Personalmanagement Wie Firmen die Rente mit 63 verhindern wollen

Die Rente mit 63 verschärft den Fachkräftemangel. Denn allein in diesem Jahr könnten 240.000 Arbeitnehmer früher gehen. Mit pfiffigen Ideen versuchen nun einige Unternehmen, erfahrene Mitarbeiter zu halten.

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Foto von weißhaarigem Mann Quelle: Fotolia

Wolfgang Nocker ist nicht alles Jacke wie Hose. Im Gegenteil. Der 67-Jährige nimmt es ganz genau mit den Kleidungsstücken. Denn Nocker ist Bekleidungsphysiologe und testet für W. L. Gore & Associates in Putzbrunn bei München Kleidung auf ihre Haltbarkeit und Funktionalität, bevor diese unter dem Label Gore-Tex in den Laden kommt oder sich als extra starker Stoff in gefährlichen Berufen bewährt.

Das Objekt seiner Begutachtung ist diesmal eine Feuerwehrjacke. Ein Brandspezialist zieht die Schutzkleidung über und betritt in voller Montur samt Sauerstoffgerät einen Container, in dem ein Brand simuliert wird. Beobachtet durch eine Glasscheibe, bewegt sich der Mann wie beim Löschen vorwärts. Sensoren an seinem Körper schicken Daten über Wind und Wärme an Nockers Computer. Danach weiß er aufs Grad Celsius genau, wie viel Hitze Stoff und Nähte vertragen.

Die wichtigsten Fakten zum Rentenpaket

Tester Nocker hat beim US-Technologieunternehmen vor 25 Jahren das bekleidungsphysiologische Labor aufgebaut. Dort hat der lebhafte Weißhaarige zum Beispiel Sicherheitsschuhe auf ihre Stabilität geprüft oder herausgefunden, welche Fasern Schweiß am besten absorbieren. Mit 60 fand der Wirtschaftsingenieur und Physiker, nun sei es genug mit dem Messen und Prüfen, ging erst in Altersteilzeit und zwei Jahre später in den Ruhestand. Doch die Bekleidungsphysiologie ließ ihn nicht los. Als Gore anrief und ihm einen 400-Euro-Job anbot, hatte er sich genug gelangweilt in der Dauerfreizeit. Nocker machte sich selbstständig und arbeitet nun schon im fünften Jahr rund 40 Stunden pro Monat für seinen alten Arbeitgeber. Der Unterschied: „Ich kann mir Projekte von verschiedenen Auftraggebern aussuchen und bin nicht weisungsgebunden“, sagt er. Und: „Die Arbeit macht mir noch genauso viel Spaß wie früher.“

Nocker ist nur ein Beispiel bei Gore. Von den 1500 Beschäftigten sind einige schon im Rentenalter. Und auch die Rente mit 63, für viele Betriebe Grund zur Sorge, schreckt im bayrischen Putzbrunn niemanden. Denn dort hat man vorgebaut.

