
Offenbach Der Parteichef der Piraten, Sebastian Nerz, hat die konfliktfreudige Partei vor der Gefahr einer Spaltung gewarnt. Mit dem Wahlerfolg in Berlin sei die Gefahr von Fehlern gewachsen, sagte Nerz zum Auftakt eines Bundesparteitags in Offenbach. Auch in heftigen Diskussionen müssten sich die Mitglieder ihrer Gemeinsamkeiten bewusst bleiben.
Konkret sehe er zwar keine Entwicklung, die zu einer Spaltung führen könne, sagte Nerz der Nachrichtenagentur dpa. Es gebe aber viele inhaltlich, zum Teil ideologisch begründete Brüche. „Ich möchte lieber einmal zu früh warnen als zu spät.“ Der Berliner Abgeordnete Christopher Lauer sagte im dpa-Gespräch, er könne keine Spaltungsgefahr erkennen. „Allein, dass hier 1200 Leute zusammengekommen sind, zeigt, dass wir eine rege und lebendige Diskussionskultur haben.“
In seiner Eröffnungsrede kritisierte Nerz die Bundesregierung und warf ihr vor, in der Euro-Krise eine Politik der Entdemokratisierung zu betreiben. Wichtige Entscheidungen würden zunehmend aus den Parlamenten zu den Staats- und Regierungschefs verlagert: „Die Tendenzen zu präsidialen Vertretungen sind überdeutlich.“
Unter Hinweis auf das Berliner Wahlergebnis von 8,9 Prozent sagte Nerz: „Die Piratenpartei ist in der Realpolitik angekommen. Spätestens nach der Schleswig-Holstein-Wahl wird klar sein, dass wir keine Eintagsfliege sind.“ Bei dieser Landtagswahl im Mai 2012 wollen die Piraten erstmals auch in einem Flächenland ins Parlament einziehen. Einschließlich aller kommunalen Vertretungen stellen die Piraten nach seinen Angaben bereits 176 Mandate in Deutschland.
Mit Blick auf das Parteienspektrum sagte der Parteichef, in Deutschland fehle eine tatsächlich liberale Grundrechtspolitk. „Diese Politik kann nur von uns kommen.“ Er werde oft aus den Reihen der FDP angesprochen, „dass wir die neue liberale Hoffnung in Deutschland sind“.
Im Mittelpunkt der zweitägigen Versammlung steht die Erweiterung des Parteiprogramms in der Wirtschafts- und Sozialpolitik. Hier wird eine kontroverse Diskussion zum Vorschlag eines Bedingungslosen Grundeinkommens erwartet, das allen Bürgern eine finanzielle Zuwendung zusichern soll, ohne dass dafür eine Gegenleistung erbracht wird.
Die Piratenpartei liegt in den letzten Umfragen bundesweit bei etwa sieben Prozent. Bei der Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus erreichten die Piraten am 18. September auf Anhieb 8,9 Prozent. Das bisherige Programm der Partei stammt aus dem Gründungsjahr 2006 und konzentriert sich vor allem auf Themen der digitalen Gesellschaft. Eine erste Ergänzung um weitere Politikfelder fand vor einem Jahr auf einem Programmparteitag in Chemnitz statt.