




Der Beistand für Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) und seine Pkw-Maut schwindet unaufhörlich. Jetzt lehnt auch der mächtige Landesverband der CDU in Nordrhein-Westfalen eine Maut auf allen Straßen ab - "einstimmig und ohne Enthaltung", hieß es aus Düsseldorf. Auch Niedersachsen will nicht mehr zustimmen.
Was eigentlich als politischer Coup geplant war, nämlich die Bundesländer an den Einnahmen zu beteiligen und so einen breiten politischen Konsens herzustellen, kehrt sich ins Gegenteil. Der Gegenwind hat sich inzwischen zu einem Sturm aufgetürmt.
Angesichts des heimischen Widerstands setzt Dobrindt nun vor allem auf den einstiegen Feind der Maut-Pläne. Am Wochenende reist Dobrindt nach Bayern, um dort auch den derzeitigen EU-Verkehrskommissar Siim Kallas zu treffen. Ein Thema: die Pkw-Maut und das weitere Vorgehen bei der Erstellung eines Gesetzentwurfes für eine Infrastrukturabgabe.
Die Gespräche seien Teil des abgemachten Verfahrens zwischen Berlin und Brüssel, heißt es. Die EU-Kommission, ein vehementer Gegner der Pläne Dobrindts, soll den Minister so auf die richtige Spur bringen.
Denn die Kommission ist nicht per se gegen eine Maut. Im Gegenteil: Kallas befürwortet ausdrücklich den Einstieg in die Nutzerfinanzierung. Wer auf Straßen fährt, soll dafür zahlen. Aus den Einnahmen ließen sich die Ausgaben für Sanierung und Instandhaltung bezahlen. Das ist ökonomische Theorie in Reinform. "Nutzergebühren, die helfen, den Erhalt der Verkehrsinfrastruktur zu finanzieren, finden unsere volle Zustimmung", sagte Kallas kürzlich der Logistikzeitung DVZ.
In Brüssel schrillen die Alarmglocken
Doch Dobrindt will eine Pkw-Maut einführen und gleichzeitig die Kfz-Steuer senken. Auch das stellt an sich noch kein Problem dar. Schon Vorgänger Peter Ramsauer hat so ein Modell vorgeschlagen. Der Kern des Problems: Es darf "keinerlei Diskriminierung geben", so Kallas. Doch wenn die Kfz-Steuer in gleicher Höhe sinkt wie ein Nutzer für die Maut zu zahlen hat, dann schrillen in Brüssel die Alarmglocken. Denn dann wären einseitig nur die Ausländer belastet, aber kein einziger Deutscher. "Das werden wir niemals akzeptieren."





Es ist also wahrscheinlich, dass Dobrindt und Kallas am Wochenende genau darum streiten werden. Dobrindt steht weiter auf dem Standpunkt, dass die Kfz-Steuer eine nationale Angelegenheit sei, mit der ein Land machen darf, was es wolle. Ob parallel eine Maut eingeführt werde, spiele keine Rolle. Dobrindt hat nun zwei Möglichkeiten: Er kann die Kritikpunkte der Kommission ernst nehmen und eine Maut einführen, die Brüssel akzeptiert. Oder er bleibt stur und löst damit einen europapolitischen Eklat aus.
Dobrindt droht Gesichtsverlust
Wählt Dobrindt die politischen Attacke, wird wohl irgendwann der Europäische Gerichtshof über die deutsche Maut entscheiden. Irgendein Land oder Pkw-Nutzer wird schon eine Klage einreichen. Die Option wäre also unklug. Akzeptiert Dobrindt die Einwände aus Brüssel, müsste er allenfalls einen Gesichtsverlust fürchten. Doch der Kollateralschaden wäre deutlich geringer.
Wie könnte eine PKW-Maut also aussehen, die Brüssel akzeptiert? Klar ist: Das Versprechen der großen Koalition, keinen einzigen deutschen Autofahrer zu belasten, ist nicht zu halten. Es muss also einige Autofahrer geben, die mehr zahlen als vorher, andere könnten dafür zusätzlich profitieren. Am ehesten ließe sich so eine Maut verkaufen, wenn sie nach Öko-Kriterien ausgerichtet wäre.
Auch Dobrindt beabsichtigt ja, solche Öko-Klassen umzusetzen. An der Höhe der Entlastung wäre dann auch eins zu eins die Kfz-Steuer gekoppelt. Die Freibeträge sollen die Maut "vollständig und unbürokratisch" kompensieren. Brüssel würde wohl akzeptieren, wenn etwa PS-starke Spritschlucker noch mehr Maut zahlen würden und nicht vollständig kompensiert würden.
Im Gegenzug könnten schadstoffarme Autos etwas stärker entlastet werden. Es träfe also die BMW- und Mercedes-Fahrer, die es sich leisten könnten, nicht aber die Polo- und Smart-Besitzer. Unterm Strich könnten die Maut-Einnahmen dann genau so hoch ausfallen wie die Summe aus der Senkung der Kfz-Steuer. Der "deutsche Durchschnitts-Autofahrer" bliebe also verschont.
Damit wäre Brüssel befriedet. Nur noch nicht die CDU in NRW. Da muss Dobrindt andere Überzeugungsarbeit leisten. Vielleicht hat er ja recht: "Durch die Infrastrukturabgabe wird es keine Auswirkungen auf den Grenzverkehr geben", weil sich ohnehin jeder eine Jahresvignette kaufe.