Banken drohen wegen ihrer Geschäfte mit Briefkastenfirmen in Steueroasen rechtliche Schritte. „Niemand wird sich dem nationalen Recht und auch den deutschen Fahndungsbehörden dauerhaft entziehen können“, sagte Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) am Dienstag in Berlin. „Wer sich da etwas zuschulden hat kommen lassen, der wird sich vor einem deutschen Gericht verantworten müssen.“
Die Finanzaufsichtsbehörde Bafin soll nach Informationen aus Finanzkreisen einzelnen Banken bereits Fragen zu ihren Offshore-Geschäften gestellt haben. Weitere Untersuchungen seien möglich. Eine Behördensprecherin hielt sich zu dem Thema aber bedeckt. Der Deutsche Bankenverband räumte ein, dass auch deutsche Institute an der Gründung illegaler Briefkastenfirmen beteiligt gewesen sein könnten. Angesichts der angekündigten Prüfung durch die Bafin zeigte sich Verbands-Hauptgeschäftsführer Michael Kemmer aber gelassen. Die Banken müssten dafür sorgen, dass sie wüssten, wer hinter solchen Gesellschaften steckt. Wenn sie das gegenüber der Bankenaufsicht nachweisen könnten, gebe es keine Probleme, sagte Kemmer dem rbb-Inforadio am Dienstag.
Die Staatsanwaltschaft München I kündigte an, die Verwicklungen der Bayerischen Landesbank (BayernLB) in die Geschäfte zu prüfen. Es gehe darum herauszufinden, ob verfolgbare Straftaten vorliegen, sagte Oberstaatsanwalt Thomas Steinkraus-Koch am Dienstag. Erst wenn dem so sein sollte, würden Ermittlungen eingeleitet. Anzeigen seien nach den Berichten über die „Panama Papers“ bislang keine eingegangen.
Nach den seit Sonntagabend bekannten Recherchen Dutzender Medien haben Banken eine Schlüsselrolle beim Vertrieb von Briefkastenfirmen gespielt, in denen Politiker, Prominente und Sportler Geld versteckt haben sollen. Die Recherchen basieren auf einem Datenleck bei der panamaischen Wirtschaftskanzlei Mossack Fonseca. Ob die damit bekanntgewordenen Geschäftstätigkeiten unrechtmäßig sind, ist bislang unklar.
Laut „Süddeutscher Zeitung“ ("SZ") haben mindestens 28 deutsche Banken in den vergangenen Jahren die Dienste dieser Kanzlei genutzt. Insgesamt hätten allein die deutschen Banken bei dem Offshore-Dienstleister mehr als 1200 Briefkastenfirmen gegründet oder diese für ihre Kunden verwaltet. Weltweit sollen gut 500 Banken den Dokumenten zufolge in den vergangenen Jahren mithilfe der Kanzlei mehr als 15.600 Briefkastenfirmen an ihre Kunden vermittelt haben.
Die BayernLB prüft in diesem Zusammenhang nach eigenen Angaben auch selbst, ob ihre frühere Luxemburg-Tochter in sogenannte Offshore-Geschäfte verwickelt war. „Sollten sich Hinweise auf Gesetzesverstöße ergeben, geht die BayernLB diesen generell konsequent nach“, erklärte das Institut. Laut „SZ“ soll die vor Jahren verkaufte Tochter Banque LB Lux 129 Briefkastenfirmen verwaltet haben. Ob diese in die Gründung von Offshore-Gesellschaften eingebunden gewesen sei, „können wir zum jetzigen Zeitpunkt aufgrund des Luxemburger Bankgeheimnisses nicht nachvollziehen“, erklärte die Landesbank. Dem Unternehmen lägen „keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der heutige BayernLB Konzern in derartige Geschäfte involviert ist.“
Das müssen Sie zu den Panama Leaks wissen
Der "Süddeutschen Zeitung" sind nach eigenen Angaben umfassende Daten über Briefkastenfirmen zahlreicher Politiker zugespielt worden. Insgesamt gehe es um 11,5 Millionen Dokumente zu 214.000 Briefkastenfirmen, die von einer Kanzlei aus Panama gegründet worden seien. Die Dokumente würden ein detailliertes Bild darüber abgeben, wie diese Firma "Tag für Tag Sanktionsbrüche und Beihilfe zur Steuerhinterziehung und Geldwäsche in Kauf nimmt". Es gebe Unterlagen über mutmaßliche Offshore-Firmen von zwölf aktuellen und früheren Staatschefs sowie Spuren zu Dutzenden weiteren Spitzenpolitikern, ihren Familien, engsten Beratern und Freunden. Zudem fänden sich fast 130 weitere Politiker aus aller Welt unter den Kunden der Kanzlei, darunter viele Minister. Zur Überblicksseite: www.panamapapers.de
Quelle: dpa/reuters
Die Unterlagen sollen E-Mails, Urkunden, Kontoauszüge, Passkopien und weitere Dokumente zu rund 214.000 Gesellschaften umfassen, vor allem in Panama und den Britischen Jungferninseln. Der Datensatz wurde der „Süddeutschen Zeitung“ von einer anonymen Quelle zugespielt. Die „Süddeutsche Zeitung“ teilte die Daten mit dem Internationalen Konsortium investigativer Journalisten (ICIJ) und Partnern auf der ganzen Welt. Etwa 370 Journalisten aus 78 Ländern haben im Zuge der Recherchen den Datenschatz aus rund 11,5 Millionen Dateien ausgewertet. Es handle sich um „ein gigantisches Leak in einer bislang nicht vorstellbaren Dimension von rund 2,6 Terabyte“.
