PKW Maut Was vom Maut-Untersuchungsausschuss zu erwarten ist

Nach der Beerdigung der Maut-Pläne geht es nun an die Aufarbeitung der Vorwürfe. Scheuer sieht den Ausschuss als eine „Chance zur Versachlichung und zur Aufklärung“. Quelle: dpa

Verkehrsminister Andreas Scheuer sagt, er habe den Sachverhalt zur gescheiterten Pkw-Maut aufgeklärt. Die Opposition erhofft sich jedoch viel von einem Untersuchungsausschuss. Was stimmt denn jetzt?

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Politiker von Oppositionsfraktionen erzählen gerne Anekdoten über Bundesminister. Manchmal, weil sich so die eigene politische Botschaft besser verkaufen lässt. Oft aber einfach nur, weil sie etwas kurios oder witzig finden. In dieser Sitzungswoche im Bundestag hörte man oft die Geschichte von einem freundlichen Verkehrsminister, der eifrig versuchte, bei Abgeordneten der FDP Sympathiepunkte zu sammeln. Man läge in vielen verkehrspolitischen Fragen doch gar nicht so weit auseinander, soll er argumentiert haben. Und ob das denn wirklich sein müsse mit dem Untersuchungsausschuss zur Pkw-Maut?

Die Antwort der Liberalen war so eindeutig wie enttäuschend für Andreas Scheuer (CSU): Es muss sein. Wie auch die Fraktionen der Grünen und Linken beschloss die FDP, dass jetzt ein Untersuchungsausschuss aufklären soll, ob Scheuer bei der Vergabe der Pkw-Maut Fehler gemacht hat. Erste Rücktrittsforderungen begleiteten die Beschlüsse.

Der Verkehrsminister reagierte, noch bevor der Untersuchungsausschuss offiziell eingesetzt ist. Scheuer ging in die Offensive. Er sehe den Ausschuss als eine „Chance zur Versachlichung und zur Aufklärung“. Er habe außerdem recherchiert, dass zuvor noch kein Minister jemals für so viel Transparenz gesorgt habe – noch bevor die Opposition überhaupt zu ihrem schärfsten Schwert, dem Untersuchungsausschuss, gegriffen hat.

Bei so viel Eigenlob, bietet es sich an, ein paar grundsätzliche Dinge noch einmal zu sortieren.

Worum geht es eigentlich?
Im Juni beerdigte ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) die Pkw-Maut. Ein Lieblingsprojekt der CSU, das nur ausländische Autofahrer zusätzlich belasten sollte. Scheuer hatte es zwar nur von seinem Vorgänger und Parteifreund Alexander Dobrindt geerbt, aber plötzlich stand er selbst in der Kritik. Hätte er nicht warten müssen, Verträge mit Betreiberunternehmen zu schließen, bis das Urteil vorlag? Und wie könne es sein, dass der Steuerzahler jetzt mit Entschädigungsforderungen dieser Firmen in dreistelliger Millionenhöhe rechnen müsse?

Scheuer hatte die Verträge mit Kapsch und Eventim, den geplanten Betreibern, sofort nach dem EuGH-Urteil gekündigt. Er betont auch immer wieder, dass bisher noch keine Forderungen vorlägen.

Was hat Scheuer bisher aufgeklärt?
Mit einem großen Stapel Akten auf einem Wägelchen hinter sich kam Scheuer im Sommer zu einer Sitzung des Verkehrsausschusses. Seht her, so die Botschaft, volle Transparenz. Die Verträge mit Kapsch und Eventim stellte er anschließend auf die Homepage seines Ministeriums. Hunderte Seiten, als PDF-Dokument, für jeden einsehbar. Viele Details, wie die Kontrolle und Erhebung der Maut gelaufen wären, gehen daraus hervor.

Erst nach und nach gab Scheuer jedoch Auskunft über einige Treffen zwischen ihm, einem seiner Staatssekretäre und Vertretern von Kapsch und Eventim. Die Opposition nennt sie Geheimtreffen. Scheuers PR-Leute erfanden daraufhin in ihrem „Neuigkeitenzimmer“ den Hashtag #nixgeheim. Bis heute ist nicht klar, was wann genau besprochen wurde. Das Ministerium verweist darauf, dass Gespräche solcher Art nicht dokumentiert werden müssten.

Scheuer hält auch daran fest, dass er den klaren Auftrag des Parlaments gehabt habe, die Verträge noch im Jahr 2018 zu schließen. Hätte er auf das Urteil gewartet und wäre das dann positiv ausgefallen, so seine Argumentation, stünde er nun umgekehrt in der Kritik: Dann hätte die Opposition bemängelt, Scheuers zögerliches Handeln habe dafür gesorgt, dass dem Staat Millioneneinnahmen entgingen.  

Was ist noch offen?
In den Medien spielte der Inhalt der Gespräche zuletzt eine große Rolle. Der Chef von Kapsch habe Scheuer vor Vertragsabschluss angeboten, auf das Urteil zu warten, berichtete der „Spiegel“. Der Minister habe das unter anderem aus parteipolitischen Gründen zurückgewiesen. Scheuer bestreitet diesen Vorwurf seit Wochen.

Die Verkehrsexperten der Opposition haben jedoch weitaus mehr Fragen, die im Untersuchungsauftrag des Ausschusses von a) bis m) aufgelistet sind. Das geht von sehr allgemeinen Fragen dazu, wer wann was wusste, bis hin zu rechtlichen Details bei der Ausgestaltung der Verträge. Nicht jeder Punkt, nicht jede Einzelfrage ist auf die gleiche Weise heikel für Scheuer und sein Ministerium.

Was könnte Scheuer gefährlich werden?
Sollte es gelingen, ihn der Lüge zu überführen, würde es wohl ziemlich eng für Scheuer. Dazu müsste die Opposition nachweisen, dass in den Geheimtreffen genau das gesagt wurde, was der CSU-Politiker nachdrücklich dementiert. Ebenso brisant ist die Frage, ob die wahren Kosten der Maut versteckt und verschleiert wurden. Dann hätte Scheuer dem Bundestag ein falsches Budget vorgelegt.

Nicht ganz ungefährlich sind auch die rechtlichen Details der Vergabeverfahrens. Da es am Ende nur noch einen Wettbewerber im Verfahren gab, hätte laut einer Recherche des ZDF eigentlich das sogenannte Preisrecht angewandt werden müssen, das einstellige Gewinnmargen von um die fünf Prozent zulässt. Auch diesen Aspekt sehen viele Oppositionspolitiker noch als wenig aufgeklärt.

Wann geht es los?
Nächste Woche wird der Bundestag den Untersuchungsausschuss wohl offiziell einsetzen. Der sich dann wiederum konstituieren und einen Plan erarbeiten muss, wann welche Zeugen geladen werden. Richtig los geht es mit den  Befragungen dann voraussichtlich im Dezember.

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