So viel Rente bekommen Sie
DurchschnittsrentenLaut den aktuellen Zahlen der Deutschen Rentenversicherung bezogen Männer Ende 2014 eine Durchschnittsrente von 1013 Euro. Frauen müssen inklusive Hinterbliebenenrente mit durchschnittlich 762 Euro pro Monat auskommen. Quellen: Deutsche Rentenversicherung; dbb, Stand: April 2016 Quelle: dpa
Ost-Berlin mit den höchsten, West-Berlin mit den niedrigsten RentenDie Höhe der Rente schwankt zwischen den Bundesländern. Männer in Ostberlin können sich mit 1147 Euro Euro über die höchste Durchschnittsrente freuen. In Westberlin liegt sie dagegen mit 980 Euro am niedrigsten. Aktuell bekommen männliche Rentner: in Baden-Württemberg durchschnittlich 1107 Euro pro Monat in Bayern durchschnittlich 1031 Euro pro Monat in Berlin (West) durchschnittlich 980 Euro pro Monat in Berlin (Ost) durchschnittlich 1147 Euro pro Monat in Brandenburg durchschnittlich 1078 Euro pro Monat in Bremen durchschnittlich 1040 Euro pro Monat in Hamburg durchschnittlich 1071 Euro pro Monat in Hessen durchschnittlich 1084 Euro pro Monat in Mecklenburg-Vorpommern durchschnittlich 1027 Euro pro Monat in Niedersachsen durchschnittlich 1051 Euro pro Monat in Nordrhein-Westfalen durchschnittlich 1127 Euro pro Monat im Saarland durchschnittlich 1115 Euro pro Monat in Sachsen-Anhalt durchschnittlich 1069 Euro pro Monat in Sachsen durchschnittlich 1098 Euro pro Monat in Schleswig-Holstein durchschnittlich 1061 Euro pro Monat in Thüringen durchschnittlich 1064 Euro pro Monat Quelle: AP
Frauen mit deutlich weniger RenteFrauen im Ruhestand bekommen gut ein Drittel weniger als Männer. Auch sie bekommen in Ostberlin mit durchschnittlich 1051 Euro die höchsten Bezüge. Am wenigsten bekommen sie mit 696 Euro in Rheinland-Pfalz. Laut Deutscher Rentenversicherungen beziehen Frauen inklusive Hinterbliebenenrente: in Baden-Württemberg durchschnittlich 772 Euro pro Monat in Bayern durchschnittlich 736 Euro pro Monat in Berlin (West) durchschnittlich 861 Euro pro Monat in Berlin (Ost) durchschnittlich 1051 Euro pro Monat in Brandenburg durchschnittlich 975 Euro pro Monat in Bremen durchschnittlich 771 Euro pro Monat in Hamburg durchschnittlich 848 Euro pro Monat in Hessen durchschnittlich 760 Euro pro Monat in Mecklenburg-Vorpommern durchschnittlich 950 Euro pro Monat in Niedersachsen durchschnittlich 727 Euro pro Monat in Nordrhein-Westfalen durchschnittlich 749 Euro pro Monat im Saarland durchschnittlich 699 Euro pro Monat in Sachsen-Anhalt durchschnittlich 964 Euro pro Monat in Sachsen durchschnittlich 983 Euro pro Monat in Schleswig-Holstein durchschnittlich 744 Euro pro Monat in Thüringen durchschnittlich 968 Euro pro Monat Quelle: dpa
Beamtenpensionen deutlich höherStaatsdienern geht es im Alter deutlich besser. Sie erhalten in Deutschland aktuell eine Pension von durchschnittlich 2730 Euro brutto. Im Vergleich zum Jahr 2000 ist das ein Zuwachs von knapp 27 Prozent. Zwischen den Bundesländern schwankt die Pensionshöhe allerdings. Während 2015 ein hessischer Staatsdiener im Ruhestand im Durchschnitt 3150 Euro ausgezahlt bekam, waren es in Sachsen-Anhalt lediglich 1940 Euro. Im Vergleich zu Bundesbeamten geht es den Landesdienern dennoch gut. Im Durchschnitt kommen sie aktuell auf eine Pension von 2970 Euro. Im Bund sind es nur 2340 Euro. Quelle: dpa
RentenerhöhungIm Vergleich zu den Pensionen stiegen die normalen Renten zwischen 2000 und 2014 deutlich geringer an. Sie wuchsen lediglich um 15,3 Prozent. Quelle: dpa
Reserven der RentenkasseDabei verfügt die deutsche Rentenversicherung über ein sattes Finanzpolster. Nach Angaben der Deutschen Rentenversicherung betrug die sogenannte Nachhaltigkeitsrücklage Ende 2014 genau 35 Milliarden Euro. Das sind rund drei Milliarden Euro mehr als ein Jahr zuvor. Rechnerisch reicht das Finanzpolster aus, um fast zwei Monatsausgaben zu bezahlen. Nachfolgend ein Überblick, mit welcher Rente die Deutschen im aktuell im Durchschnitt rechnen können: Quelle: dpa
Abweichungen vom StandardrentnerWer 45 Jahre in den alten Bundesländern gearbeitet hat und dabei den Durchschnittslohn verdiente, bekommt pro Monat 1314 Euro ausgezahlt. Bei 40 Arbeitsjahren verringert sich die monatliche Auszahlung auf 1168 Euro. Wer nur 35 Jahre im Job war, bekommt 1022 Euro. Quelle: Fotolia

„Wir finden gemeinsam Lösungen, wenn ältere Mitarbeiter weniger arbeiten wollen“, sagt Anton Stanglmair, der bei Gore die Personalthemen verantwortet. „Denn natürlich wollen wir sie so lange wie möglich im Unternehmen halten.“ Das gelingt mit längeren Pausen, rückenschonenden Hebewerkzeugen in der Produktion, Altersteilzeit auch ohne staatlichen Zuschuss – lauter Details des Personalmanagements, die den Mitarbeitern vermitteln: Wir nehmen euch ernst.

