Der Bericht bestätigt, was eigentlich schon längst bekannt ist: Die Industrienationen nahmen im vergangen Jahr so viele Flüchtlinge wie noch nie auf. Im Epizentrum des Flüchtlingsstroms steht die EU, allen voran Deutschland. Von den 1,3 Millionen Asylsuchenden in Europa stellten ein Drittel ihren Asylantrag in Deutschland, zwischen Mai 2015 und April 2016 allein 573.360. Zum Vergleich: In der Slowakei beantragten 192 Flüchtlinge Asyl, in Estland waren es gerade mal 97.

Dass so viele Flüchtlinge nach Deutschland kamen, liegt zum einen daran, dass Deutschland auch in der OECD eines der reichsten Länder ist. Zum anderen ist die Chance hier bleiben zu dürfen für Asylsuchende im Durchschnitt höher, als in den anderen EU Staaten, so das Ergebnis des OECD-Berichtes: 56 Prozent aller Menschen, die in Deutschland einen Asylantrag stellten, durften hier bleiben. Im Nachbarland Frankreich beispielsweise waren es nur ein Viertel aller Asylantragssteller, in Polen bekamen nur 18 Prozent aller Flüchtlinge Asyl. EU-weit liegt der Schnitt bei 51 Prozent.


Die Vorschläge der OECD

In absoluten Zahlen wurden in Deutschland zwar die meisten Asylanträge gestellt. Doch in der Kategorie „Flüchtling pro Einwohner“ liegt Schweden auf Platz eins. Auch die Schutzquoten liegen hier höher: 72 Prozent aller Asylantragssteller in Schweden bekamen auch Asyl. In den Niederlanden waren es 80 Prozent und in Dänemark sogar 81 Prozent aller Flüchtlinge. In Deutschland waren es nur 56 Prozent.

Während die einen sehr viele aufnehmen, lehnen die anderen fast alle Flüchtlinge ab – der Bericht der OECD offenbart ein grundlegendes Problem in der EU und belegt es mit Zahlen: Während Deutschland und Schweden 2015 sehr viele Flüchtlinge aufnahmen, schickten die Länder an der Balkanroute die Flüchtlinge fast ausnahmslos weiter, ohne welche aufzunehmen.

Die Industrienationen müssten ihr Vorgehen koordinieren und alternative Migrationsmöglichkeiten schaffen, sagen die Herausgeber der Studie. Als Vorschlag nennt die OECD etwa Arbeitsmigration, Studentenprogramme oder humanitäre Visamöglichkeiten. Ob Studentenprogramme und Arbeitsmigration jedoch realistische Alternativen für Syrer sind, die vor einem Bürgerkrieg fliehen, der möglicherweise noch über Jahre in ihrer Heimat tobt, ist fraglich.

Ob mit oder ohne Studentenaustausch – die Menschen werden weiter aus Syrien fliehen, solange der Krieg weiter tobt. Zwar ist die Balkanroute geschlossen und die Türkei nimmt Flüchtlinge aus Griechenland zurück. Doch den Rückgang der Flüchtlingszahlen wird sich erst in der OECD-Statistik für 2016 zeigen.

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