So glatt wie bei ihrer letzten Wiederwahl beim CDU-Parteitag vor zwei Jahren wird es diesmal für Chefin Angela Merkel nicht. Damals bestimmte noch nicht die Flüchtlingspolitik die Diskussion in ihrer Partei, die rechtspopulistische AfD zog noch nicht so viele verunsicherte Wähler an. Für die CDU gingen seither einige Landtagswahlen verloren, sie stellt nur noch vier von 16 Ministerpräsidenten. Soviel Unmut in der Partei war unter CDU-Chefin Angela Merkel noch nie.
Sechzehn Jahre und acht Monate nach ihrer Kür als Vorsitzende der Christlich Demokratischen Union Deutschlands (CDU) ebenfalls in Essen will Angela Merkel am Dienstag als Parteivorsitzende bestätigt werden. Sie ist seit elf Jahren Kanzlerin und will im kommenden Jahr bei der Bundestagswahl erneut antreten. Seit sie ihre Kanzlerkandidatur vor zwei Wochen erklärte, sind die Kritiker aus der eigenen Partei stiller geworden.
Doch seit Merkel 2015 die Grenze für Flüchtlinge öffnete und knapp eine Million Menschen ins Land kamen, ist der Ärger in der Partei groß. In der CDU halten nicht wenige ihren Kurs für falsch. Sie fürchten, dass noch mehr verunsicherte Wähler abwandern und sich Parteimitglieder an der Basis nur zögerlich für den Bundestagswahlkampf einspannen lassen. Spannend ist allerdings nur, wieviel über 90 Prozent Merkel erreicht. In solchen Momenten neigt die CDU nicht zur Aufmüpfigkeit, sondern zur Geschlossenheit. Vor zwei Jahren wurde Angela Merkel vom Parteitag mit 96,7 Prozent gewählt.
Neben der Vorsitzenden werden auch die Stellvertreter gewählt. Bisher schnitt die rheinland-pfälzische Oppositionsführerin Julia Klöckner regelmäßig am besten ab. Doch nach der zweiten verlorenen Landtagswahl und einer Spendenaffäre in ihrem Landesverband könnte es einen Dämpfer geben. Klöckner will erneut mit ihrer Forderung nach einem Burka-Verbot für sich werben.
Am schlechtesten schneidet immer wieder Vizeparteichefin Ursula von der Leyen ab. Sie ist zwar die profilierteste unter den Merkel-Vizes, aber Parteitagsdelegierte zeigen sich ihrem Ehrgeiz gegenüber eher reserviert. Die Bundesverteidigungsministerin aus Niedersachsen gilt als Anwärterin für weitere Ämter und will wieder als Stellvertreterin antreten.
Einen Heimvorteil dürfte Parteivize Armin Laschet genießen. Er tritt ebenfalls wieder an. Der Oppositionsführer im Landtag von Nordrhein-Westfalen will die CDU bei der Landtagswahl im kommenden Jahr an die Macht bringen. Auch der stellvertretende Parteichef Thomas Strobl dürfte punkten. Der Vize-Regierungschef in Baden-Württemberg setzte sich zuletzt von der Kanzlerinnen-Linie ab und forderte die strikte Ausweisung nicht anerkannter Flüchtlinge aus Deutschland.
Ins Präsidium der CDU aufrücken sollen Bundesinnenminister Thomas de Maizière und die neue Landesvorsitzende in Berlin, die Staatsministerin für Kultur Monika Grütters. Die beiden dürften neu in die engste Parteiführung aufrücken, die Plätze werden frei. Jens Spahn, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, hatte vor zwei Jahren per Kampfkandidatur einen Platz im Präsidium erobert. Er tritt wieder an.
Zwei weitere Personalien sind interessant: Erstmals will die CDU einen Mitgliederbeauftragten bestimmen. Der niedersächsische Bundestagsabgeordnete Henning Otte soll helfen, den Mitgliederschwund zu stoppen und jüngere CDUler zu gewinnen. Zurzeit hat die Partei noch 440.000 Mitglieder.
Umstritten ist auch die Kandidatur der früheren Umwelt-Staatssekretärin Katherina Reiche. Die Brandenburgerin wechselte vor knapp zwei Jahren in die Wirtschaft. Als Hauptgeschäftsführerin des Verbands kommunaler Unternehmen (VKU) ist sie nun als Lobbyistin für die Interessen von Stadtwerken, Verkehrsbetrieben und Energieversorgern unterwegs. Dennoch will die ehemalige Bundespolitikerin ihr Parteimandat behalten und sieht keine Verquickung wirtschaftlicher mit politischen Interessen.