Die Kanzlei Mossack Fonseca aus Panama bietet die Gründung und Verwaltung von Offshorefirmen an. Nach eigenen Angaben beschäftigt das Unternehmen über 500 Mitarbeiter auf der ganzen Welt. Die Kanzlei ist demnach in Belize, den Niederlanden, Costa Rica, Großbritannien, Malta, Hong Kong, Zypern, den Britischen Jungfern-Inseln, Bahamas, Panama, Anguilla, Seychellen, Samoa und den US-Bundesstaaten Nevada und Wyoming tätig.
Mossack Fonseca bietet zudem Rechtsberatung unter anderem in den Bereichen Finanzen, geistiges Eigentum und öffentliche Ausschreibungen an. Außerdem setzt die Kanzlei Treuhandfonds und private Stiftungen auf und verwaltet sie.
Gegründet wurde die Kanzlei 1977 von dem deutschstämmigen Rechtsanwalt Jürgen Mossack. 1986 tat er sich mit dem Panamaer Ramón Fonseca Mora zusammen. Der Anwalt, Schriftsteller und Politiker war bis vor kurzem Berater von Staatschef Juan Carlos Varela. Wegen Ermittlungen gegen Mossack Fonseca in Brasilien lässt er seine Beratertätigkeit derzeit ruhen.
Panama ist einer der wichtigsten Finanzplätze in Lateinamerika. Ein äußerst liberales Bankengesetz lockte zahlreiche Kreditinstitute nach Mittelamerika. Die Finanzkrise ging an Panama weitgehend vorbei und brachte dem Finanzplatz sogar zusätzliche Investitionen.
Nachdem sich die Schweiz zuletzt von ihrem Bankgeheimnis verabschiedet hatte, galt Panama vielen als neue Steueroase. Immer wieder gibt es Berichte über illegale Transaktionen. In den Achtzigerjahren war das Land das Bankenzentrum der kolumbianischen Drogenkartelle. Zuletzt bemühte sich Panama allerdings darum, dieses Image loswerden und sich als seriöser Finanzplatz zu positionieren.
So erließ die Regierung eine Reihe neuer Richtlinien für Banken, Versicherungen, Immobilienfirmen sowie Wertpapier- und Edelsteinbörsen. Im Februar strich der OECD-Arbeitskreis für Maßnahmen zur Geldwäschebekämpfung (Gafi) Panama von der grauen Liste, auf der Staaten geführt werden, die beim internationalen Austausch von Finanz- und Steuerinformationen noch hinterherhinken. Der Internationale Währungsfonds (IWF) lobt in seinem jüngsten Bericht die Stabilität des Bankensektors.
Für die Deutsche Bank listet die „SZ“ 426 solcher Briefkastenfirmen auf. Die Bank wollte sich nicht zu Kundenbeziehungen äußern. Das Institut verwies allerdings erneut auf ein inzwischen verbessertes „Kundenannahmeverfahren“. „Wir überprüfen, mit wem wir Geschäfte machen und stellen sicher, dass unsere Richtlinien, Verfahren und Systeme so gestaltet sind, dass sie alle relevanten Gesetzen und Regularien befolgen“, erklärte eine Sprecherin.
Im vergangenen Jahr hatten die HypoVereinsbank, die HSH Nordbank und die Commerzbank bereits millionenschwere Bußgelder gezahlt. Sie sollen Kunden geholfen haben, Scheinfirmen in Überseegebieten wie Panama zu eröffnen und so Vermögen vor den Steuerbehörden zu verstecken. Die Behörden waren ihnen auf die Spur gekommen, nachdem Nordrhein-Westfalen eine Steuer-CD angekauft hatte.
Damit sei das Thema für die Commerzbank abgeschlossen, sagte ein Bank-Sprecher nun. Er betonte, dass die betroffene Luxemburger Tochtergesellschaft, schon 2008 „komplett umgesteuert“ habe. Seitdem hätten Künden nachweisen müssen, dass die angelegten Gelder steuerlich in Ordnung seien. Wer das nicht konnte, dem sei gekündigt worden. Für die Commerzbank listet die „SZ“ nach den aktuellen Recherchen 101 Briefkastenfirmen und weitere 333 bei der 2008 übernommenen Dresdner Bank auf.