Wer wie Gore agiert, ist also gut vorbereitet auf den drohenden Fachkräftemangel, den die Bundesregierung durch ihre Rente mit 63 noch verschärft. Denn ohne die Alten geht es nicht. Schon heute arbeiten in Deutschland 900.000 Menschen über das 65. Lebensjahr hinaus. Zum Teil aus finanziellen Gründen, aber auch, weil sie lieber Projekte leiten oder an der Werkbank stehen, als in der Schrebergartenidylle langsam Rost anzusetzen. Unternehmen, die sich um diese erfahrenen Mitarbeiter bislang nicht bemüht haben, bekommen jetzt und in Zukunft heftige Probleme.

Verluste überblicken

Denn das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat errechnet, dass durch die Neuregelung allein in diesem Jahr 240.000 Personen die Rente mit 63 in Anspruch nehmen könnten. Die Zahl setzt sich zusammen aus 150.000 Personen, die ohnehin in den Ruhestand gegangen wären, aber Abschläge in Kauf genommen hätten, die ihnen nun erspart bleiben. Hinzu kommen etwa 40.000 Selbstständige und 50.000 Arbeitnehmer, die sich durch das Gesetz nun tatsächlich früher vom Erwerbsleben verabschieden könnten. Wie viele dieses Angebot tatsächlich nutzen, zeigt sich erst am Jahresende. Bis jetzt sind bundesweit immerhin 85.000 dieser Rentenanträge bei den Versicherern eingegangen.

Um diesen zusätzlichen Verlust an Arbeitskräften zu überblicken, reichen zum Teil simple Instrumente: Personalstruktur analysieren und berechnen. In welchen Abteilungen werden Arbeiter und Angestellte wann in Rente gehen? Und wo kommt es dadurch zu Engpässen? Die Renteneintrittsregeln sind überschaubar: Mindestens 45 Beitragsjahre zur gesetzlichen Rentenversicherung müssen Beschäftigte belegen und nach Juni 1951, aber vor 1953 geboren sein. Dann kommen sie in den Genuss der abschlagsfreien Rente mit 63. Für Jüngere wird die Altersgrenze stufenweise wieder angehoben. Der Jahrgang 1964 geht dann nach 45 Jahren wieder mit 65 ohne Abschläge in Rente.

Darauf können Unternehmen rechtzeitig reagieren. Ausbildung und Nachfolgeplanung lauten die Stichworte, die in Konzernen wie der Allianz, BMW oder Audi die Personalentwickler beschäftigen, aber von den meisten Mittelständlern bisher vernachlässigt werden. Dabei ist es keine Frage der Größe, sich einen Überblick zu verschaffen. Fortschrittliche, international arbeitende Familienbetriebe wie das Elektrotechnikunternehmen Phoenix Contact im ostwestfälischen Blomberg, der Spezialist für Vakuumtechnologie J. Schmalz im Schwarzwald und Antriebstechniker EBM-Papst im Fränkischen, die schon wegen der abgelegenen, ländlichen Standorte mehr in Mitarbeitersuche und deren Bindung investieren, wissen genau, was auf sie zukommt. Bei EBM-Pabst könnten von fast 12.000 Beschäftigten in den nächsten zwei Jahren etwa 150 die Rente einreichen.

Genau das beschäftigt auch die Chefs der Verkehrsbetriebe Hamburg-Holstein (VHH). Hier rechnen die Personaler damit, dass von den gut 1600 Mitarbeitern bis 2019 acht Prozent in Rente gehen. Durch das Andrea-Nahles-Gesetz verkürzt sich der Planungszeitraum um zwei Jahre. „Der Druck steigt zwar“, sagt VHH-Vorstand Toralf Müller, „aber das wird für uns nicht dramatisch problematisch.“ Für 2014 liegt ihm noch kein einziger zusätzlicher Rentenantrag vor. Denn Müller und seine Mannschaft haben rechtzeitig gehandelt.

„Je genauer wir die Personen und ihre Berufe kennen, desto besser können wir überlegen, wie wir die Mitarbeiter halten“, sagt Müller. Der VHH-Demografietarifvertrag etwa sorgt mit Dienstplänen für Ältere und Gesundheitsbausteinen dafür, dass der Rücken, gemeinhin Schwachstelle aller Berufsfahrer, länger stabil bleibt. Den Zuschuss für Fitnesskurse und Sportvereine nehmen die Mitarbeiter gerne. Jeder zuverlässige und gesunde Fahrer, der in Rente geht, kann für 450 Euro im Monat dabeibleiben. 96 solcher Teilzeitrentner kurven derzeit durch den Osten und Westen Hamburgs bis nach Altona oder an die Alster.

