Pandemie Ärztepräsident fordert breiten Einsatz von Corona-Schnelltests

Die Menschen massenhaft auf Corona zu testen, stellt Behörden und Gesundheitswesen vor Probleme. Deutschlands Ärzte plädieren eine Generalüberholung der Teststrategie.

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Angesichts der aktuellen Probleme mit den Corona-Tests in Deutschland fordert Ärztepräsident Klaus Reinhardt einen verstärkten Einsatz von Schnelltests. Quelle: dpa

Angesichts der aktuellen Probleme mit den Corona-Tests in Deutschland fordert Ärztepräsident Klaus Reinhardt einen verstärkten Einsatz von Schnelltests. Außerdem seien die Arztpraxen in der Erkältungs- und Grippezeit absehbar ausgelastet – Corona-Reihentests sollten daher nur noch in ausgelagerten Testzentren oder in eigens darauf spezialisierten Arztpraxen gemacht werden, sagte Reinhardt der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.

Reinhardt forderte „eine Generalüberholung unserer Corona-Teststrategie und geeignete Konzepte für die saisonale Influenza-Impfung“.

In Bayern waren die Ergebnisse Zehntausender Tests von Urlaubsrückkehrern zunächst nicht bei den Betroffenen gelandet. An Flughäfen werden die Tests bisher nach Angaben des Deutschen Städtetags mit Hilfe von bergeweise von den Airlines ausgehändigten einzelnen Papierbögen organisiert.

Reinhardt erläuterte zudem: „Die Arztpraxen in Deutschland stehen vor einer enormen Doppelbelastung, wenn in wenigen Wochen steigende Corona-Infektionszahlen mit der jährlichen Grippesaison zusammenfallen.“

Zu den Testmethoden sagte Reinhardt: „Der PCR-Test als Standardmethode ist zwar sehr genau, er ist aber auch zeitaufwendig.“ Corona-Schnelltests seien vielleicht nicht ganz so exakt. „Dafür ließen sich aber viel mehr Menschen in kurzer Zeit unkompliziert testen und Infektionsketten schneller unterbrechen.“

Die Deutsche Stiftung Patientenschutz warnte vor einem „massenhaften Einsatz“ von Schnelltests, da diese dann regelhaft Falschmeldungen produzieren würden. „Das Chaos wäre vorprogrammiert“, sagte Vorstand Eugen Brysch der Deutschen Presse-Agentur.

Verschiedene Tests liefern unterschiedlich schnell Ergebnisse

Der PCR-Test, der jetzige Standardtest, ist der weltweit erste Diagnostiktest auf das Coronavirus. Im Labor wird bei der Probe die Erbsubstanz des Erregers isoliert. Erreger können in sehr geringen Konzentrationen nachgewiesen werden.

Einfacher anzuwenden ist der RT-LAMB-Speicheltest. Für andere Infektionskrankheiten hat sich die Technik als hochspezifisch, empfindlich und schnell erwiesen. Der RT-LAMP-Test für das SARS-CoV-2 konnte das Virus in einer Studie in allen menschlichen Probentypen, die mit genetischem SARS-CoV-2-Material versetzt waren, innerhalb von 30 bis 45 Minuten erfolgreich nachweisen.

Dann gibt es noch den PCR-Schnelltest. Es handelt sich um Schnelltests mit der PCR-Methode, die außerhalb von Laboren durchgeführt werden können. Dafür stellt man Kartuschen mit Atemwegsproben in ein Gerät mit automatischem Analysesystem - nach etwa einer Stunde ist das Ergebnis da. Die Systeme sind aber teuer.

Reinhardt forderte weiter: „Auch für das medizinische Personal selbst brauchen wir bundesweit einheitliche und verbindliche Teststrategien.“ Gut und richtig sei es, „dass wir für Reiserückkehrer ausreichend Testmöglichkeiten schaffen“. Aber es könne nicht sein, dass Ärzte und andere Gesundheitsberufe außen vor bleiben - gerade in der bevorstehenden Grippesaison.

„In der Erkältungs- und Grippezeit herrscht Hochbetrieb in unseren Praxen“, sagte Reinhardt. „Dann bleibt kaum noch Zeit für Corona-Reihentests von ganzen Bevölkerungsgruppen ohne Symptome.“ Er forderte: „Solche Screenings sollten ausschließlich in ausgelagerten Testzentren oder in eigens darauf spezialisierten Arztpraxen erfolgen, organisiert von den Gesundheitsämtern oder den Kassenärztlichen Vereinigungen vor Ort.“

Reinhardt unterstrich: „Wir müssen eine Überlastung von Praxen und Kliniken durch Corona und Influenza unbedingt vermeiden.“ Ganz besonders wichtig sei deshalb in diesem Jahr die Influenza-Impfung. „Hersteller und Politik müssen dafür sorgen, dass es ausreichende Produktionskapazitäten und auch geeignetes Zubehör wie Spritzen und Kanülen gibt“, sagte der Ärztepräsident. „Das ist jetzt elementar.“ Er fügte hinzu: „Wir können uns jetzt keine neuen Lieferengpässe erlauben.“

Patientenschützer Brysch rechnet hingegen nicht mit überlaufenen Arztpraxen, erst recht nicht, wenn die Menschen sich jetzt gegen Grippe impfen ließen. Denn die Hygiene- und Abstandsregeln seien nicht nur ein effizienter Schutz gegen Covid-19 sondern auch gegen Influenzaviren. „Das war im Frühjahr so und wird wohl auch in der kommenden Grippesaison so sein.“

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