Personalberaterin Arlt-Palmer über die CDU: "Große Ideen zu diskutieren, wurde verlernt"

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"Nachwuchsarbeit kommt in der CDU deutlich zu kurz"

Sie sind Personalberaterin und helfen Unternehmen und Organisationen, die richtigen Köpfe für leitende Funktionen zu finden. Wie ist denn die Personalauswahl in unserer Parteiendemokratie zu bewerten? Manch einer spricht ja von einer "Negativauslese".
Die Personalauswahl ist die Achillesferse der Demokratie, darauf weist die Politikwissenschaft immer wieder hin. In der Politik läuft diese Auswahl natürlich nach völlig anderen Mechanismen ab als in der Wirtschaft. Viele aus der Wirtschaft schätzen die Führungsanforderungen im politischen Bereich falsch ein. In der Politik zählt jede einzelne Stimme gleich viel. Das wäre so, wie wenn alle Mitarbeiter eines Unternehmens immer und zu jeder Zeit mitbestimmen dürften. Das stellt andere Anforderungen an eine Führungskraft. Aber natürlich gehört es zu einer guten Führung in einer Partei wie im Unternehmen für exzellenten Nachwuchs zu sorgen. Das ist eine der vornehmsten Führungsaufgaben. Und die kommt in unserer CDU deutlich zu kurz, aber auch in anderen Parteien. Die Mitgliederentscheide mögen einen Anschein von mehr Demokratie geben, aber sie bedeuten auch, dass nur im eigenen Teich gefischt wird und man nicht über den Tellerrand schaut. Helmut Kohl hat viele gute Leute an sich gezogen, die zunächst nicht eine klassische Parteikarriere vorzuweisen hatten: Biedenkopf, Geißler, Herzog, von Weizsäcker, Süßmuth. Die kamen nicht durch langwierige innerparteiliche Prozesse nach oben, sondern im ersten Schritt durch Kohls Förderung. Das gilt nicht zuletzt auch für die Bundeskanzlerin. So etwas findet heute leider kaum noch statt.

Bräuchten deutsche Spitzenpolitiker also eine professionelle Personalberatung?
Das wäre schon sinnvoll, um überhaupt ein Spektrum der Möglichkeiten aufzuzeigen, auf die man im politischen Tagesbetrieb nicht kommt. Aber die Auswahlmechanismen sind andere, denn am Ende entscheiden die Mitglieder über den Spitzenkandidaten und nicht ein kleiner Führungskreis oder gar nur eine Person. Parteimitglieder reagieren ganz empfindlich auf den Einfluss von außen. Mir ist auch nicht bekannt, dass Personalberater von Parteien direkt eingebunden werden. In der Regel fehlen Parteien dafür auch die finanziellen Mittel. Dass die Parteien hierfür ihr Geld einsetzen ist unabhängig davon auch schwierig zu rechtfertigen, zumal letzten Endes der Wähler Kandidaten in die Ämter wählt. Gleichwohl wäre es für die Parteien gewinnbringend, wenn sie ordentliche Prozesse für die Personalrekrutierung aufsetzen würden, das beginnt zunächst mit der Formulierung eines Anforderungsprofils und einer gezielten systematischen Suche auch über die eigene Kreisgrenze hinweg.

Sie waren regionalpolitisch – also nebenberuflich – politisch aktiv. Hatten sich auch schon mal um ein Landtagsmandat beworben. Haben Sie noch politische Ambitionen?
Man kann nicht auf beiden Schultern Wasser tragen. Ein politisches Mandat anzustreben, kostet unglaublich viel Zeit. Die lässt mir mein Beruf nicht. Außerdem bin ich sehr glücklich in diesem Beruf.

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