Traumjob Busfahrer

Die meisten haben viele Jahre hinterm Lenkrad von einem der 577 Busse des Nahverkehrsunternehmens gesessen. Aber einige sind Spätberufene. Wie Jan Hahnheiser, der nicht mehr länger bei der Versicherung oder als selbstständiger Anwalt schuften wollte und so mit 61 noch den Busführerschein machte und zwei Jahre lang in Teilzeit den dichten Verkehr zu überlisten suchte. „Eigentlich will doch jeder Junge Lokomotivführer werden“, scherzt der Frührentner, der jetzt auf einen Minijob umgestiegen und noch drei bis fünf Tage im Monat auf Tour ist. „Ich muss finanziell nicht, will aber noch fahren.“

Wann die Europäer in Rente gehen
DeutschlandDie Arbeitnehmer in Deutschland sind nach Informationen der „Bild-Zeitung“ im vergangenen Jahr so spät in Rente gegangen wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Gleichzeitig sanken die Abschläge wegen vorgezogenen Renteneintritts auf den niedrigsten Wert seit 2003, berichtet die Zeitung unter Berufung auf die neueste Rentenzugangsstatistik der Deutschen Rentenversicherung. Danach stieg das durchschnittliche Renteneintrittsalter der Männer 2012 von 60,9 auf 61,2 Jahre. Frauen gingen mit 61 (2011: 60,8) Jahren in Rente. Das waren die höchsten Werte seit mehr als 20 Jahren. Im Jahr 2000 wechselten Männer noch im Schnitt mit 59,8 Jahren aufs Altenteil, Frauen mit 60,5 Jahren. Quelle: dpa
FrankreichAuch in Frankreich ist das Renteneintrittsalter gestiegen: 2009 - vor der Anhebung der Altersgrenze - gingen die Franzosen noch mit durchschnittlich 59,3 Jahren in Pension, 2012 waren sie im Schnitt 62 Jahre und 2 Monate alt (2011: 61 Jahre und 11 Monate). Wer vor seinem 20 Lebensjahr angefangen hat zu arbeiten und in die Rentenkasse einzuzahlen, darf bereits mit 60 Jahren aufs Altenteil wechseln, ohne Abschläge befürchten zu müssen. Quelle: AP
Griechenland2012 haben sich die griechische Regierung und die Troika aus Europäischer Zentralbank, Europäischer Union und Internationalem Währungsfondsdarauf geeinigt, das Renteneintrittsalter in dem Schuldenstaat anzuheben. Seit dem gehen die Griechen - zumindest nach Plan - mit 67 statt wie zuvor mit 65 Jahren in den Ruhestand. 2011 betrug das durchschnittliche Renteneintrittsalter in Griechenland 61,4 Jahre. Quelle: dpa
ItalienItalienische Frauen verbringen inzwischen durchschnittlich 27,3 Jahre im Ruhestand, Männer knapp 23. In Rente gehen die Italiener im Schnitt mit 60,8 Jahren. Wenn sie keine Abschläge hinnehmen wollen, müssten sie eigentlich bis 62 arbeiten. Quelle: AP
Spanien2011 hat sich auch die spanische Regierung angesichts eines gigantischen Schuldenberges dazu entschlossen, die Altersgrenze anzuheben: Wie auch in Deutschland und Griechenland soll das Renteneintrittsalter schrittweise auf 67 Jahre angehoben werden. Zuvor gingen die Spanier im Schnitt mit 62,6 statt 65 Jahren in Rente. Beschäftigte, die bereits 38,5 Jahre gearbeitet haben, haben allerdings weiterhin ab dem 65 Lebensjahr einen Anspruch auf volle Rentenbezüge. Quelle: dapd
GroßbritannienSeit 2011 gibt es in Großbritannien kein offizielles Rentenalter mehr. Die Briten können also selbst entscheiden, wann sie in den Ruhestand gehen. Zuvor konnten die Briten mit 60 Jahren (Frauen) beziehungsweise 65 Jahren (Männer) die Arbeit Arbeit sein lassen. Das tatsächliche Eintrittsalter lag vor der Abschaffung des Rentenalters bei 63,1 Jahren. Quelle: AP
IrlandDie Iren arbeiten am längsten: So müssen auf der grünen Insel Männer und Frauen noch bis 65 arbeiten und tun es auch - zumindest bis sie (im Durchschnitt) 64,1 Jahre alt werden. Wegen des Schuldenberges der grünen Insel erhöht die irische Regierung nun schrittweise das Rentenalter von 65 auf 68 Jahre. Quelle: AP

