Im Zuge der neuen Corona-Beschlüsse von Bund und Ländern werden auch die Regelungen zum Homeofffice verschärft. „Wenn keine zwingenden betrieblichen Gründe dagegensprechen, müssen Arbeitgeber ihren Beschäftigten Homeoffice anbieten“, sagte Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) bei der Vorstellung der neuen Verordnung in Berlin. Mit Blick auf die wieder rückläufigen Zahlen zur Nutzung von Homeoffice mahnte der SPD-Politiker: „Jetzt müssen es alle. Was nicht mehr geht, ist, dass man willkürlich – da wo Homeoffice betrieblich möglich ist – das verweigert.“ Dagegen bestehe aber für die Arbeitnehmer keine Verpflichtung zur Annahme eines Angebots für Homeoffice, unterstrich Heil.
Neue Abstandsregeln im Betrieb
Die neue Rechtsverordnung wird noch an diesem Mittwoch in Berlin unterzeichnet und tritt dann vermutlich am kommenden Mittwoch, 27. Januar, in Kraft. Zur Erhöhung des Gesundheitsschutzes in Betrieben gelten zudem künftig strengere Regelungen. Wenn Arbeitsräume von mehreren Personen gleichzeitig benutzt werden, müssen pro Person zehn Quadratmeter zur Verfügung stehen, damit genügend Abstand gewährleistet ist. In Betrieben ab zehn Arbeitnehmern müssen diese in möglichst kleine, feste Arbeitsgruppen eingeteilt werden. Können die neuen Abstandsvorschriften nicht eingehalten werden, muss der Arbeitgeber medizinische Gesichtsmasken zur Verfügung stellen.
Heil appelliert an Einsicht
Der jetzt beschlossene Text ist weniger streng als der erste Verordnungsentwurf, den Heil im Vorfeld des Coronagipfels bei der Kanzlerin erstellt hatte. Entscheidend ist folgende Formulierung: „Der Arbeitgeber hat den Beschäftigten im Fall von Büroarbeit oder vergleichbaren Tätigkeiten anzubieten, diese Tätigkeiten in deren Wohnung auszuführen, wenn keine zwingenden betriebsbedingten Gründe entgegenstehen.“ Eine Sanktion ist dem nicht extra beigefügt.
Heil betonte, dass es nicht darum gehe, die Arbeitgeber „zu quälen oder zu kujonieren“. Gefragt sei aber Teamgeist und auch Einsicht, dass etwas getan werden müsse, um der Pandemie Herr zu werden und Ansteckungsrisiken zu verringern. Fehlende technische Ausrüstung oder nicht gewährleisteter Datenschutz könne zwar als Begründung für die Verweigerung von Homeoffice genannt werden, hieß es im Arbeitsministerium. Wenn aber die Möglichkeit bestehe, den Mangel durch technische Aufrüstung zu beheben, solle das mittelfristig auch geschehen. Es wurde aber betont, dass keine großflächigen Kontrollen geplant seien – wahrscheinlich seien Stichproben.
Bei Konflikt erstmal reden
Heil beschrieb die neue Regelung im Konfliktfall so: Falls ein Unternehmen die Beschäftigten mit ihrer Arbeit nicht ins Homeoffice lasse, obwohl diese das wollten, sollten sie zunächst mit dem Arbeitgeber sprechen und /oder mit dem Betriebsrat Kontakt aufnehmen. Im „äußersten Konfliktfall“, so Heil, stehe den Beschäftigten auch die rechtliche Möglichkeit offen, sich an die zuständigen Arbeitsschutzbehörden zu wenden.
Behörden sollen sich „an die eigene Nase fassen“
Die Pflichten aus der neuen Verordnung gelten nicht nur für private, sondern auch für öffentliche Unternehmen und für alle Behörden. Heil forderte die Verwaltungen zur Anwendung und aktiven Umsetzung auf. Hier müsse sich die Politik in Bund, Ländern und Kommunen „an die eigene Nase fassen“.
Nach einer neuen Studie des IT-Verbands Bitkom lassen sich 55 Prozent aller Tätigkeiten zumindest teilweise von zu Hause aus erledigen. „Allerdings nehmen dies nur 45 Prozent der Erwerbstätigen wahr“, sagte Bitkom-Präsident Achim Berg. „Lediglich 25 Prozent der Homeoffice-Berechtigten arbeiten vollständig zu Hause, 20 Prozent zumindest teilweise“.
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