Islands Regierungschef Sigmundur David Gunnlaugsson tritt wegen Vorwürfen gegen ihn im Zusammenhang mit den " Panama Papers" zurück. Dies gab der Vizevorsitzende der Fortschrittspartei bekannt, einem Koalitionspartner Gunnlaugssons. Zuvor hatte Gunnlaugsson die Auflösung des Parlaments beantragt. Die am Wochenende von einem internationalen Journalistenkonsortium veröffentlichten Daten einer Anwaltskanzlei in Panama belegen nach Angaben der "Süddeutschen Zeitung", dass Gunnlaugssons Frau eine Briefkastenfirma betrieb, die Anteile an den 2008 zusammengebrochenen Banken des Landes hielt. Gunnlaugsson sei bis 2009 an der Firma beteiligt gewesen.
Am Montagabend hatten Tausende vor dem Parlament Gunnlaugssons Rücktritt gefordert. Die Opposition hatte ein Misstrauensvotum angekündigt. Gunnlaugsson hatte versichert, seine Frau habe stets korrekt Steuern bezahlt.
Auch andere Regierungen reagierten auf die durch ein Datenleck in der Kanzlei Mossack Fonseca bekanntwordenen Verbindungen von Persönlichkeiten zu Briefkastenfirmen.
In Moskau stellte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow erneut klar, dass Präsident Wladimir Putin nichts mit Bankkonten in Steueroasen zu tun habe, die ein befreundeter Musiker dort halte. Die aus der panamaischen Kanzlei stammenden Dokumente über das Offshore-Vermögen des Cellisten Sergej Roldugin seien von einem internationalen Konsortium investigativer Journalisten „gewollt“ dahingehend interpretiert worden, kritisierte Peskow.
Aus den Dokumenten von Mossack Fonseca, die Journalisten zugespielt wurden, kamen weitere Namen von Prominenten an die Öffentlichkeit. So teilte das serbische Recherchenetzwerk KRIK mit, in den enthüllten Dokumenten befänden sich der Name des Fußballprofis Darko Kovacevic und der Modedesignerin Roksanda Ilincic, deren Roben auch US-First Lady Michelle Obama bereits getragen hat. KRIK wies aber darauf hin, dass alleine die Inhaberschaft einer Briefkastenfirma kein Delikt sei, allerdings könne sie für Geldwäsche oder Steuerbetrug genutzt werden.
Das müssen Sie zu den Panama Leaks wissen
Der "Süddeutschen Zeitung" sind nach eigenen Angaben umfassende Daten über Briefkastenfirmen zahlreicher Politiker zugespielt worden. Insgesamt gehe es um 11,5 Millionen Dokumente zu 214.000 Briefkastenfirmen, die von einer Kanzlei aus Panama gegründet worden seien. Die Dokumente würden ein detailliertes Bild darüber abgeben, wie diese Firma "Tag für Tag Sanktionsbrüche und Beihilfe zur Steuerhinterziehung und Geldwäsche in Kauf nimmt". Es gebe Unterlagen über mutmaßliche Offshore-Firmen von zwölf aktuellen und früheren Staatschefs sowie Spuren zu Dutzenden weiteren Spitzenpolitikern, ihren Familien, engsten Beratern und Freunden. Zudem fänden sich fast 130 weitere Politiker aus aller Welt unter den Kunden der Kanzlei, darunter viele Minister. Zur Überblicksseite: www.panamapapers.de
Quelle: dpa/reuters
Die Unterlagen sollen E-Mails, Urkunden, Kontoauszüge, Passkopien und weitere Dokumente zu rund 214.000 Gesellschaften umfassen, vor allem in Panama und den Britischen Jungferninseln. Der Datensatz wurde der „Süddeutschen Zeitung“ von einer anonymen Quelle zugespielt. Die „Süddeutsche Zeitung“ teilte die Daten mit dem Internationalen Konsortium investigativer Journalisten (ICIJ) und Partnern auf der ganzen Welt. Etwa 370 Journalisten aus 78 Ländern haben im Zuge der Recherchen den Datenschatz aus rund 11,5 Millionen Dateien ausgewertet. Es handle sich um „ein gigantisches Leak in einer bislang nicht vorstellbaren Dimension von rund 2,6 Terabyte“.
