Personalprobleme der Bundeswehr Lieber Spaziergänge statt Gewaltmärsche

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Fehlende Kraft der Kameradinnen

Neben der Aussetzung der Wehrpflicht und dem gesamtgesellschaftlichen Fitnessverlust hat vor allem die verstärkte und unbeschränkte Aufnahme von Frauen in die Truppe deren Zustand einschneidend verändert.

Die erste weibliche Verteidigungsministerin der deutschen Geschichte hat sich das Ziel gesetzt, den Frauenanteil in der Truppe von gegenwärtig rund neun auf 15 Prozent zu erhöhen. Doch während der kürzlich verabschiedete Personalchef des Verteidigungsministeriums, Generalleutnant Wolfgang Born, von den „ganz eigene Qualitäten und Stärken, von denen wir als Bundeswehr gerne mehr profitieren möchten“ schwärmt, zeigt sich in der Truppe selbst ein ganz anderes Bild.

Spricht man mit aktiven Soldaten über das Geschlechterverhältnis in der Truppe, werden sie schnell nervös und beharren auf strikter Anonymität. Und dann kann jeder Geschichten erzählen von Rekrutinnen, die bei der Grundausbildung erschöpft zusammenbrachen.

Von Kameradinnen, die nicht in den Auslandseinsatz müssen, dafür aber bei Beförderungen bevorzugt werden. Eine interne Umfrage-Studie mit dem Titel „Truppenbild ohne Dame“ bestätigt, dass solche Erzählungen keine Latrinenparolen, sondern offenbar erlebte Wirklichkeit im Alltag der Bundeswehr sind: 49 Prozent der Soldaten (2005 noch 45) glauben, dass von Frauen weniger erwartet wird. 62 Prozent der Soldaten (2005 noch 52) glauben, dass Soldatinnen bessere Karrierechancen haben.

Armee mit Schrott
Helme der Bundeswehr Quelle: dpa
Der Puma-Panzer ist nicht zu bremsen Quelle: dpa
Eine Rekrutin der Bundeswehr sichert auf einem Truppenübungsplatz eine Patrouille. Quelle: dpa
Mitte September 2014 sorgte diese Panne für Aufsehen und lenkte die öffentliche Aufmerksamkeit nach längerer Zeit wieder auf die Ausrüstungsmängel bei der deutschen Bundeswehr: Weil die Transall-Maschinen der Bundeswehr technische Defekte aufwiesen, konnten die Ausbilder, die kurdische Peschmerga-Kämpfer bei ihrer Arbeit gegen den radikal islamischen IS im Irak vorerst nicht zu ihrer Mission aufbrechen. Sie mussten die Maschinen auf dem Militärflugplatz Hohn wieder verlassen. Es ist die jüngste, aber bei weitem nicht die erste Blamage in Sachen Bundeswehrausrüstung. Quelle: AP
Wie jetzt durch einen Bericht der „Süddeutschen Zeitung“ bekannt wurde, gab es auch bei den Bordhubschraubern vom Typ Sea Lynx der Marine erhebliche Ausfälle. Von 22 Maschinen sei keine einzige einsatzbereit, so das Blatt, was sich nach dem der „SZ“ vorliegenden internen Dokument 2014 auch nicht mehr ändern werde. Im Juni wurde demnach in einem Modell einer Fregatte ein 20 Zentimeter langer Riss entdeckt, woraufhin der komplette Betrieb mit dem Modell zunächst eingestellt wurde. Wohl zu Recht: Danach wurden an drei weiteren Hubschraubern ähnliche Schäden gefunden. Quelle: dpa
Bereits im August gab es Berichte über nur bedingt einsatzfähiges Bundeswehrmaterial. So meldete das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ unter Berufung auf ein internes Dokument des Verteidigungsministeriums, von den hier Schau fliegenden Kampfjets des Typs Eurofighter seien nur acht von 109 Maschinen voll einsatzbereit. Von 67 CH-53-Transporthubschraubern konnten demnach im August ebenfalls nur sieben in die Lüfte gehen. Quelle: dpa
Und auch die Bundeswehrhubschrauber vom Typ NH-90 glänzten nicht gerade mit Bereitschaft: Laut „Spiegel“ waren im Sommer nur fünf von 33 voll intakt, während unter den Transall-Maschinen des Typs C-160 auch damals nur 21 flugtüchtig waren. Quelle: dpa

Die Mehrheit der Soldaten (57 Prozent) und sogar viele Soldatinnen selbst sagen, dass die Bundeswehr sich durch die Verweiblichung verschlechtert habe. Bei der gleichen Untersuchung hatten 2005 nur 52 Prozent der Männer von einer Verschlechterung gesprochen. 34 statt früher 28 Prozent der Soldaten glauben, dass Frauen dem harten Leben im Felde beziehungsweise zur See nicht gewachsen sind.

Sarah Seeles Tod auf der Gorch Fock war damals Anlass für einen Gastbeitrag in der Fachzeitschrift „Marine Forum“, der damals bis in die „Bild-Zeitung“ für Aufsehen sorgte. Die moralische Empörung über diesen Text fiel vielen Lesern innerhalb und außerhalb der Bundeswehr leicht, da der Autor Erik Lehnert als Angehöriger der rechten Szene gilt.

Er schrieb, die Soldatinnen zwängen „den männlichen Kameraden faktisch ihre eigenen physischen Beschränkungen auf, indem sie Standards senken“. Und er behauptet, der Dienst beim Militär liege „jenseits der körperlichen Fähigkeiten der meisten Frauen“.

Nicht nur nach Ansicht der für „Truppenbild ohne Dame“ befragten Soldaten steckt in dieser Behauptung möglicherweise doch eine nicht zu verleugnende Wahrheit: Untersuchungen des Zentralen Instituts des Sanitätsdienstes haben gezeigt, dass etwa 60 Prozent der jungen, gesunden Frauen nicht in der Lage sind, eine 75 Kilogramm schwere Person zu viert auf einer Trage zu transportieren. Die Greifkraft ihrer Hand reicht einfach nicht aus. Im Ernstfall kann diese fehlende Kraft den Tod eines Verwundeten bedeuten.

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