Für andere ist nicht die Freude am Fahren, sondern der Zuverdienst Anreiz, um weiterzumachen. „Gute Fahrer, die die Speditionen jenseits der Rentengrenze halten wollen, werden besser bezahlt“, sagt Rüdiger Ostrowski, Vorstand des Verbandes Spedition und Logistik Nordrhein-Westfalen. Nun müssen die Firmen früher tiefer in die Tasche greifen, denn viele der begehrten Fahrer können mit 63 statt mit 65 in Rente gehen. 10 bis 15 Prozent Zuschlag aufs Vollzeitgehalt sind keine Ausnahme. Und: Für den Fernverkehr werden die Fahrer noch knapper, weil Ältere lieber im Nahverkehr unterwegs sind.

Erfahrung und Wissen halten will auch Bosch. Innerhalb der nächsten zehn Jahre könnten dort ein bis zwei Prozent der 107 000 Beschäftigten zusätzlich abschlagsfrei in Rente gehen, also etwa 2000 Mitarbeiter über alle deutschen Standorte. Bosch-Personalgeschäftsführer Christoph Kübel hält die Rente mit 63 für ein falsches Signal: „Die Rente mit 67 ist der richtige Weg.“ Für den Technikkonzern selbst sieht er allerdings kein Risiko. Etwa 100 Arbeitszeitmodelle, Altersteilzeit und der im Metalltarifvertrag festgelegte Anspruch auf einen flexiblen Renteneinstieg schaffen gleitende Übergänge in die dritte Lebensphase. Schon bisher gingen einige Arbeitnehmer vor dem 65. Lebensjahr in den Ruhestand. Dennoch versucht auch Bosch, mit zertifizierten Arbeitsplätzen und Gesundheitsprogrammen die Mitarbeiter in der Produktion zu halten, dank derer Erfahrung die Fließbänder niemals stillstehen.

Mit den Senioren zufrieden

Und wer doch geht, kann für Projekte wiederkommen – anteilig bezahlt nach seinem letzten Gehalt. Die Tochtergesellschaft Bosch Management Support, gegründet, um auf pensionierte Führungskräfte zurückgreifen zu können, öffnet sich inzwischen auch den Werkstattmeistern. 1600 Senioren haben ihre Fähigkeiten und Kontaktdaten in einer Datenbank hinterlassen. 50.000 Arbeitstage leisteten die verrenteten Boschianer im Jahr 2013. 1,6 Prozent der Freiwilligen sind jenseits der 75, die meisten bis 69 Jahre aktiv. Ob es in China, Mexiko oder Deutschland in der Produktion klemmt, die sogenannten Silver Worker springen ein. Und das zur vollen Zufriedenheit der hilfsbedürftigen Bosch-Werke: 90 Prozent würden wieder auf den Rat der jung gebliebenen Alten setzen.

Diese Quote erklärt sich durch die Auslese. „Wir führen Gespräche, denn außer der Qualifikation und dem Wunsch, am Ball zu bleiben, ist es entscheidend, dass die Berater Sozialkompetenz mitbringen“, sagt Robert Hanser, der seit Juli Senioren-Geschäftsführer und selbst mit 60 Jahren in Pension gegangen ist.

Das ist nicht ungewöhnlich, steht die 60 doch bei vielen Führungskräften als Ausstiegsalter im Vertrag. Da diese sich jedoch oftmals noch zu jung für den Ruhestand fühlen, betreuen sie regelmäßig Projekte. Wobei Bosch darauf achtet, dass keine Dauerarbeitsverhältnisse entstehen.

Denn obwohl viele der Teilzeitrentner ihr Wissen gerne an die nächste Generation weitergeben und weiterhin Verantwortung im Unternehmen übernehmen wollen, sollte auch etwas Zeit für den wohlverdienten Ruhestand bleiben.

Wie bei Bekleidungsphysiologe Nocker von Gore. Sein Hobby ist die Jagd. Praktisch daran: Weil Jäger meist früh morgens oder in der Abenddämmerung unterwegs sind, lässt sich diese Leidenschaft bestens mit seinem Job vereinbaren.

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