Die Kanzlei Mossack Fonseca aus Panama bietet die Gründung und Verwaltung von Offshorefirmen an. Nach eigenen Angaben beschäftigt das Unternehmen über 500 Mitarbeiter auf der ganzen Welt. Die Kanzlei ist demnach in Belize, den Niederlanden, Costa Rica, Großbritannien, Malta, Hong Kong, Zypern, den Britischen Jungfern-Inseln, Bahamas, Panama, Anguilla, Seychellen, Samoa und den US-Bundesstaaten Nevada und Wyoming tätig.
Mossack Fonseca bietet zudem Rechtsberatung unter anderem in den Bereichen Finanzen, geistiges Eigentum und öffentliche Ausschreibungen an. Außerdem setzt die Kanzlei Treuhandfonds und private Stiftungen auf und verwaltet sie.
Gegründet wurde die Kanzlei 1977 von dem deutschstämmigen Rechtsanwalt Jürgen Mossack. 1986 tat er sich mit dem Panamaer Ramón Fonseca Mora zusammen. Der Anwalt, Schriftsteller und Politiker war bis vor kurzem Berater von Staatschef Juan Carlos Varela. Wegen Ermittlungen gegen Mossack Fonseca in Brasilien lässt er seine Beratertätigkeit derzeit ruhen.
Panama ist einer der wichtigsten Finanzplätze in Lateinamerika. Ein äußerst liberales Bankengesetz lockte zahlreiche Kreditinstitute nach Mittelamerika. Die Finanzkrise ging an Panama weitgehend vorbei und brachte dem Finanzplatz sogar zusätzliche Investitionen.
Nachdem sich die Schweiz zuletzt von ihrem Bankgeheimnis verabschiedet hatte, galt Panama vielen als neue Steueroase. Immer wieder gibt es Berichte über illegale Transaktionen. In den Achtzigerjahren war das Land das Bankenzentrum der kolumbianischen Drogenkartelle. Zuletzt bemühte sich Panama allerdings darum, dieses Image loswerden und sich als seriöser Finanzplatz zu positionieren.
So erließ die Regierung eine Reihe neuer Richtlinien für Banken, Versicherungen, Immobilienfirmen sowie Wertpapier- und Edelsteinbörsen. Im Februar strich der OECD-Arbeitskreis für Maßnahmen zur Geldwäschebekämpfung (Gafi) Panama von der grauen Liste, auf der Staaten geführt werden, die beim internationalen Austausch von Finanz- und Steuerinformationen noch hinterherhinken. Der Internationale Währungsfonds (IWF) lobt in seinem jüngsten Bericht die Stabilität des Bankensektors.
Auch der algerische Industrieminister Abdessalam Bouchouareb taucht in den so genannten Panama Papers auf, wie bekannt wurde. Sofort wurde der Verdacht laut, der Minister verstecke Vermögen außer Landes und hinterziehe Steuern. Er selbst gab auf Anfrage der Nachrichtenagentur AP keinen Kommentar ab, ließ aber die Aktivität seiner Firma einfrieren, wie seine Vermögensverwaltung in Luxemburg mitteilte.
11,5 Millionen vertrauliche Dokumente
Das Datenleck von 11,5 Millionen vertraulichen Dokumenten aus der Kanzlei war am Sonntag bekanntgeworden. Als mutmaßliche Kunden der Kanzlei nannten die an der Recherche beteiligten Medien unter anderen Argentiniens Starfußballer Lionel Messi und den ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko. Mit Hilfe der Kanzlei sollen sie Briefkastenfirmen in Steueroasen gegründet haben. Die Dokumente bringen mehr als 14 000 Personen mit rund 215 000 sogenannten Offshore-Firmen in Verbindung, also Briefkastenfirmen in Steueroasen.
China wies Berichte über Verbindungen von Verwandten chinesischer Politiker, darunter auch Präsident Xi Jinping, zu den Briefkastenfirmen zurück. Derartige Artikel seien gegenstandslos, sagte Außenministeriumssprecher Hong Lei. Deswegen werde er sie auch nicht kommentieren. Die Staatsmedien berichteten nicht darüber.
Mossack Fonseca soll laut der US-Regierung auch als offizieller Mittler für eine von den USA sanktionierte Firma mit Verbindungen zu Simbabwes Langzeitpräsident Robert Mugabe gedient. Die Kanzlei hatte am Montag mitgeteilt, dass sie niemals wissentlich mit Personen zusammengearbeitet habe, die Drähte nach Simbabwe gehabt hätten.