Personalrochaden Kostspielige Versetzungen beim BAMF

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Kosten können mehrfach anfallen

Den Steuerzahler könnte die Umsetzungsaktion derweil teuer zu stehen kommen. Welche durchschnittlichen Ausgaben pro Mitarbeiter durch die Versetzungen anfallen und was diese Maßnahme insgesamt kosten soll, wollte ein BAMF-Sprecher zwar „aus Rücksicht auf die betroffenen Mitarbeitenden“ nicht mitteilen. Mit der Sache vertraute Personen sprechen aber von mindestens 2000 Euro pro Mitarbeiter und Monat – in Einzelfällen könne die Summe noch deutlich größer ausfallen. „Wer gute Gründe hat, kann sich für eine gewisse Zeit eine Zweitwohnung bezahlen lassen“, sagt eine dieser Personen.

Zudem könnten diese Kosten mehrfach anfallen. Der WirtschaftsWoche liegt ein internes Gesprächsprotokoll aus dem März 2018 vor, in dem BAMF-Vizepräsident Ralph Tiesler einräumt, dass es „im Bereich des Möglichen“ läge, dass Mitarbeiter zwei Mal umziehen müssten – einmal im Rahmen der aktuellen Entfristungsaktion und ein weiteres Mal, weil Außenstellen schließen, in die die Mitarbeiter wenige Monate zuvor versetzt worden sind. Es könne aber nicht vorhergesagt werden, wie hoch die Wahrscheinlichkeit dafür sei, sagte Tiesler laut dem Protokoll.

Fest steht: Ende des Jahres schließt beispielsweise die Außenstelle Reutlingen – trotzdem werden dorthin rund 30 Mitarbeiter versetzt, die dann 2019 abermals umziehen dürfen. Wie es dann weiter geht? Ist offen. Ab 2019 werde die Standortplanung problematisch, so Tiesler laut dem Protokoll vom März: „Man müsse erst sehen, was ist und was noch bleibe. Ein konkretes Außenstellungsschließungskonzept läge noch nicht vor“, heißt es dort.

Grund für dieses Chaos ist eine fehlende Standortplanung für die Zukunft der rund 70 BAMF-Niederlassungen in ganz Deutschland. „Die Standortplanung ist abhängig von den Entscheidungen der von der großen Koalition beschlossenen Einrichtungen von Ankerzentren“, teilt der BAMF-Sprecher mit. In den Ankerzentren sollen Asylsuchende für die gesamte Dauer ihres Asylverfahrens untergebracht werden – rund 40 solcher Zentren will Bundesinnenminister Horst Seehofer aufbauen. Die meisten Ministerpräsidenten lehnen Seehofers Plan aktuell allerdings ab, weswegen weiter unklar ist, ob und wann die Ankerzentren kommen.

„Bisher kennen wir nur Ankündigungen aus Interviews und Pressekonferenzen“, sagte der niedersächsische Ministerpräsident Boris Pistorius (SPD) in der Bild. Bis nicht feststehe, was Seehofer genau vorhabe, werde sich Niedersachsen nicht melden. Bayerns Innenminister Joachim Hermann (CSU) dagegen will in jedem Regierungsbezirk in Bayern ein Ankerzentrum aufbauen.

Mit dem Aufbau dieser Zentren einhergehen dürfte die Schließung zahlreicher BAMF-Niederlassungen. Welche davon betroffen sein werden, ist noch weitgehend unklar. Das BAMF hat erst Mitte März eine Projektgruppe „Standortplanung und Umsetzung BAMF 2018“ gegründet, die Vizepräsident Tiesler direkt unterstellt ist und bis Ende 2018 bestehen soll.
„Die Standortfrage ist noch nicht gelöst, aber die Mitarbeiter werden ohne Rücksicht durch die Republik geschickt“, sagt Rudolf Scheinost, Vorsitzender des Gesamtpersonalrats beim BAMF. „Es ist nicht nur eine Frage des behutsamen Umgangs mit Steuergeldern, sondern auch eine Frage der Menschlichkeit.“ Kostengünstiger und einfacher für die Mitarbeiter wäre es laut Scheinost gewesen, erst die Standortplanung abzuschließen und dann die Umsetzungen vorzunehmen.

Eine Frage zur haushälterischen Sinnhaftigkeit der Umsetzungsmaßnahmen ohne Standortkonzeption ließen BAMF und BMI unbeantwortet.

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