OECD-Prognose für Deutschland Starkes Wachstum, doch die Löhne steigen kaum

Die OECD sagt voraus: Deutschlands Wirtschaft wird in diesem Jahr und 2018 kräftig wachsen – dank steigender Exporte. Allerdings machen die Löhne keine großen Sprünge. Der private Konsum kommt daher nicht in Schwung.

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Die OECD rechnet trotz anhaltender Risiken auch für die Jahre 2016 und 2017 mit einem stabilen Wirtschaftswachstum in Deutschland. Quelle: dpa

Frankfurt Die Industrieländerorganisation OECD hat ihre Wachstumsprognose für Deutschland noch einmal angehoben. In ihrem halbjährlichen Wirtschaftsausblick sagt sie für 2017 und 2018 jeweils zwei Prozent Wachstum voraus, nach 1,7 Prozent im letzten Jahr. Im Herbst hatte die OECD  jeweils nur 1,7 Prozent vorausgesagt.

Grund für die Aufwärtsrevision ist vor allem ein größerer Optimismus für das Exportgeschäft, dem mit über vier Prozent 2017 ein deutlich stärkeres starkes Wachstum zugetraut wird als 2016. Auch die Ausrüstungsinvestitionen der Unternehmen sollen mit 2,5 Prozent deutlich stärker wachsen als im Herbst angenommen. Dagegen hat die Industrieländerorganisation ihre Erwartungen für den privaten Verbrauch deutlich auf plus 1,3 Prozent in diesem und 1,4 Prozent im nächsten Jahr zurückgenommen.

Damit bleibt nach der Prognose der OECD das deutsche Wachstum weiterhin vor allem exportgetrieben, ein Umstand, der im Verhältnis zur Trump-Regierung in den USA bereits für beträchtliche Spannungen gesorgt hat. Deutschland hatte 2016 einen Leistungsbilanzüberschuss von 8,3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Dieser Überschuss von Exporten und Kapitaleinkünften über Importe und ans Ausland gezahlte Kapitalvergütungen ist Donald Trump ein Dorn im Auge, denn die USA haben demgegenüber ein hohes Defizit. Trump sieht das als Folge unfairer Konkurrenz und hat Gegenmaßnahmen angedroht.

Die OECD bemüht sich in ihrer Analyse erkennbar, kein zusätzliches Öl ins Feuer zu gießen. In einem Sonderkapitel zur Globalisierung betonen die OECD-Ökonomen deren Vorteile und warnen, erkennbar an die US-Regierung gerichtet, dass protektionistische Maßnahmen wahrscheinlich nur zu Vergeltungsmaßnahmen führen würden und Handelsbilanzdefizite sich dadurch nicht abbauen lassen. Stattdessen würde lediglich das Wirtschaftswachstum überall leiden.

Nicht nur auf Deutschland bezogen beklagt die OECD, dass die Löhne im Verhältnis zur Produktivität zu langsam stiegen, mit ungünstigen Konsequenzen für die Wirtschaftsentwicklung und die Einkommensverteilung. „Produktivität und Reallöhne entwickeln sich auseinander, sodass sich zwar die Arbeitsmarktaussichten verbessern, aber die Grundlagen für robusten Konsum und breit verteilte Wohlstandsgewinne weniger offensichtlich sind“, schreiben die OECD-Ökonomen.

Für Deutschland ist das besonders ausgeprägt. Hier diagnostizieren sie eine Arbeitslosenquote auf oder unter dem nachhaltig durchhaltbaren Niveau und erwarten trotzdem nur eine minimale Beschleunigung des Lohnwachstums auf zweieinhalb Prozent. In Deutschland und den Niederlanden würde die Förderung der privaten Investitionen und die Lockerung der finanzpolitischen Zügel dazu beitragen, den hohen Leistungsbilanzüberschuss zu senken, mahnt die OECD vorsichtig.

In die positive Beurteilung der Wirtschaftsentwicklung in den Industrieländern mischt sich eine gehörige Portion Sorge wegen der starken Abhängigkeit von einer ultralockeren Geldpolitik, die sich in der Form nicht auf Dauer fortsetzen lasse. Vertrauensindikatoren, Industrieproduktion, Beschäftigung und internationaler Handel hätten sich in den meisten Volkswirtschaften gebessert, aber „diese noch moderate Konjunkturbelebung ist noch nicht robust genug, um dauerhaftes Wachstum des Produktionspotenzials und eine Verminderung der hartnäckigen Ungleichheiten hervorzubringen“, klagt die OECD und warnt davor, dass „finanzielle Anfälligkeiten“, die mit der extrem lockeren Geldpolitik zusammenhängen, die Erholung stoppen könnten.

„Die Aktienkurse haben in den USA und Deutschland historische Höchststände erreicht, obwohl Wachstum und Inflation kaum angezogen haben“, urteilen die Ökonomen und fügen hinzu, dass ein Drittel der ausstehenden Anleihen von OECD-Ländern negative Renditen abwürfen. „Scharfe Korrekturen bei verschiedenen Vermögenswerten würden die Wirtschaftsaktivität über Vermögenseffekte und verschlechterte Finanzierungsbedingungen für Unternehmen und Banken belasten“, heißt es in dem Bericht.

Auch Immobilien seien in einigen, vor allem angelsächsischen Ländern bereits wieder überbewertet. Deutschland wird in diesem Zusammenhang allerdings trotz der starken Preissteigerungen der letzten Jahre nicht genannt.

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