Online-Behandlungen Datenschützerin warnt vor „Doktor Google & Co.“

Marit Hansen befürwortet die geplante Liberalisierung des Fernbehandlungsverbots für Ärzte, warnt jedoch vor Hilfsangeboten anderer Anbieter im Netz.

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Doktor Google & Co: Datenschützerin warnt vor Online-Behandlungen Quelle: dpa

Berlin Die Datenschutzbeauftragte von Schleswig-Holstein, Marit Hansen, hat den Beschluss des Ärztetags zu reinen Online-Behandlungen von Patienten über Kommunikationsmedien wie Skype grundsätzlich begrüßt.

Zugleich warnte sie vor Fernbehandlungen außerhalb der „strikten“ Regeln des ärztlichen Berufsstandes. „In der letzten Zeit hat sich leider der Trend verstärkt, dass sich Patienten online bei Anbietern Hilfe holen, die kommerzielle Interessen haben und nicht den Berufsordnungen für Ärzte unterliegen“, sagte Hansen.

„Mit Doktor Google & Co., bei denen unklar ist, wie die anvertrauten Informationen ausgewertet und womöglich weitergenutzt werden, habe ich Bauchschmerzen.“ Dort fehle das „bewährte Vertrauensverhältnis“ zwischen Patient und Arzt, in dem die sensiblen Daten „hohen Schutz“ genössen.

Der Ärztetag in Erfurt hatte eine Änderung der Musterberufsordnung für Ärzte beschlossen. Damit können in Deutschland tätige Mediziner Patienten unter bestimmten Voraussetzungen künftig ausschließlich per Telefon, SMS, E-Mail oder Online-Chat behandeln – ohne vorherigen persönlichen Kontakt in der Praxis.

Hansen knüpfte jedoch die angestrebten digitalen Behandlungsmethoden an Bedingungen. „Abstriche bei der sicheren und datenschutzkonformen Realisierung darf es natürlich nicht geben“, sagte Hansen dem Handelsblatt. „Gesundheitsdaten sind sehr sensibel, deswegen lege ich großen Wert darauf, dass die Anforderungen von Datenschutz und Informationssicherheit auf einem hohen Niveau umgesetzt sind.“

Das sei technisch auch möglich, sagte die Datenschützerin weiter. Allerdings erfüllten nicht alle der heute verbreiteten Videokonferenz-Tools die hohen Anforderungen. „Hier müssen bessere, leicht bedienbare und natürlich datenschutzkonforme Lösungen zum Einsatz kommen, damit Patientendaten nicht in falsche Hände geraten“, sagte Hansen.

Bei einer rechtssicheren Anwendung der Fernbehandlung sieht die Datenschützerin Hansen viele Vorteile. Schleswig-Holstein etwa sei ein Flächenland, in dem nicht jede Region immer gut erreichbar sei. „Man denke nur an die Halligen, wo keine ständige ärztliche Versorgung vor Ort möglich ist“, erläuterte Hansen. „Telemedizin kann in diesen Fällen sehr hilfreich sein.“

Deswegen sei das Bundesland Vorreiter in Sachen Fernbehandlung: Schon vor dem Beschluss des Ärztetages habe die Landesärztekammer ihre Berufsordnung entsprechend geändert. Im Sommer werde diese in Kraft treten. „Die Ärzte müssen aber in jedem Fall prüfen, ob die Fernbehandlung medizinisch vertretbar ist“, betonte Hansen.

Auch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) vertrat die Auffassung, mit Online-Sprechstunden würden Patienten unnötige Wege und Wartezeiten erspart. „Damit helfen wir Ärzten und Patienten.“

Spahn kündigte an, einen Runden Tisch mit Vertretern der Ärzteorganisationen und ihrer Selbstverwaltung sowie des Deutschen Pflegerates einzuberufen. Dieser Expertenkreis soll die praktische Umsetzung des Beschlusses beraten: „Die neuen Möglichkeiten telemedizinischer Behandlung wollen wir jetzt auch für den Versorgungsalltag der Menschen erreichbar machen.“ Spahn hatte zum Auftakt des Ärztetages in Erfurt für eine Lockerung des Fernbehandlungsverbots geworben.

Nach dem Beschluss des Ärztetages ist Ärzten „im Einzelfall“ nunmehr eine ausschließliche Beratung oder Behandlung über digitale Medien erlaubt, wenn dies medizinisch vertretbar ist und die erforderliche ärztliche Sorgfalt bei Diagnostik, Beratung, Therapie und Dokumentation gewährleistet wird. Der persönliche Patientenkontakt soll für Ärzte aber weiterhin Vorrang haben. Bislang waren in Deutschland praktizierenden Ärzten solche Fernbehandlungen nur nach einer persönlichen Untersuchung möglich.

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