Piratenpartei Die fünf Probleme der Piraten

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"AfD ist keine Konkurrenz"

Ein Button der AfD Quelle: dpa

Viele Probleme, mit denen die Piraten derzeit kämpfen, stehen den Euroskeptikern noch bevor oder haben bereits begonnen. "Ich sehe die AfD nicht mehr als Konkurrenz", sagt Schlömer. Die Querelen seien bereits stärker, als die Fähigkeit politische Arbeit zu leisten. Zudem sei die Piratenpartei zukunftsorientiert, die AfD eher rückwärtsgewandt. Doch während sich die Piraten nach außen gelassen geben, wissen sie intern genau, dass die neue Konkurrenz sie entscheidende Punkte kosten könnte. So twittern die Piraten inzwischen so häufig über die AfD wie sonst nur über den einstigen Lieblingsgegner FDP.

Vorläufiger Höhepunkt in der Auseinandersetzung war ein Auftritt auf dem Parteitag: Ein Pirat und Vorstandskandidat für den Bundesvorstand outete sich während seiner Bewerbungsrede als Neumitglied der Euroskeptiker. Prompt erhielt er Hausverbot und die Piraten verabschiedeten eine Unvereinbarkeitsklausel: Doppelmitgliedschaften sind sonst explizit zulässig, die Piraten akzeptieren Mitglieder der CSU oder der Linken in ihren Reihen – nur die AfD ist unerwünscht.

Abwerbeversuche der AfD

Der Auftritt war kein Einzelfall, denn die AfD wirbt gezielt um Piraten. Schon vor der Parteigründung hatte Lucke Piratenchef Schlömer angeschrieben, um eine Zusammenarbeit auszuloten. Kürzlich erhielt auch Marina Weisband eine E-Mail, in der sie gefragt wurde, ob sie nicht zur AfD wechseln möchte. Auch andere Piraten sollen angeschrieben worden sein. "Einige anstrengende Leute sind gewechselt, die teilweise eine gefährliche Einstellung zu Themen wie Meinungsfreiheit haben", sagt Weisband. Sie eigentlich froh darüber, sich mit einigen Querulanten weniger herumärgern zu müssen. 

Während sich die AfD derzeit noch auf die Eurokritik fokussieren kann, spielt die Währungskrise bei den Piraten keine große Rolle. Denn gerade in Wirtschaftsfragen zeigt sich immer wieder die Zerrissenheit zwischen linken und liberalen Positionen. Während Parteichef Schlömer und sein Vize Sebastian Nerz die Piraten als sozialliberale Partei definieren, repräsentierte der frühere Occupy-Aktivist Johannes Ponader den linken Flügel. Allerdings wird die Existenz dieser Strömungen bis heute von vielen Parteimitgliedern ignoriert, die politische Positionierung ist in vielen Bereichen nicht geklärt.  

Piraten sind dem einen zu links, dem anderen zu rechts

"Als ich 2009 den Piraten beigetreten bin, standen die Piraten für ein freiheitliches, liberales Menschen- und Gesellschaftsbild mit sozialer Verantwortung", sagt René Brosig. Als beispielhaft für diese Haltung nennt er eine Formulierung aus dem Grundsatzprogramm: "Wir wollen Armut verhindern, nicht Reichtum", heißt es da.

Brosig setzte sich dafür ein, arbeitete im Vorstand als Schatzmeister. Dann gab er den Posten auf, dem Bilanzexperten bei Siemens war die Doppelbelastung zu viel geworden. Doch auch politisch entfernte sich die Partei von seinen Vorstellungen. "Mit dem Mitgliederzuwachs wurden die liberalen Positionen zunehmend durch linke Positionen verdrängt", kritisiert Brosig.

Nach dem Parteitag in Bochum zog er die Konsequenz und trat aus. Ausschlaggebend waren Beschlüsse zu Rentenpolitik und Krankenversicherung. Die Piratenpartei will alle bisherigen Systeme einschließlich der Pensionen zu einer Rentenkasse zusammenfassen und alle Einkommen und Kapitalerträge zur Zahlung verpflichten. Der in der DDR aufgewachsenen Brosig kritisiert das als "Kollektivismus", der seiner Vorstellung einer freien Gesellschaft widerspricht. 

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