OECD-Studie zur Einkommensverteilung Bildung ist kein Aufstiegsgarant mehr

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Die OECD fordert Deutschland auf, Erben stärker zu besteuern

In der höchsten Besoldungsstufe verdienen Professoren um die 5000 Euro pro Monat. „Ich hatte Glück“, sagt er. Sein sozialer Aufstieg lasse sich aber nicht von dem Gut Bildung ableiten. „Es war nur ein Zufall, dass meine Forschungsthemen, Rechtsextremismus und Armut, gerade gefragt waren.“

Aber Butterwegge sagt auch: „Bildung ist kein Gut an sich. Aus Bildungskapital wird nicht automatisch ökonomisches Kapital.“ Es sei wichtig, dass den Kindern von Hartz IV-Empfängern und Migranten die gleichen Bildungschancen eingeräumt würden wie denen der Mittelschichtsfamilien, damit sie im „geistigen Verteilungskampf“ eine Chance hätten. Aber das reiche nicht aus.

Deswegen stellt auch die OECD Forderungen an die Bundesregierung. In ihrem diesjährigen Wirtschaftsbericht (.pdf) rät sie Deutschland, die Einkommenssteuern und Sozialabgaben für Geringverdiener zu senken – dafür Immobilienbesitzer und Erben stärker zu besteuern.

Herrschen in Deutschland bald amerikanische Zustände?

„Sollte sich die Politik im OECD-Raum nicht ändern, könnten 2060 in vielen OECD-Ländern in etwa jene Einkommensunterschiede herrschen, wie sie heute schon in den USA zu sehen sind“, heißt es in dem OECD-Bericht. Die USA sind das Land mit der größten Ungleichheit unter den westlichen Nationen. Zu den Ländern, die etwas an ihrer Politik ändern müssen, zählt die OECD auch Deutschland.

Die Probleme, die mit der Ungleichheit einhergehen, haben sich in den vergangenen 200 Jahren nur bedingt geändert. „Typischerweise sind Gesellschaften mit einer hohen Ungleichheit Gesellschaften mit einer hohen Mordrate“, sagt Wirtschaftshistoriker Baten. Das spiegelt sich anhand der USA wieder: Gut fünf Morde pro 100.000 Einwohner geschehen hier – damit ist die Quote etwa fünf Mal so hoch wie in anderen westlichen Gesellschaften – und das ist nicht nur dem leichteren Zugang zu Waffen geschuldet.

In diesen Städten leben die meisten Multimillionäre
Auf Platz zehn landet die Großstadt Seoul. Unter ihren 10,01 Millionen Einwohnern sind 1365 Multimillionären. Quelle: REUTERS
In der chinesischen Hauptstadt leben 11,51 Millionen Menschen. 1.449 davon sind Multimillionäre. Quelle: dpa
Im japanischen Osaka kommen auf 2,665 Millionen Einwohner 1.453 Multimillionäre. Quelle: dpa
In der französischen Hauptstadt leben 1.516 Multimillionäre Quelle: REUTERS
In Frankfurt am Main sind 1900 Einwohner mehrfache Dollar-Millionäre.  Quelle: dpa
In der chinesischen Sonderwirtschaftszone Hong Kong leben rund 7,188 Millionen Menschen. Darunter sind 2.789 Multimillionäre. Quelle: dpa
3.028 Millionäre leben in den Straßen des Big Apple. Quelle: dpa

Trotz der Mahnungen der OECD geschieht in Deutschland wenig. Im Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung heißt es, Deutschland gehöre „weiterhin zu den Staaten, in denen die Ungleichheit der Markteinkommen mit am stärksten durch Steuern und Sozialtransfers reduziert wird.“

Derzeit zahlen die oberen zehn Prozent der Einkommenssteuerpflichtigen 54,6 Prozent des gesamten Lohn- und Einkommensteueraufkommens – bei einem Anteil von rund einem Drittel am Gesamtbetrag der Einkünfte. Die untersten 50 Prozent zahlen 5,4 Prozent – bei einem Anteil von rund 16 Prozent am Gesamtbetrag der Einkünfte. Tragen die Reichen nicht also schon genug auf ihren Schultern?

„Ich möchte den Reichen nicht alles wegnehmen – aber sie stärker in die Pflicht nehmen“, sagt Butterwegge. Für ihn wären Einkommen ab 600.000 Euro beispielsweise mit einer Einkommenssteuer von 60 Prozent zu besteuern. „Dabei soll nicht das ganze Einkommen besteuert werden, sondern jeder Euro ab 600.000.“ Frankreichs Präsident François Hollande, hatte bei seinem Amtsantritt ähnliche Pläne. Umsetzen konnte er sie bis heute nicht.

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