Pläne der Bundesregierung Sozialverbände lehnen kostenlosen Nahverkehr ab

Pläne der Bundesregierung für einen zeitweiligen kostenlosen Nahverkehr sorgen weiter für Diskussion. Sozialverbände sehen falsche Zielsetzungen.

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Berlin Die Kritik am Vorstoß der Bundesregierung zu einem teilweise kostenlosen Nahverkehr nimmt nicht ab. „Bitter wird es für die Steuerzahler auf dem Land, denn sie zahlen für eine Dienstleistung, die sie wahrscheinlich nicht bekommen werden“, sagte der Präsident des Bundes der Steuerzahler, Reiner Holznagel, der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Freitag). Dem Berliner Sender 105'5 Spreeradio sagte Holznagel, es mache keinen Sinn, nur den Nahverkehr kostenlos zu machen, wenn am Ende nicht auch über Fahrverbote in der Stadt nachgedacht werde.

Auch der Sozialverband VdK lehnte die Pläne ab. Aus sozialpolitischer Sicht sei eine solche Maßnahme „eher problematisch“, teilte der VdK der Deutschen Presse-Agentur mit. „Es besteht die Gefahr, dass dieses Vorhaben zulasten wichtigerer Zielsetzungen im Bereich Mobilität geht.“ Bedeutsamer seien der Ausbau der Barrierefreiheit und die bessere Erschließung des ländlichen Raums. Ein kostenloses Nahverkehrsangebot sei nur für bestimmte Personengruppen sinnvoll, etwa Rentner, Behinderte oder Hartz-IV-Empfänger.

Die Bundesregierung hält einen zeitweilig kostenlosen Nahverkehr zugunsten besserer Luft für denkbar und will zusammen mit Ländern und Kommunen über entsprechende Modelle nachdenken. Deutschland droht eine Klage der EU, weil seit Jahren in vielen Städten Grenzwerte beim Ausstoß von Stickoxiden nicht eingehalten werden – diese gelten als gesundheitsschädlich.

Regierungssprecher Steffen Seibert hatte am Mittwoch allerdings deutlich gemacht, dass es um „zeitweilige“ Gratis-Angebote in Kommunen gehe, die unterstützt werden könnten. Angaben zu Zeitplänen, Kosten und der Umsetzung in bestimmten Städten machte er nicht.

Das wiederum ging manchen nicht weit genug: „Nun soll es mit dem kostenlosen Nahverkehr doch nicht so gemeint gewesen sein, wie es in einem Brief an EU-Kommissar Karmenu Vella schwarz auf weiß steht“, sagte Philipp Kosok vom ökologischen Verkehrsclub (VCD). „Für uns ist das nicht weit genug gedacht“, sagte auch Ansgar Hinz, Chef des Verbands der Elektrotechnik, Elektronik und Informationstechnik (VDE).

Doch nicht alle reagierten skeptisch: Der Mitteldeutsche Verkehrsverbund (MDV) bot sich am Donnerstag als Testgebiet an. „Wir werden in unseren Gremien ausloten, wie wir als gesamter Verbundraum eine Modellregion im mitteldeutschen Teil der Bundesrepublik werden und diese bundesweite Initiative mit weiteren Inhalten modellhaft begleiten können“, sagte MDV-Geschäftsführer Steffen Lehmann. Zuvor hatte die „Leipziger Volkszeitung“ darüber berichtet.

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