Plädoyer für die Cannabis-Freigabe Haschisch für alle

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Hohe Einnahmen durch Lizenzen

Der Staat könnte Steuern und Abgaben erheben sowie Anbau und Handel lizenzieren. Colorado nahm so 2014 umgerechnet knapp 50 Millionen Euro ein – drei Viertel davon aus dem Verkauf an Privatleute, der Rest geht auf medizinische Zwecke zurück. Auf Deutschland hochgerechnet, könnte der Staat jährlich rund 800 Millionen Euro einnehmen, wenn nicht mehr. Denn allein in Colorado stiegen die Einnahmen im März dieses Jahres um berauschende 150 Prozent gegenüber Vorjahr. Es dürfte also für Deutschland eher mit Einnahmen um die zwei Milliarden Euro pro Jahr gerechnet werden. Ökonom Hüther erwartet Mehrwert- und Einkommensteuereinnahmen von 500 Millionen Euro bis zu 3,5 Milliarden Euro. Im Vergleich dazu: Durch die Einführung der Pkw-Maut kalkulieren Experten ein Steuerplus von 100 bis 300 Millionen Euro.

Die Grünen rechneten sogar schon ihr eigenes Kiff-Steuermodell durch und brachten das Cannabiskontrollgesetz Mitte März in den Bundestag ein, das den Erwerb und Besitz von bis zu 30 Gramm Cannabis erlaubt. Ihr Vorschlag: Je höher die Konzentration von Tetrahydrocannabinol (THC), also der Substanz, die psychoaktive Effekte auslöst, desto höher die Steuer – wie beim Alkohol. Der Staat würde für Marihuana vier Euro pro Gramm erheben, für Haschisch fünf und Haschischöl sechs Euro.

Die Einnahmen hingen letztlich davon ab, wie aggressiv der Staat gegen den Schwarzmarkt anpreist. Um ihn „möglichst vollständig auszutrocknen“, sollten die Steuersätze anfangs „nicht zu hoch gesetzt werden“, sagt die Grünen-Steuerexpertin Lisa Paus. Alternativ könnten Nutzer bis zu drei Hanfpflanzen zu Hause züchten – das entspricht rund 30 Gramm steuerfrei. Auch das drückt die Einnahmen.

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4. Der Stoff wird gesünder

Bis zu 10.000 Proben illegaler Drogen bekommt Dirk Seinsche jedes Jahr auf seinen Labortisch – die Hälfte davon Cannabis. Der Analyse-Chef des Landeskriminalamts NRW in Düsseldorf ermittelt dann den THC-Anteil sichergestellter Hanfproben. „In den vergangenen fünf Jahren ist der THC-Gehalt deutlich gestiegen.“ Er liege bei Marihuana im Schnitt bei 14 Prozent – ein Plus von drei bis vier Prozentpunkten. Manchmal entdeckt Seinsche aber noch mehr: „In Einzelfällen finden wir in den Proben auch Dünger, Glassplitterchen und Haarspray.“

Denn um das Gewicht der Ware zu erhöhen, strecken Produzenten ihr Cannabis oft mit versteckten Substanzen. Der Schwarzmarkt kennt keine Qualitätsvorgaben. Die Nebenwirkungen der Verunreinigungen seien „wissenschaftlich nicht untersucht“, so Seinsche, doch Gefahren für die Gesundheit „sind wahrscheinlich“. So verkauften Dealer in Leipzig 2007 Cannabis, das mit Blei gestreckt war. Die Folge: Dutzende Fälle schwerer Vergiftungen. Bis vor Kurzem tauchten illegale Produzenten Cannabis gerne in Flüssigkeit aus Zucker, Hormonen und flüssigem Kunststoff. Das Brix gilt als gefährlich.

Die Kosten für den Dreck im Joint sind nicht zu beziffern. Aber wenn der Staat Cannabis legalisiert, könnte er knallharte Qualitätsvorgaben machen. Laut einer Studie der Carnegie-Mellon-Universität im amerikanischen Pittsburgh würden obligatorische Qualitätstests den Produktionspreis eines Gramms Cannabis um umgerechnet 10 bis 55 Cent erhöhen.

Es sei „unwahrscheinlich, dass die Tests auf Potenz und Verunreinigungen den Handelspreis maßgeblich nach oben treiben“, schlussfolgern die Autoren. Wirtschaftsethiker Ingo Pies von der Universität Halle fordert, man solle „die faktische Deregulierung, die auf Schwarzmärkten stattfindet, durch eine wohldurchdachte Regulierung ersetzen“. In Uruguay prüft etwa eine Aufsichtsbehörde die Qualität der Hanfproduktion. Apotheken übernehmen den Verkauf von Cannabis.

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